Frage an Lothar Binding von Thomas K. bezüglich Gesundheit
Sehr geehrter Herr Binding,
zunächst einmal herzlichen Dank, dass Sie so beherzt für die Sache der Nichtraucher eintreten, das ist man nicht von so vielen gewohnt, nicht einmal aus Ihrer Partei.
Ich habe eine kurze Frage, die Sie vermutlich kurz beantworten können:
Wenn der Bund über den Hebel Arbeits- und Gesundheitsschutz eine Möglichkeit hat, wie weit reicht dieser. Reicht es wirklich für ein totales Rauchverbot oder werden nur die Mitarbeiter erfasst, die selbst nicht rauchen. Und wer stellt sicher, dass Nichtraucher bei der Einstellung nicht diskriminiert werden?
Zugegeben, das war jetzt doch mehr als eine Frage. Aber ich vermute, Sie brauchen nicht mehr als zwei Sätze, um sie zu benatworten.
Ach ja: Wagen Sie eine Prognose, bis wann wir Nichtraucher endlich auch in Eckkneipen frei atmen können?
So, Schluss, das war´s, vielen Dank.
Thomas Kurtenbach
Sehr geehrter Herr Kurtenbach,
vielen Dank für Ihre E-Mail. Nach meiner Überzeugung, den politischen Willen insbesondere unseres Koalitionspartners vorausgesetzt, lässt sich aus verschiedenen Zuständigkeiten eine Gesamtkompetenz des Bundes entwickeln. Ein weitreichender gesetzlicher Schutz durch ein Bundesgesetz gegen die Gefahren des Passivrauchens wäre möglich.
Herr Professor Degenhardt von der Universität Leipzig bezeichnet es als „Mosaikkompetenz“, die im Gesamtmosaik eine Bundeszuständigkeit ergibt. Der Bund verfügt über die Kompetenz für den Arbeitsschutz. Dabei handelt es sich um eine Vorrangkompetenz. Wie Sie richtig erwähnt haben, steht in der Arbeitsstättenverordnung die Ausnahme für den Bereich mit Publikumsverkehr. Hier böte sich also ein Ansatzpunkt für eine bundeseinheitliche Regelung, in dem man diesen Zusatz streicht.
Die Ein- Mann- Kneipe, die vom Inhaber selbst betrieben wird, fällt nach landläufiger Meinung nicht darunter, aber ein sehr großer Bereich der Gaststätten könnte damit abgedeckt werden. Ich denke allerdings, dass auch in Einraum- bzw. Einmann- Kneipen fast immer auch mal urlaubsbedingt Aushilfen beschäftigt werden, es wird angeliefert, es wird geputzt.
Eine Zuständigkeit des Bundes im Bereich der Genussmittel, die auch in Art. 74 GG „Maßnahmen gegen gemeingefährliche oder übertragbare Krankheiten bei Menschen und Tieren, Zulassung zu ärztlichen und anderen Heilberufen und zum Heilgewerbe, sowie das Recht des Apothekenwesens, der Arzneien, der Medizinprodukte, der Heilmittel, der Betäubungsmittel und der Gifte.“ genannt werden, ist ebenfalls juristisch als begründbar anzusehen. Das Recht der Genussmittel umfasst nicht nur Herstellung, Beschaffenheit, Anforderungen oder das In- Verkehr- Bringen, sondern auch das Verhalten beim Konsum.
Wir wissen – nicht zuletzt von der Tabakindustrie selbst – dass Tabakrauch giftig ist, also fällt das Passivrauchen unter das Recht der Gifte und somit in die Bundeskompetenz. Aber gegenwärtig gibt es hierbei eine verwirrende Gutachtenlage die entsprechende gesetzgeberische Schritte noch verhindert.
Das Bundesnichtraucherschutzgesetz, die gesellschaftlichen Debatten, die Aufklärungsarbeit von Wissenschaftlern und Bürgerinitiativen und die verantwortungsvolle Berichterstattung vieler Medien haben viel bewegt. Das Urteil der Bundesverfassungsrichter bestätigt die Notwendigkeit einer bundeseinheitlichen Regelung. Diese muss dem Gesundheitsschutz und der Berufsfreiheit gerecht werden und Wettbewerbsverzerrungen vermeiden.
In der Hoffnung, Ihnen Ihre Fragen beantwortet zu haben, verbleibe ich
mit freundlichen Grüßen, Lothar Binding