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Frage von Franz B. •

Frage an Lothar Binding von Franz B. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Sehr geehrter Herr Binding,

in Ihrer Antwort an Herrn Kosch-Marek führen Sie aus:

"Mir tut die Einführung des Werkstorprinzips besonders weh, weil man in unserem Kulturkreis, anders als z.B. in den USA, zu Hause wohnt und zum Zwecke der Einkommenserzielung an den Arbeitsplatz fährt."

Dazu habe ich folgende Fragen:

Wohnt man in den USA nicht zu Hause?
Fährt man in den USA nicht zum Zwecke der Einkommenserzielung an den Arbeitsplatz?

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Franz Braun

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Sehr geehrter Herr Dr. Braun,

Sie haben die kleine Ironie bemerkt. Das Werkstorprinzip definiert, was dem Privatbereich zugeordnet wird. In den USA heißt es kurz: "job inside, privacy outside".

Damit wird auch der Weg zwischen Arbeit und Wohnung als privat veranlasst aufgefasst. Also fahren wir nicht zur Arbeit um unser Einkommen zu erzielen, sondern wir fahren nach Hause um uns zu regenerieren. Diesen Gedanken habe ich auch schon bei Prof. Kirchhof, dem ehemaligen Verfassungsrichter und Steuerexperten der CDU gehört. In zweifelnder Fortführung dieses Gedankens hat das Bundesverfassungsgericht schon am 4. Dezember 2002 entschieden, dass "vor allem Fahrtkosten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zu den im Rahmen des objektiven Nettoprinzips abzugsfähigen beruflichen Aufwendungen gehören, obwohl solche Aufwendungen wegen der privaten Wahl des Wohnorts zwangsläufig auch privat mit veranlasst sind.". Dieses „obwohl“ enthält schon Gedanken die zum Werkstorprinzip führen. Aber dieses „obwohl“ ist nach meinem Verständnis falsch. Jedenfalls nicht verallgemeinerbar oder als Grundsatz aufzufassen – deshalb nimmt das Gericht ja auch in der Sache selbst dieses „obwohl“ nicht ernst und definiert die Fahrtkosten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte als „abzugsfähige berufliche Aufwendungen“.

Die Idee „privat veranlasst“ entsteht dadurch, dass jeder Arbeitnehmer selbst entscheiden könne, ob er nah an seinem Arbeitsplatz wohne oder nicht und dass jede Arbeitnehmerin selbst entscheiden könne, ob sie nah an ihrem Arbeitsplatz wohne oder nicht. Wer also weit weg vom Arbeitsplatz wohnt und deshalb hohe Fahrtkosten hat, macht dies ja freiwillig, aufgrund einer ganz privaten Entscheidung. Auf die vielen Argumente die sich auf lange oder kurze Wege, Wohnen im Grünen oder Wohnen in der Stadt beziehen möchte ich nicht eingehen. Aber die Idee „privat veranlasst“ sehe ich in einen anderen Widerspruch führend: Oft können wir uns die geografische Lage unseres Arbeitsplatzes nicht aussuchen, im Gegenteil: genau deshalb wird von den Arbeitnehmern hohe Flexibilität erwartet. Wenn nun Ehepartnern nur an zwei weit voneinander entfernten Orten eine Arbeit finden – steuerlich werden sie ja gemeinsam veranlagt – haben sie nicht beide die Möglichkeit sich für einen Wohnort nahe am Arbeitsplatz zu entscheiden. Deshalb halte ich das „obwohl“ für falsch. Jedenfalls sind nicht beide Ehepartner frei in der Wahl eines kurzen Weges zu ihrem Arbeitsplatz. Sie können höchsten hinsichtlich der Summe der gemeinsamen Wegebeziehungen optimieren. Im nächsten Schritt wäre dann über die privat oder beruflich veranlasste Zweitwohnung nachzudenken.

Sie merken, dass ich das Werkstorprinzip ablehne, und die Fahrt zwischen Wohnung und Arbeit als beruflich veranlasste Aufwendungen, also als Werbungskosten auffasse. Mir ist dies auch wichtig um die guten versicherungsrechtlichen Regelungen rund um den Wegeunfall zu erhalten.

Mit freundlichen Grüßen, Ihr Lothar Binding