Frage an Lothar Binding von Anton E. bezüglich Innere Sicherheit
Sehr geehrter Herr Bindung,
gerade habe ich in der Financial Times Deutschland gelesen, dass 225 Milliardäre genausoviel Vermögen besitzen, wie 2,7 Milliarden menschen unserer Weltbevölkerung.
Frage 1:
Meinen Sie nicht, dass diese cleveren Herrschaften Angst vor dem Terrorismus haben müssen.
In Neckarsteinach finden Sie das Schwalbennest, eine Festungsanlage an den Berg geklebt, der Sitz der gleichen Ritter, die die den Nackar passierenden Schiffe berraubt haben, offensichtlich hatte Bliggger von Steinach berechtigte Angst vor Terroristen.
Frage 2:
Ist anzunehmen, dass die führenden Leute der SPD aus den gleichen Gründen Angst vor dem Terrorismus haben müssen?
Frage 3:
oder ist eher anzunehmen, dass es politisch zu gefährlich ist, sich gegen die republikanisch, konservativ , schäublerkondamierte veröffentliche Meinung wenden?
Frage 4:
Warum sollten ältere Menschen die SPD wählen?
Freundliche Grüße
Endrich
Sehr geehrter Herr Endrich,
Zu Ihrer Frage 1:
Sie meinen mit „cleveren Herrschaften“ wahrscheinlich die 225 Milliardäre. Superreiche allgemein als „clever“ zu bezeichnen, halte ich ebenso für falsch, wie sie allgemein „skrupellos“ zu nennen. Ich kenne – gerade in der Region, in der wir beide leben – einige sehr ehrenwerte reiche Menschen, die ihr Vermögen recht fair wieder für soziale Zwecke in die Gesellschaft einbringen. Ich möchte mich solchen Verallgemeinerungen nicht anschließen.
Ich weiß nicht, warum Sie annehmen, diese Superreichen müssten Angst vor Terrorismus haben. Ich erkenne kein System, nach dem Terroristen Angst, Schrecken und Tod verbreiten. Es trifft reiche und arme Menschen gleichermaßen. Allerdings werden, wenn ich einigen Berichten glauben darf, häufig sehr arme Familien und Menschen ohne Perspektive von Terroristen in den Tod getrieben. Religiöse wie politische Fanatiker bedienen sich oft der armen Menschen, um sie für ihre Ideologie zu missbrauchen. Ein Phänomen, das wir neuerdings auch wieder in Deutschland häufiger antreffen.
Zu Ihren Fragen 2 und 3:
Ich kenne weder „führende(n) Leute“ aus meiner Partei, die Angst vor Terrorismus hätten, noch ist es politisch gefährlich, sich gegen die veröffentlichte Meinung zu wenden. Das geschieht doch fast täglich.
Zu Ihrer Frage 4:
Bevor ich Ihre Frage beantworte – eine Gegenfrage: Welche Partei sorgt besser für die älteren Menschen und die Zukunftsfähigkeit der Altersvorsorge als die SPD bzw. die SPD- Bundestagsfraktion? Schauen Sie bitte genau und sehr kritisch, bevor Sie sich eine Antwort geben: Wer macht was konkret? Welche Partei verspricht etwas mit dem vollen Wissen, dass ihr Versprechen nicht zu halten ist?
Die SPD ist nicht perfekt, aber für die Menschen in unserem Land die beste Partei. Das führt mich zur Antwort auf Ihre vierte Frage.
Drei Aspekte möchte ich herausgreifen, die das Profil der SPD schärfen und sie für ältere Menschen attraktiv machen:
- eine Außenpolitik der Friedensschaffung und –sicherung
- die Integration und Partizipation der älteren Generation
- die langfristige Sicherung finanzierbarer Rentenleistungen.
Gerade ältere Menschen wissen aus eigener leidvoller Erfahrung, dass eine jahrzehntelange Phase friedlichen Zusammenlebens in Europa keine Selbstverständlichkeit ist. Sie ist auch Ergebnis unserer friedenssichernden Außenpolitik und ein Erfolg sozialdemokratischer Vordenker wie Willy Brandt oder Egon Bahr. Sie haben mit der Annäherung an die ehemaligen „Systemfeinde“ in Mittel- und Osteuropa ein Zeichen für Aussöhnung und Entspannung in Europa gesetzt. Dies ist eine unverzichtbare Voraussetzung für ein Zusammenleben in Frieden und Freiheit. Diese Politik hat das außenpolitische Koordinatensystem der Bundesrepublik also um einen zentralen Parameter bereichert – den Gedanken der aktiven und kooperativen Konfliktbeilegung mit friedlichen Mitteln.
Diese Maxime bildet auch heute noch eine wichtige Richtschnur sozialdemokratischer Politik, die über verschiedene Ansätze unsere Vorstellungen eines friedlichen Zusammenlebens fördert. Einige Aspekte sollen hier zur Verdeutlichung genügen: Der Haushalt des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung ist seit dem Amtsantritt der ersten rot- grünen Bundesregierung trotz knapper Finanzmittel beständig gewachsen. Die Bundesregierung leistet unter maßgeblicher Beteiligung von Bundesaußenminister Steinmeier in den Verhandlungsgruppen mit dem Iran wertvolle Vermittlungsarbeit, um die atomare Aufrüstung und die drohende Verschiebung der regionalen Kräfteverhältnisse im Nahen Osten zu verhindern. Deutschland leistet auch in Afghanistan einen wichtigen Beitrag für den Schutz der Zivilbevölkerung und der Hilfsorganisationen und für den Aufbau staatlicher Strukturen. Dafür leisten wir praktische Hilfe vor Ort und investieren beachtliche Summen: im Zeitraum von 2002 bis 2010 stellen wir finanzielle Mittel in Höhe von mehr als 900 Mio. Euro bereit. Wirksame Friedensarbeit besteht in meinen Augen in politischem Dialog, wirtschaftlicher Zusammenarbeit und Armutsbekämpfung.
Auch die Integration und Partizipation älterer Menschen sind Kennzeichen sozialdemokratischer Politik. Die Bundesregierung legt in jeder Legislaturperiode einen sog. Altenbericht vor, der sich mit Themen wie Arbeit, Bildung und Einkommen im Alter sowie Engagement und Teilhabe älterer Menschen befasst. In diesem Jahr trug er den Titel „Fünfter Bericht zur Lage der älteren Generation in der Bundesrepublik Potenziale des Alters in Wirtschaft und Gesellschaft – Der Beitrag älterer Menschen zum Zusammenhalt der Generationen“. Auch für unser Engagement für ältere Menschen will ich Ihnen einige Beispiele nennen.
Am vergangenen Freitag habe ich an der Eröffnung eines Mehrgenerationenhauses in meinem Wahlkreis Heidelberg teilgenommen. Dieses Projekt ist Teil eines bundesweiten Aktionsprogramms und wird vom Verein Diakonische Hausgemeinschaften e.V. getragen. Das Kulturcafé im Mehrgenerationenhaus bietet gemeinsame Aktivitäten für ältere Menschen und Jugendliche: Nachhilfe- und Computerunterricht, aber auch Projekte aus dem Umwelt- und Kulturbereich. Eine Fördertagesstätte für neurologisch erkrankte Menschen ermöglicht es betroffenen Menschen, selbstbestimmt ihren Alltag im zu gestalten.
Das Bundesarbeitsministerium unter Vizekanzler Franz Müntefering und die SPD- Bundestagsfraktion haben arbeitsmarktpolitische Maßnahmen wie die „Initiative 50plus“ entwickelt, die die Integration älterer arbeitsloser Menschen in den Arbeitsmarkt verbessern. Auch das unter Rot- Grün verabschiedete Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) dient dem Abbau von Altersdiskriminierung, bspw. bei Stellenausschreibungen oder bei Lohn- und Gehaltsstaffelungen.
Ein letztes Argument, das für eine Mitgliedschaft älterer Menschen in der SPD spricht, ist die kürzlich beschlossene Erhöhung des Renteneintrittsalters. Ausgerechnet die Rente mit 67 als Argument für die SPD, werden Sie sich vielleicht fragen? Spricht diese „soziale Grausamkeit“ nicht viel stärker für die Parteien die nach einer großzügigen Verlängerung der Rentenbezugszeiten rufen und auch sonst Vieles versprechen? Nein, denn im Gegensatz zu solchen populistischen und kurzsichtigen Forderungen macht die SPD- Bundestagsfraktion seriöse und verantwortungsbewusste Politik.
Einschnitte im Leistungsniveau der Rente fallen mir und meinen Kolleginnen und Kollegen nicht leicht. Die Verlockung, heute auf notwendige Anpassungen in der Alterssicherung zu verzichten, ist groß. Aus meiner Arbeit im Finanz- und Haushaltsausschuss weiß ich allerdings, dass eine seriöse Politik auch die finanziellen Lasten für künftige Generationen im Blick haben und Schulden abbauen muss.
Denn der Bundeshaushalt ist über verschiedene Zahlungsströme eng mit den verschiedenen Zweigen der Sozialversicherungen, wie der Gesetzlichen Rentenversicherung, verbunden. Diese wiederum reagieren sensibel auf Veränderungen in ihrem demographischen Umfeld. Menschen werden glücklicherweise älter und bleiben länger gesund, d.h. sie beziehen auch länger Rente. Lag die durchschnittliche Bezugsdauer früher bei 7 Jahren, so ist sie heute auf 17 Jahre gestiegen. Diese Veränderungen müssen wir in der Ausgestaltung der Alterssicherung abbilden.
Dazu haben wir die finanzielle Unterstützung des Bundes an die Rentenversicherung erhöht. Gegenwärtig stammt etwa ein Drittel ihres Finanzbedarfs aus Steuermitteln, das entspricht einer Summe von über 80 Mrd. Euro im Jahr. Dies geschieht auf unterschiedlichen Wegen: über verschiedene Bundeszuschüsse, in Form von Beitragszahlungen für Kindererziehungszeiten, oder als Erstattung für bestimmte Einzelleistungen der Rentenversicherung. Diesem Ziel dient auch die mit der Rente mit 67 umgesetzte Verlängerung der Zeit der Beitragsleistung, mit der im Übrigen ja auch höhere Rentenanwartschaften erworben werden.
Diese Maßnahmen zeigen Erfolge: Berechnungen der Deutschen Rentenversicherung zeigen, dass Versicherte, die jetzt in Rente gehen, mit ihren Beiträgen eine Rendite von etwa 3,5% für ledige Männer und 4,1% für Frauen und verheiratete Männer erzielen. Sie bekommen also für ihre Beiträge etwa 3,5% mehr an Leistungen zurück als ohne Einzahlung in die Rentenversicherung. Auch für künftige Rentnergenerationen, für die sich das Renteneintrittsalter erhöht, ergibt sich eine positive Rendite. Ohne diese Umstrukturierungen und Sparmaßnahmen in der Gesetzlichen Rentenversicherung läge der Beitragssatz im Jahr 2030 bei etwa 40% - eine unzumutbare Belastung der Arbeitseinkommen zukünftiger Rentner. Aber auch jetzige Rentner würden durch derart hohe Beiträge belastet, denn die Entwicklung der Rentenleistungen im Zeitablauf richtet sich nach der Entwicklung der Nettolöhne.
Die SPD- Bundestagsfraktion setzt sich dafür ein, dass Leistungen der Gesetzlichen Rentenversicherung auch in Zukunft einen wichtigen Bestandteil zur Sicherung des Lebensstandrads im Alter liefern können – zu einem „Preis“, der weder Beitrags- noch Steuerzahler überfordert. Daher haben wir den Weg einer „Lebensstandardsicherung aus drei Säulen“ – gesetzlicher, betrieblicher und privater Vorsorge – eingeschlagen.
In der Hoffnung, Ihre Fragen zu ihrer Zufriedenheit beantwortet zu haben, verbleibe ich
mit freundlichem Gruß, Lothar Binding