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Frage von Heike R. •

Frage an Lothar Binding von Heike R. bezüglich Wirtschaft

Sehr geehrter Herr Binding,

Sie sind Mathematiker, eine Ausbildung die auf klare Fakten und Aussagen setzt, keine verschwurbelten Wortblasen.
Politiker sind für die derzeitige Lage des Euro in Europa mit verantwortlich, durch nicht konsequente Verhinderung der Aufweichung der Stabilitätskriterien, so zumindest meine persönliche Überzeugung, Warum tun unsere Politiker jetzt nichts spürbares für die deutschen Sparer ?
Weshalb werden folgende Möglichkeiten vertan:
• Mehr Aufklärung über vernünftige Geldanlage: mehr Aktien, Immobilien, weniger Sparbuch und Lebensversicherung
• Steuerliche Förderung dieser Art von Vermögensbildung: keine Aktiensteuer, geringere Grunderwerbssteuer.
• Mehr Investitionen im Inland und Abkehr von der „schwarzen Null“. Dann haben wir bessere Infrastruktur und bei steigender Verschuldung dürfte man auch mehr Zinsen bekommen. Im Nebeneffekt würde auch weniger Geld ins Ausland fließen.
• Umsetzung der schon lange vorliegenden Idee eines Staatsfonds nach dem Vorbild Norwegens. Damit ließe sich auch die Rendite der Ersparnisse der normalen Bürger mit geringem Risiko steigern.
• Echtes Angehen der Probleme des Euro: untragbare Verschuldung in einigen Ländern, Sanierung des angeschlagenen Bankensystems, Neuordnung der Mitglieder, sprich: geordnete Austritte von Ländern wie Italien, die im Euro nicht wettbewerbsfähig werden.
quelle: https://www.cicero.de/wirtschaft/negativzinsen-verbot-sparer-olaf-scholz-markus-soeder-geldanlage
Warum verfolgen Politik und Finanzminister nicht ein solches Programm, für den deutschen Sparer?

MfG
H. R.

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Sehr geehrte Frau R.,

vielen Dank für Ihre Fragen und Bemerkungen. Ich schreibe weiter unten meine Antworten direkt in Ihren Text

Vorbemerkung:

Ihr Hinweis auf die Mathematik deutet an, dass es Ihnen um logisch einsichtige Überlegungen, um bevorzugt objektive Sachverhaltsdarstellung und um strukturierte Antworten geht. Leider lenken Ihre Fragen aber auch in Richtungen, in denen sich diese Anforderungen nicht erfüllen lassen. Das liegt natürlich auch daran, dass wir nicht in mathematischen Modellen leben und uns selbst oft viel stärker unseren Gefühlen anvertrauen, einseitigen Informationen folgen (ohne es zu bemerken), Vorurteilen anhängen, Machtgefüge ändern wollen, als unser Urteil streng logisch abzuleiten.

Dies ist oft schon an bestimmten Fragestellungen zu erkennen, offensichtlich sind Suggestivfragen. Suggestivfragen sind aber nicht ehrlich, sie liefern schon in der Frage eine Behauptung mit. Und hier stoßen wir an die Grenzen Ihrer Vorbemerkung, denn logisch ist: Eine Implikation ist ohne Wert, wenn über den Wahrheitsgehalt ihrer Prämisse keine Aussage möglich ist oder die Prämisse falsch ist. Ein zweiter Grund, warum Ihre Anforderung an die Antworten nicht erfüllbar ist, liegt im unbestimmten Begriff.

Sie schreiben z.B.: „vernünftige Geldanlage“. Angenommen ich investiere in Atomkraftwerke in Frankreich und erziele eine gute Dividende. War das dann eine vernünftige Geldanlage? Oder wäre es nicht vernünftiger in Windkraftanlagen mit einer etwas geringeren Dividende zu investieren. Und wenn es nach 10 Jahren in einem französischen Atomkraftwerk zu einem Unfall, nur der halben Dimension von Fukushima, kommt – war dann meine Anlage 10 Jahre vernünftig und ab dem elften Jahr nicht mehr vernünftig?

Sie merken, warum ich an etwas ausführlichen Antworten auf Ihre vielen Fragen nicht vorbei komme und auch einzelne Fragestellungen nicht berühre.

Sie fragen: „Warum tun unsere Politiker jetzt nichts spürbares für die deutschen Sparer ?“

Mit Ihrer Frage geht eine nicht bewiesene Behauptung einher, deshalb klingt sie so einfach. Sie ist aber kompliziert und interessant, weil Sparer und Steuerzahler und Kreditnehmer oft dieselbe Person sind, aber ganz verschiedene Interessen haben. Sie denken sicher daran, dass es gut ist hohe Zinsen zu haben, weil dann das Sparbuch des Sparers wächst. Dann schreiben mir die Kreditnehmer natürlich: „Warum tun unsere Politiker jetzt nichts Spürbares für die deutschen Kreditnehmer?“ Und die Steuerzahler schreiben mir, warum Politiker nicht genug für die Steuerzahler tun. Das liegt daran, dass der Sparer als Individuum bei niedrigen Zinsen zwar weniger Zinsen auf Sein Erspartes bekommt, der gleiche Mensch als Kreditnehmer aber hoch erfreut ist über niedrige Kreditzinsen. Und als Steuerzahler spart er als Mitglied der Gemeinschaft hohe Zinszahlungen in den öffentlichen Haushalten der Kommunen, der Länder und des Bundes.

Leider ist es aber noch komplizierter, denn bisher schreibe ich ja einfach „Zinsen“. Wer aber einfach über Zinsen spricht, verrät nicht genug. Wir müssen zwischen Nominalzinsen und Realzinsen unterscheiden. Es gab Zeiten, da hatten wir 4 Prozent Zinsen pro Jahr auf unserem Sparbuch – nominal – allerding lag die Inflationsrate bei 5 Prozent und somit war unser Realzins sogar negativ. Auch wenn wir es nicht so bemerkt haben, weil kaum darüber gesprochen wurde: in den vergangenen Jahrzehnten war der Realzins auf dem Sparbuch in etwa der Hälfte aller Jahre negativ. Über diese Tatsache wurde zu DM Zeiten selten gesprochen, erst seitdem die Nominalzinsen kontinuierlich sinken und Euro-Gegner sich über den Erfolg des Euro ärgern, wird die Diskussion lauter.

Oft wird die Zinsentwicklung allein der EZB zugeschreiben. Aber auch das ist zu einfach: Wie bei jeder Ware der Preis bei Überangebot sinkt – wenn keiner Pullover kauft, weil die Winter zu warm sind, sinkt der Preis für Pullover, weil die Händler nicht auf ihrer Ware sitzen bleiben wollen – so sinkt auch der „Preis des Geldes“, die Zinsen, wenn es zu viele Ersparnisse gibt und zu wenige Kreditnehmer, die z.B. etwas bauen wollen. Leider sind die Baukapazitäten (Handwerker, Meisterbetriebe, mittelständische Bauunternehmen, Maschinen…) seit geraumer Zeit total ausgelastet, viele Kunden müssen schon auf die Erledigung ihrer Aufträge warten, sodass es auch eine nur geringe Kreditnachfrage gibt. Eine Ursache für das Überangebot an Ersparnissen liegt wesentlich an der älteren Generation (Babyboomer), die viel für ihre Altersvorsorge gespart haben. Wenn die nächste Generation (Pillenknicker) in den Ruhestand kommt, können sich die Verhältnisse ändern.

Sie fragen weiter: „Weshalb werden folgende Möglichkeiten vertan:
• Mehr Aufklärung über vernünftige Geldanlage: mehr Aktien, Immobilien, weniger Sparbuch und Lebensversicherung“

Mir ist auch nicht klar, warum so viele Bürgerinnen und Bürger, mit denen ich spreche, sich auf einen Autokauf monatelang vorbereiten oder genau wissen, welcher Spieler in einem Fußballspiel kürzlich im Abseits stand und warum und warum sie gleichzeitig so wenig Interesse an ihrem so hart erarbeiteten Einkommen bzw. dessen Anlage haben. Ich darf natürlich weder Rechtsberatung noch Finanzberatung leisten, deshalb ist meine private Empfehlung stets der Hinweis auf eine alte Regel: nicht alle Eier in einen Korb legen.

Aber Sie haben Recht, mehr Aufklärung durch autorisierte Fachleute wäre gut und ist notwendig, denn es ist ja für den Laien nicht leicht abzuwägen, ob im Moment die Immobilienpreise nach oben schießen, weil die Nominalzinsen vergleichsweise niedrig und was daraus für die eigene Geldanlage folgt.

Leider liegen oft Aufklärung und Verkaufsinteresse dicht beieinander. Und wir haben mehr als 200.000 Provisionsberater und nur etwa 100 Honorarberater. Das mindert die Objektivität. Oft wird auch mehr „finanzielle Bildung“ (in der Schule) gefordert, damit die Kunden, die Anlegerinnen und Anleger, die Risiken besser abschätzen können sollen. Da bin ich etwas vorsichtig. Mein erster Beruf ist ja Starkstromelektriker. Wenn ich Ihnen eine bestimmte elektrische Installation für Ihr Haus empfehle und das Haus brennt anschließend ab. Dann kann ich mich nicht damit entschuldigen, dass für Sie etwas mehr „elektrischer Bildung“ sicher gut gewesen wäre.

Sie fragen weiter: „• Steuerliche Förderung dieser Art von Vermögensbildung: keine Aktiensteuer, geringere Grunderwerbssteuer.“

Die Förderung der Vermögensbildung für Arbeitnehmer aber auch für Selbständige als Unternehmer und Unternehmerinnen mit eher geringen Einkommen, ist auch mir wichtig. Erst kürzlich hat der SPD Bundesparteitag in Berlin, im Rahmen einer Beschlussfassung zur Vermögensteuer, auch den Grundsatz der Förderung der Vermögensbildung beschlossen. Zur Vermögensbildung für Arbeitnehmer finden Sie auch gute Erläuterungen unter https://wirtschaftslexikon.gabler.de/definition/vermoegensbildung-der-arbeitnehmer-47945

Bei der „steuerlichen Förderung“ bin ich stets vorsichtig, weil damit all jene ausgeschlossen sind, die keine direkten Steuern bezahlen und oft jene bevorzugt, die höhere Einkommen haben, eine unvermeidbare Folge der Progression in der Einkommensteuer. Besser ist die Förderung als Abzug von der Steuerschuld, weil dann die Progression in ihrer direkten Wirkung ausbleibt.

Sie meinen mit „Aktiensteuer“ wahrscheinlich die geplante Finanztransaktionssteuer, die auf Käufe von Aktien in zehn EU-Staaten erhoben werden soll. Bisher gilt die Mehrwertsteuer fast überall – nur der Kauf von Aktien, Derivaten etc. ist steuerfrei. Aber was dem Joghurt für unsere Kinder recht ist, sollte der Aktie für den Käufer billig sein.

Betroffen wären Aktien großer Unternehmen deren Wert höher ist als eine Milliarde Euro (in Deutschland 145). Der Käufer solcher Aktien soll künftig mit einer Steuer von 0,2 Prozent des Geschäftswertes pro Transaktion belegt werden. Es gibt hier absurde Rechnungen für den von den Großaktionären plötzlich entdeckten “Kleinsparer“ und „Kleinaktionär“. Eine in der “Welt“ angestellte Rechnung: Jemand kauft jeden Monat für 400 Euro Aktien – 30 Jahre lang. (Kennen Sie Kleinsparer, Leute mit niedrigen Einkommen, die monatlich 400 Euro zum Kauf von Aktien übrig haben?) Nach 30 Jahren, so die „Welt“, fehlten dem „Kleinaktionär dann über 1.135 Euro. Dort wurde mit einer Dividende von jährlich 8 Prozent gerechnet. Damit soll die Steuer dramatisiert werden. Sie verlieren 1.135 Euro. Drama. Was die „Welt“ verschweigt: wenn die angenommenen 8 Prozent Dividende über 30 Jahre eintreten, hat der „Kleinsparer“ bzw. der „Kleinaktionär“ knapp 400.000 Euro in Aktien angespart, dabei ist die Kapitalertragsteuer schon berücksichtigt. Die monatliche Steuer für diesen Aktienanleger beträgt 0,8 Euro also 80 Cent. Sie bemerken, dass die 0,2 Prozent Steuer niemanden vom Aktienkauf abhalten wird. Oder doch? Na, ja, wenn Sie Spekulant sind und Aktien in hoher Frequenz handeln, werden sich bestimmte Geschäfte nicht mehr lohnen. Aber reine Spekulationsgeschäfte sind ja auch verzichtbar.

Obwohl es bisher keine Finanztransaktionssteuer in Deutschland gibt, hat sich keine ausgiebige Aktienkultur entwickelt. Das Deutsche Aktieninstitut formuliert: „Die Anzahl der Aktionäre und Besitzer von Aktienfonds ist im Jahr 2017 deutlich gestiegen. Im Jahresdurchschnitt lag sie um fast 1,1 Mio. höher als noch im Vorjahr. Dies entspricht einer Steigerung von 12,1 Prozent. Insgesamt besaßen 2017 über 10 Mio. Bürger oder 15,7 Prozent der Bevölkerung Aktien oder Aktienfonds, das heißt rund jeder sechste. Damit hat die Anzahl der Aktienanleger wieder denselben Stand wie vor der Finanzkrise erreicht.“

Mit der Grunderwerbsteuer sprechen Sie ein Gebiet großer Ungerechtigkeit an. Während der „normale“ Käufer einer Immobilie die Grunderwerbsteuer bezahlen muss, stehlen sich bestimmte Bauträger oder Investoren mit dem „Share Deal“ davon. Dabei werden Anteile einer Gesellschaft gekauft deren Aktiva im Wesentlichen aus einer Immobilie besteht. Man bringt also das Grundstück in eine GmbH ein und verkauft dann kein Grundstück, sondern GmbH Anteile. Wenn Sie solche Modelle genauer interessieren, schauen Sie nochmal unter RETT Blocker nach (Real Estate Tranfer Tax – Blocker). Würden wir eine Mehrheit finden, den Share Deal stark einzuschränken – ich sehe darin einen Missbrauch zur Umgehung der Grunderwerbsteuer – die Grunderwerbsteuer für den normalen Erwerb eines Grundstücks könnten erheblich gesenkt werden. Dieses Ziel steht im Koalitionsvertrag – leider tun sich unsere Koalitionspartner schwer mit einer effektiven Regelung zur Verhinderung der Steuerumgehung.

Sie fragen weiter: „• Mehr Investitionen im Inland und Abkehr von der „schwarzen Null“. Dann haben wir bessere Infrastruktur und bei steigender Verschuldung dürfte man auch mehr Zinsen bekommen. „

So ähnlich lesen wir das oft und hören es auch von Politikern. Das klingt auch gut, ist aber falsch. Was bedeutet eigentlich „Abkehr von der „schwarzen Null““ ? Das bedeutet, mehr auszugeben als einzunehmen. Das kann richtig sein. Wer einige Dachziegeln nicht repariert, weil er in diesem Jahr keinen Kredit aufnehmen möchte, riskiert, in drei Jahren einen ganzen Dachstuhl erneuern zu müssen, weil es, wegen der kaputten Dachziegeln, reingeregnet hat. So wird eine schwarze Null teuer, weil möglicherweise die vielfachen Kosten in die Zukunft geschoben werden. Ganz anders die „rentierlichen Investitionen“: Wenn ich die Dachziegeln aktuell repariere, die Brücke rechtzeitig baue, die Schule rechtzeitig saniere, spare ich inklusive Zinsen künftig mehr als es aktuell kostet.

Investitionen sind aber nur dann möglich, wenn es auch die entsprechenden Produktionskapazitäten im Markt gibt. Gegenwärtig gibt es aber keine freien Kapazitäten. Das sehen Sie schnell, wenn Sie versuchen einen Handwerker zu beauftragen. Selbst der Blick nach Europe hilft nicht sehr viel weiter, weil in vielen Ländern bzw. Mitliedstaaten die Baukapazitäten praktisch ausgeschöpft sind. Würde der Staat, also wir alle, Ihrem Vorschlag folgen, bekämen wir nicht mehr „Investitionen im Inland“ sondern höhere Preise, weil die Nachfrage die Kapazität überstiege. Die Dachziegel sollte gleichwohl nicht warten – also gilt es die rentierlichen Investitionen strikt vorzuziehen. So kann vermieden werden, dass der Staat in einer Hochkonjunkturphase zur Überhitzung beiträgt.

Eine Möglichkeit die Kapazitäten allmählich zu steigern, ist ein lang angelegter staatlicher Investitionspfad, der die Wirtschaft motiviert ihre Kapazitäten auszubauen. Leider gerät das dafür notwendige Vertrauen in eine kontinuierliche Entwicklung immer wieder unter Druck, weil bestimmte unerwartete Schocks auftreten. Sei es eine Bankenkriese in Folge einer exorbitanten Spekulationsblase voller toxischer Hochrisikopapiere, seien es unberechenbare Präsidenten wie Trump oder unzuverlässige Bündnispartner wie England oder überschuldete Staaten in der Gemeinschaft. Aber auch Betrug, wie z.B. in der Automobilbranche könne ökonomische Eruptionen hervorrufen, Vertrauen zerstören.

Einerseits stimmt Ihre Bemerkung: „bei steigender Verschuldung dürfte man auch mehr Zinsen bekommen“, andererseits würde dann auch der Staat höhere Zinsen zu bezahlen haben – noch verstärkt durch Aufgabe der schwarzen Null. Höhere Zinslast im öffentlichen Haushalt bedeutet aber weniger Investitionsmöglichkeit der öffentlichen Hand.

Sie schreiben noch: „Im Nebeneffekt würde auch weniger Geld ins Ausland fließen.“

Das wäre ein Drama. Wir haben doch schon jetzt einen riesigen Exportüberschuss, das bedeutet, wir exportieren viel mehr Waren ins Ausland (hauptsächlich nach Europa) als wir importieren. Wir haben leiden doch unter einer Überliquidität (eine Ursache für die niedrigen Zinsen) in Deutschland… Andererseits ist eine Ursache für unsere Wirtschaftsdynamik auch die Europäische Union, denn jeder Euro, den wir nach Brüssel geben, zahlt sich direkt (er kommt als Nachfrage nach z.B. Straßenbaumaschinen zu uns zurück) oder indirekt (als z.B. Friedensdividende) aus.

Sie fragen weiter: „• Umsetzung der schon lange vorliegenden Idee eines Staatsfonds nach dem Vorbild Norwegens. Damit ließe sich auch die Rendite der Ersparnisse der normalen Bürger mit geringem Risiko steigern.“

Ein „Staatsfonds nach dem Vorbild Norwegens“ klingt gut, leider sind die Voraussetzungen in Deutschland nicht vergleichbar. Mit dem norwegischen Staatsfonds von inzwischen über einer Billion Dollar, sollen die staatlichen Öleinnahmen zukunftsorientiert investiert werden. Zukunftsorientiert – weil das Erdöl unter der Nordsee endlich ist und zur Neige gehen wird. Allerdings überlegen wir auch für Deutschland einen Fonds, wie ihn die Verbraucherzentrale (vzbv) in Anlehnung an das schwedische Modell vorschlägt. In der SPD streben wir dabei allerdings das Erwerbstätigenmodell an – alle zahlen ein. Das ist ein Jahrhundertprojekt, weil der Systemübergang natürlich alte Rechtsansprüche respektiert und deshalb eine sehr lange Übergangszeit vom heutigen auf das künftige System notwendig sein wird. Hinsichtlich der Renditeerwartung bin ich stets etwas vorsichtig, weil: wenn alle das gleiche tun und alle höhere Erträge als die anderen erwarten… Gut ist die Möglichkeit Provisionen zu sparen, Verwaltungsaufwand zu minimieren etc.

Sie fragen weiter: „• Echtes Angehen der Probleme des Euro: untragbare Verschuldung in einigen Ländern, Sanierung des angeschlagenen Bankensystems, Neuordnung der Mitglieder, sprich: geordnete Austritte von Ländern wie Italien, die im Euro nicht wettbewerbsfähig werden.“

Zur Beurteilung des Euro möchte ich die Website der EU-Kommission zum Euro zitieren.

„Der Euro hatte es nicht leicht: Erst wurde er als „Teuro“ verschrien, dann gab er der Staatsschulden-Krise seinen Namen. Dabei bietet er den Bürgern viele praktische Vorteile. Außerdem ist der Euro eine stabile Währung und wird von den europäischen Regierungen verteidigt.

01.03.2017 - Ja, er ist seit seiner Geburt umstritten, der Euro. Dabei ist er noch ziemlich jung: Die Gemeinschaftswährung wurde 1999 eingeführt und ist seit 2002 auch im Portemonnaie der Bürger zu finden. Zum ersten Mal seit 1500 Jahren haben die gleichen Münzen Geltung vom Mittelmeer bis zur Ostsee. Rund 338 Millionen Europäer bezahlen täglich mit dieser gemeinsamen Währung, die 19 der 28 EU-Länder eingeführt haben. Für die Europäer hat der Euro das Reisen einfacher gemacht, weil sie kein Geld mehr tauschen müssen. Unternehmen müssen keine Wechselkursrisiken mehr absichern. Das führt allein für die deutsche Volkswirtschaft laut einer Berechnung des Hamburgischen Weltwirtschaftsinstituts jedes Jahr zu Einsparungen von 30 Milliarden Euro. Beim Einkauf im Ausland sind durch den direkten Preisvergleich viele Produkte für die Verbraucher günstiger geworden.

Nach der Bargeld-Einführung lautete der Vorwurf, der Euro sorge für steigende Preise. Viele Deutsche sehnten sich deshalb nach der D-Mark zurück. Die Statistik belegt aber das Gegenteil. Der Euro hat die Preise in Deutschland nicht angeheizt – auch wenn viele Verbraucher das so empfanden. Dieses Gefühl resultierte daher, dass Kneipen, Restaurants und Kinos ihre Preise damals deutlich anhoben.

Der Euro ist eine stabile Währung. Die Inflation ist seit seiner Einführung wesentlich niedriger als in den Jahrzehnten zuvor. In den 20 Jahren vor der Euro-Einführung (1979 bis 1998) betrug die Teuerungsrate durchschnittlich 2,89 Prozent. Nach dem Euro-Start lag sie von 1999-2005 im Schnitt in Deutschland nur noch bei 1,44 Prozent. Auch in den Euro-Ländern insgesamt betrug die Inflation von 2010 bis 2016 durchschnittlich nur 1,26 Prozent.

Über die gesamte Krise hinweg ist sein Wechselkurs bemerkenswert stabil geblieben. Hätte es den Euro in der Finanzkrise nicht gegeben, wäre Europa wie Anfang der 1990er Jahre mit großen Währungsschwankungen und steigenden Zinsen konfrontiert gewesen. In unserer verklärenden Erinnerung an vermeintlich gute alte Zeiten übersehen wir oft, dass Europa vor dem Euro immer wieder durch Währungskrisen erschüttert wurde.

Der Euro hat sich inzwischen als zweitwichtigste Reservewährung der Welt nach dem Dollar etabliert. Damit gibt der Euro den Ländern des Euroraums und der EU insgesamt mehr politisches und wirtschaftliches Gewicht auf der internationalen Bühne. Auch die Steuerzahler profitieren von der gemeinsamen Währung. Die Staaten des Euroraums haben nach Berechnung der EU-Kommission alleine 2016 rund 50 Milliarden Euro an Zinsen gespart – dank der Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank EZB.

Allerdings kam der Euro mit einem Geburtsfehler auf die Welt, denn es fehlte eine gemeinsame Haushalts- und Wirtschaftspolitik. Ein Verzicht auf nationale Hoheitsrechte war damals noch nicht durchsetzbar. Die verantwortungslose Haushaltspolitik einiger Regierungen war einer der Gründe für die aufkommende Schuldenkrise. Ein anderer war die ausufernde private Verschuldung etwa in Irland und Spanien. 2010 geriet die Staatsverschuldung in Griechenland aus dem Ruder, dann griff die Krise auf Irland, Portugal, Spanien und Zypern über.

Als Reaktion darauf zeigten die europäischen Regierungen eine beispiellose Solidarität und schufen ein Sicherheitsnetz für Euro-Länder in Schwierigkeiten in Form der Rettungsfonds EFSF und später ESM. Im Gegenzug verpflichteten sich die Krisenländer zu durchgreifenden Reformen. Ein „Grexit“, Griechenlands Austritt aus der Eurozone, wurde damit abgewendet, denn er hätte das Vertrauen in die Unumkehrbarkeit der Gemeinschaftswährung zerstört.

Auch für die Krisenländer hat der harte Euro einen großen Vorteil: Er versperrt den bequemen Ausweg. Sie können ihre hausgemachten Probleme nicht mehr durch ein Abwerten einer eigenen Währung kurzfristig abfedern. Stattdessen zwingt der Euro sie dazu, sich ihren wahren Problemen zu stellen. Sie müssen konkurrenzfähiger werden, statt über eine Abwertung nur am Symptom herumzudoktern. Das ist schmerzhaft, aber es ist heilsam.

Die Euro-Staaten haben sich auch daran gemacht, die Geburtsfehler des Euro zu beheben. Zwischen 2011 und 2013 beschloss die EU neue, strengere Regeln für die Kontrolle der Staatsschulden und Haushaltsdefizite – um sicherzustellen, dass keine Regierung über ihre Verhältnisse lebt. Damit wurde der Stabilitäts- und Wachstumspakt verschärft. So muss jedes Land seinen Haushaltsplan in Brüssel vorlegen und bei Verstößen mit härteren Sanktionen rechnen. Die Wirtschaftspolitik wird enger koordiniert.

Das zeigt Wirkung: Während die staatlichen Haushaltsdefizite im Euro-Raum 2009 noch durchschnittlich 6,3 Prozent betrugen, liegen sie heute unter 2 Prozent. Die wirtschaftliche Erholung geht ins fünfte Jahr, die Arbeitslosigkeit geht zurück. Durch die Disziplin der gemeinsamen Währung wird die Staatsverschuldung in der Euro-Zone eingedämmt, während sie zum Beispiel in den USA und Japan immer weiter zunimmt. Der Euro macht sich also!“ Soweit das Zitat.

Bei Ihrer Frage zur „Sanierung des angeschlagenen Bankensystems“ wäre es von Vorteil, wenn Sie „angeschlagen“ definieren würden und welche Regulierungsschritte Sie bisher vermisst haben. Außerdem gilt es zwischen den Systemen in Deutschland, den Mitgliedsstatten in der EU und den Euroländern zu unterscheiden.

Sie Wäre Wettbewerbsfähigkeit der einzige Maßstab, Bayern (über 30 Jahre Empfänger aus dem Länderfinanzausgleich) wäre zeitweise aus der Bundesrepublik ausgeschlossen worden, heute wäre z.B. das Saarland auszuschließen. Heute ist Bayern aber besonders wettbewerbsfähig und zahlt kräftig in den Länderfinanzausgleich. Dafür mussten sich andere Länder um die Kohle- und Stahlkrise kümmern oder um den Deichbau und die Werftenkrise. Sie sehen, wie sich eine monokausale Ableitung oft selbst ad absurdum führt. Eine solche Reduktion macht also keinen Sinn.

Deshalb möchte ich politisch antworten: Charaktere wie Präsident Trump, Premierminister Johnson, Präsidenten wie Putin oder Xi Jinping, aber auch Erdogan haben an einem ökonomisch und demokratisch starken Europa mit einer sozialen und ökologischen Zukunftsorientierung kein Interesse. In einer sich bipolar entwickelnden Welt, wobei noch nicht alle zukünftigen „Rollen“ ausgemacht sind, ist ein starkes Europa als eigenständiger Faktor naturgemäß störend. Das ist leicht zu verstehen, den z.B. China oder die USA verhandeln natürlich lieber mit einzelnen, vereinzelten Staaten, als mit einem einigen Europa. Oder glauben Sie etwa, dass die USA mit dem Vereinigten Königreich „auf Augenhöhe“ verhandelt.

Nicht zu verstehen ist, dass einige Europäische Politiker oder sogar einige, ich möchte sagen: ewig gestrige Politiker in Deutschland, der Meinung sind, einzelne Staaten, wie etwa Deutschland, das Vereinigte Königreich oder Polen, könnten sich dauerhaft allein in der Welt behaupten. Insbesondere wenn die Berechenbarkeit und Zuverlässigkeit in den internationalen Beziehungen durch unberechenbare Egomanen unter Druck geraten, ist es wichtig, dass die Mitgliedsstaaten der EU zusammenstehen. Ich denke der Zusammenhalt hat einen hohen Eigenwert, der sich am stärksten in der gemeinsamen Friedenssehnsucht zeigt. Dass auch dieser Zusammenhalt immer wieder harte Prüfungen durchstehen muss, ist ein Handicap, aber nichts im Vergleich zu der Gefahr die Staaten Europas zu vereinzeln. Und was passieren kann, wenn ein Staat in Größenwahn verfällt, glaubt allein in der Welt stark genug zu sein – wer wollte das besser verstehen als wir – Deutschland mit seiner Geschichte.