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Lisa Paus
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Frage von Hankammer H. •

Frage an Lisa Paus von Hankammer H. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Sehr geehrte Frau Paus,

gerade komme ich aus Athen zurück, wo ich erstmals von einem Zwangskredit gehört habe, den Nazi-Deutschland von Griechenland gefordert und erhalten hat. Dieser sei bis heute nicht zurückgezahlt und beliefe sich mit Zinsen inzwischen auf etwa 125 Milliarden Euro, also etwa die Summe, die Griechenland heute dringend brauchen würde. Meine Recherche im Internet hat mich zwar eine Bestätigung der Tatsache, aber nur unzureichende Informationen über den Sachverhalt finden lassen. Bitte klären Sie mich darüber auf, denn ich finde dies eine Frage von großer Brisanz, erst recht, wenn ich den Ton und das Auftreten Deutschlands gegenüber Griechenlands in der Krise vor Augen habe.
Darf ich angesichts der Aktualität bald mit einer Antwort rechnen?

Mit freundlichen Grüßen
Heidrun Hankammer

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Antwort von
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Sehr geehrte Frau Hankammer,

danke für Ihre Frage! In der Tat bestätigt die Bundesregierung in parlamentarischen Anfragen, dass Nazideutschland vom besetzten Griechenland Milliarden Reichsmark erpresst hat. In Drucksache 17/709 (siehe dip21.bundestag.de/dip21/btd/17/007/1700709.pdf ) heißt es wörtlich: "Bei der sogenannten Zwangsanleihe geht es darum, dass 1942 Griechenland auferlegt wurde, über die Kosten der deutschen Besatzungstruppen hinaus Beträge unmittelbar über die Bank von Griechenland zur Verfügung zu stellen. Dabei wurden sogenannte Anlastungskonten im Warenverkehr zwischen Griechenland und dem Deutschen Reich saldiert. Bei Kriegsende war ein Betrag von 476 Mio. Reichsmark (RM) offen." Die Bundesregierung lehnt allerdings Zahlungen in diesem Zusammenhang ab und verweist auf geleistete Reparationen und die lange seitdem vergangene Friedenszeit. Außerdem hätten griechische Gerichte die Staatenimmunität Deutschlands bestätigt und die griechische Regierung würde darauf verzichten, derartige Forderungen zu erheben.

Bemerkenswert finde ich außerdem die vergessene Seite des Marshallplans. Neben Krediten für die kriegszerstörten Länder Europas enthielt des Programm auch die Bedingung, dass die Empfängerländer sich Schulden erlassen. Niemand profitierte davon so sehr wie Deutschland. Dass ein Schuldenschnitt das Wirtschaftswunder mit ermöglichte, gehört allerdings gerade nicht zum regelmäßig erzählten Teil der Geschichte.

Häufig wird auch außerhalb des Geschichtsunterrichts an die Hyperinflation 1921 und 1924 erinnert. Seltener an die Deflationspolitik Brünings und ihren Beitrag dazu, durch die Verschärfung der Lebensrealität für die Millionen Arbeitslosen und die Verschlechterung der allgemeinen wirtschaftlichen Lage durch ihre pro-zyklische Wirkung, radikalen Parteien, vor allem der NSDAP, in die Hände zu spielen.

Persönlich glaube ich, dass ein ehrlicher Blick in die Geschichte lehrt, dass Solidarität sowohl Wirtschaft als auch Demokratie in Europa gut getan haben und die Bundesregierung gut daran tut, heute nicht unsolidarischer zu sein als es die griechische Regierung früher umgekehrt war. Allerdings hielte ich auch ein Aufrechnen historischer Schuld für einen Blick zu sehr in die Vergangenheit.

Als Programm für eine ökologische und europäische Dividende in der Zukunft hat meine Fraktion im März 2012 ein Investitionsprogramm für die europäischen Krisenländer, gerade auch Griechenland, gefordert: www.gruene-bundestag.de/fileadmin/media/gruenebundestag_de/fraktion/beschluesse/europaeisches_investitionsprogramm.pdf Die Investitionen sollten dabei den bereits richtig definierten Zielen der EU2020-Strategie entsprechen: Klimaschutz, Energiewende, Ressourceneffizienz, moderne Netzinfrastruktur sowie Innovation und Bildung. Warum Ökologie und die Sanierung der griechischen Finanzen eng verbunden sind, macht bereits das Beispiel der Rohstoffimporte deutlich. Der Import von Öl und anderen fossilen Rohstoffen belastete bereits vor der Krise massiv die griechische Handelsbilanz. Wenn auch mit Hilfe europäischer Investitionen diese durch erneuerbare Energien ersetzt werden können, entstehen damit nicht nur Jobs vor Ort und in Deutschland, sondern es werden auch Mittel frei, die bisher an die Exportländer des Öls überwiesen wurden.

Politische Hindernisse gegen weitere Investitionen in griechische Zukunftsbranchen übersehen wir dabei nicht. Auch um sie anzugehen ist allerdings eine grundlegende ökonomische Perspektive hilfreich, die den BürgerInnen des Landes neuen Mut macht. Um berechtigte Regeln einzufordern setzen wir vor allem auf stärkere europäische Institutionen, kontrolliert von einer ebenso gestärkten europäischen Demokratie. Denn für die Zukunft setzen wir auf europäische Debatten zwischen unterschiedlichen wirtschafts- und sozialpolitischen Konzepten statt zwischen vermeintlich nationalen Interessen.

Mit freundlichen Grüßen
Lisa Paus

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