Frage an Lisa Gärtner von Martina E. bezüglich Kultur
Sehr geehrte Frau Gärtner,
in Deutschland gibt es verschiedene Arten von alternativen Kulturen. Teilweise sind diese Kulturen gesellschaftlich akzeptiert, z.B. Hip-Hop-Kultur oder auch die Techno-Kultur. Leider ist das nicht bei allen alternativen Kulturen der Fall.
Daher meine Fragen
1. Wie sehen Sie die gesellschaftliche Bedeutung von sog. Subkulturen?
2. Gerade Mitglieder der Gothic-Subkultur werden häufig diffamiert, als „gefährlich“, „Satanisten, „Anti-Christlich“, "Depressiv" – wie sehen Sie das Menschen auf Grund Ihres Musikgeschmacks und Lebensgefühls in derartige Ecken gestellt werden?
3. Können Sie von Ihrem Wissen festmachen, dass die Gothickultur eine Gefährdung für die Demokratie und die Menschenrechte sind oder nicht?
4. Welche Bedeutung sollten Ihrer Ansicht sog. Subkulturen im öffentlich-rechtlichen Rundfunk und Fernsehen bekommen?
5. Welche Musik begeistert Sie?
6. Was für Hobbies haben Sie, außer politischem Engagement?
7. Was ist Ihr Lieblingsbuch? (nicht politisch)
Mit freundlichen Grüßen
M. E.
Hallo Frau Eickhoff,
bitte entschuldigen Sie sehr die späte Antwort!
Vorneweg: Ich bin kein Experte in Detailfragen der Gothic-Kultur.
M.E. muss man Kultur daran messen, welche Rolle sie zur Veränderung oder Gestaltung einer Gesellschaft einnimmt. Die heutige Mainstream-Kultur ist größtenteils darauf ausgerichtet, entweder von gesellschaftlichen Problemen abzulenken oder Denkweisen und Gefühle der Ohnmacht, der Destruktivkräfte (so z.T. auch mit Sexismus und reaktionärer Gewalt) oder auch des absoluten Individualismus zu verbreiten. Eine solche Kultur soll bei Jugendlichen ihren - dringend nötigen! - rebellischen Geist einschläfern. Schließlich ist auch der Musikmarkt vollständig einigen wenigen Monopolen unterworfen.
Es gibt aber an der Basis viele Künstler - in fast jedem Stil - die eine andere Vorstellung von Kultur haben. So organisierte ich das "Rebellische Musikfestival" mit, das bewusst szenenübergreifend war. Den 200 Künstlern ging es darum, Werte wie Solidarität, revolutionären Enthusiasmus, Frauenbewusstsein, Respekt, internationalistisches Denken zu vermitteln. Das war Kultur im Interesse der Arbeiter, der Unterdrückten und Ausgebeuteten. Es war wirklich toll!
In jeder "Szene" gibt es nette, offene Leute und überall auch solche, mit denen ich mich sicher in die Haare kriegen würde. Teilweise schotten Leute in bestimmten Szenen sich auch gegen Leute ab, die "nicht zur Szene gehören". So etwas lehne ich ab. Ich finde Subkulturen nicht an und für sich fortschrittlich oder an und für sich schlecht - es kommt auf den Inhalt an. Die HipHop-Kultur hatte z.B. teilweise fortschrittliche Wurzeln, ist heute aber vielfach richtig dekadent.
Im persönlichen Umfeld oder an früheren Arbeitsplätzen habe ich mich immer dafür eingesetzt, dass man die Menschen an ihrem Verhalten misst, und nicht an ihrem Aussehen oder Musikstil. So hatten wir meist einen guten Zusammenhalt - "szenenübergreifend". Von Vorbehalten halte ich sowieso nichts! Gegen uns Kommunisten gibt es da ja auch allerhand an Vorurteilen. Ich finde immer, man sollte sich erst einmal selbst ein genaues Bild verschaffen.
Zu den anderen Fragen:
Ich höre viel Verschiedenes - am liebsten Fröhliches wie Ska, kräftige Frauenstimmen und sonst von allem etwas (-:
Mein politisches Engagement ist tatsächlich meine größte Leidenschaft - aber ich spiele auch Klavier, bin gern unter Leuten, leitete lange Kindercamps uvm.
Lieblingsbücher habe ich viele - Goldsborough, Wie der Stahl gehärtet wurde u.a. Zum Thema Musik fand ich toll: Das letzte Lied von Joan Jara.
Soweit mal! Kommen Sie doch beim nächsten Festival an Pfingsten 2018 mal vorbei! (-:
Mit freundlichen Grüßen,
Lisa Gärtner