Wie können Sie sich bei 1.800 Verdachtstodesfällen in nur 9 Monaten, die im Zusammenhang mit der Corona-Impfung stehen, für eine allgemeine Impfpflicht aussprechen?
Sehr verehrte Frau Heitmann,
wie das Paul-Ehrlich-Institut im Sicherheitsbericht (Ziffer 4.3) meldet, gibt es rund 1.800 Verdachtstodesfälle im Zeitraum 12/2020 - 09/2021 im Zusammenhang mit den Corona-Impfungen (www.pei.de/SharedDocs/Downloads/DE/newsroom/dossiers/sicherheitsberichte/sicherheitsbericht-27-12-20-bis-30-09-21.pdf?__blob=publicationFile&v=10).
Jedoch: In 20 Jahren (01.01.2000 bis 31.12.2020) wurden durch das Paul-Ehrlich-Institut überhaupt nur insgesamt 456 Todesfälle nach Impfungen aller Art in D registriert (http://52625146fm.pei.de/fmi/webd/#UAWDB) (Reiter: Auswertung).
Können Sie hier ruhigen Gewissens für eine allgemeine Impflicht stimmen, wenn es im Bundestag zu einer entsprechenden Abstimmung kommt?
Mit freundlichen Grüßen
N. R.
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Sehr geehrter Herr R.,
vielen Dank für Ihre Frage.
Ja, das Paul Ehrlich-Institut untersucht in dem von Ihnen referierten Sicherheitsberichts rund 1.800 Verdachtstodesfälle, die auch alle Todesfälle umfassen, welche im zeitlichen Zusammenhang mit einer Covid-19-Impfung stehen. Jedoch sind solche statistische Erhebung mit großer Sorgfalt zu lesen und mit Vorsicht zu genießen. Es ist sehr wichtig, zwischen zwei Fällen zu unterscheiden: nämlich denjenigen Todesfälle, die rein zufällig in den gleichen Zeitraum fallen (zeitliche Korrelation), und denjenigen Fällen, die tatsächlich auf eine Covid-19-Impfung als Ursache zurückzuführen sind (kausaler Zusammenhang).
Gerade bei der Covid-19-Impfung ist diese Differenzierung entscheidend. Ein Großteil der Geimpften sind primär hochbetagte Menschen – nicht zuletzt aufgrund der Priorisierung der Impfung am Anfang. Aufgrund ihres hohen Alters ist die Wahrscheinlichkeit eines natürlichen Todes innerhalb dieser Gruppe ohnehin überdurchschnittlich hoch. Somit sind in dieser Gruppe grundsätzlich vermehrte Todesfälle zu verzeichnen, was wiederum zu einer erheblichen statistischen Verzerrung führen kann.
Konkret bedeutet dies, dass auch diejenigen Menschen, die an einem natürlichen Tod verstorben sind, in die Statistik einfließen, sofern sie vor ihrem Tod eine Covid-19-Impfung erhalten haben, auch wenn die Todesursache nicht die Impfung selbst, sondern lediglich das natürliche Ableben ist. Aufgrund der hohen Anzahl von Covid-19-Impfungen (123.347.849 im unten aufgeführten Berichtszeitraum, Stand: 30. November 2021) in Deutschland müssen folglich auch eine hohe Anzahl von natürlichen Todesfällen gemeldet worden sein, die zwar im gleichen Zeitraum auftraten, jedoch nicht durch die Impfung hervorgerufen worden sind.
Um herauszufinden, wie viele Menschen nun tatsächlich aufgrund einer Covid-19-Impfung als Ursache gestorben sind, müssen die natürlichen Todesfälle konsequenterweise herausgefiltert werden. Genau diese Filterung nimmt auch das Paul-Ehrlich-Institut vor. Mit Bezug auf den Sicherheitsbericht des Paul-Ehrlich-Instituts vom 23. Dezember 2021 (https://www.pei.de/SharedDocs/Downloads/DE/newsroom/dossiers/sicherheitsberichte/sicherheitsbericht-27-12-20-bis-30-11-21.pdf?__blob=publicationFile&v=7, S. 9-12) hat das Paul-Ehrlich-Institut von den insgesamt 1.919 Verdachtstodesfällen, die gemeldet wurden, nach eingehender Untersuchung lediglich bei 78 Fällen die Covid-19-Impfung als die mögliche oder wahrscheinliche Ursache identifiziert (siehe S. 10). Wörtlich gibt das Paul-Ehrlich-Institut an: „In 78 Einzelfällen, in denen Patienten an bekannten Impfrisiken wie Thrombose-mit-Thrombozytopenie-Syndrom (TTS), Blutungen aufgrund einer Immunthrombozytopenie oder Myokarditis im zeitlich plausiblen Abstand zur jeweiligen Impfung verstorben sind, hat das Paul-Ehrlich-Institut den ursächlichen Zusammenhang mit der Impfung als möglich oder wahrscheinlich bewertet“ (S. 10).
Rein ausgehend von den Verdachtstodesfällen ergeben sich ca. 2 Todesfälle ((1,919/123.347.849)x100.000 = ca. 1,56) pro 100 Tausend Impfungen. Filtert man die Todesfälle mit anderen Todesursachen jedoch heraus und berücksichtigt nur jene Fälle, bei denen eine Covid-19-Impfung als mögliche oder wahrscheinliche Ursache identifiziert worden ist, ergibt sich weniger als 1 Todesfall bei einer Million Impfungen (Rechnung: (78/123.347.849)x1.000.000 = ca. 0,63). Insofern spiegelt die Anzahl der Verdachtstodesfälle nicht die Gefährlichkeit der Impfung wider, sondern vielmehr die hohe Qualität des Meldesystems sowie die transparente Kommunikation der Daten an die breite Öffentlichkeit durch das Paul-Ehrlich-Institut.
Bezüglich der Frage des Abstimmungsverhaltens zu einer möglichen Impfpflicht ist es derzeit angedacht, in der ersten Jahreshälfte 2022 im Bundestag über die Einführung einer allgemeinen Impfpflicht abzustimmen. Hierfür werden voraussichtlich Anfang 2022 fraktionsübergreifend sogenannte Gruppenanträge erarbeitet, in denen die unterschiedlichen Positionen und Konzepte dann möglichst gut zum Ausdruck kommen. Bisher liegen jedoch weder Anträge noch Konzepte vor. Zudem ist allen Mitgliedern im Bundestag und in der Bundesregierung klar, dass eine allgemeine Impfpflicht auf jeden Fall frühestens dann greifen kann, wenn sichergestellt ist, dass jedem*jeder Bürger*in auch zeitnah ein Impfangebot gemacht werden kann.
Außerdem steht es derzeit noch in der Diskussion, die Abstimmung freizugeben. Das heißt, dass die die einzelnen Abgeordneten rein nach ihrem Gewissen entscheiden sollen und nicht nach vorher in den einzelnen Fraktionen geeinten Positionierungen. Nach gründlichster Abwägung werde auch ich mich nur dann für eine Impfpflicht entscheiden, sofern wir die Impfquote bis dahin durch Anreize nicht ausreichend steigern können.
Denn angesichts der aktuellen pandemischen Lage scheinen einschneidende Maßnahmen unabdinglich, um eine Überlastung unseres Gesundheitssystems wie in anderen Ländern zu vermeiden. In einigen dieser Länder, wie etwa Italien, ist es bereits zur sogenannten Triage, d.h. die Auslesung/Priorisierung medizinischer Hilfeleistung bei unzureichenden Kapazitäten, gekommen. Eine derartige Überlastung unserer medizinischen Versorgungseinrichtungen ist nicht zuletzt aus ethischen Gründen unbedingt zu verhindern. Gleichzeitig gehen Maßnahmen wie immer wiederkehrende Lockdowns nicht nur mit starken Kontaktbeschränkungen und gravierenden Folgen insbesondere für Kinder einher, sondern auch mit erheblichen wirtschaftlichen Einbußen, die die Existenz von vielen Unternehmen bedrohen und viele Haushalte in finanzielle Not bringen. Gegenüber solcher Maßnahmen, die die Freiheit der gesamten Gesellschaft sehr stark betreffen, und angesichts möglicher gravierender Konsequenzen von unkontrolliertem Pandemieverlauf erscheint eine Impfpflicht für mich als das mildere Übel.
In diesem Sinne wünschen wünsche ich Ihnen einen gesunden Rutsch ins neue Jahr.
Mit freundlichen Grüßen
Linda Heitmann