Frage an Leopold Herz von Wolfgang B. bezüglich Landwirtschaft und Ernährung
Sehr geehrter Herr Dr. Herz,
ob kommerzieller oder Forschungsanbau : Von jeder genmanipulierten Pflanze im Freiland geht die Gefahr der Kontamination aus, die der Auskreuzung in die Umgebung also. Das gibt auch Herr Dr. Max Lehmer MdL zu, ein Verfechter der Agro-Gentechnik, wie die Süddeutsche Zeitung vom 15. Januar 2010 berichtet (Ausschnitt siehe unten).
Was tun Sie im Landtag, um den Anbau genmanipulierter Pflanzen in ganz Bayern abzuwehren ?
Mit freundlichen Grüßen
Wolfgang Beer
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aus der Ebersberger Süddeutschen Zeitung vom Freitag, 15. Januar 2010, Seite R3
Austausch von Überzeugungen
*Diskussion des Bundes Naturschutz über Gentechnik in der Landwirtschaft*
Von Karin Kampwerth
Kirchseeon - "Wir dürfen die Thematik nicht zur Glaubensfrage machen. Dazu ist sie viel zu ernst". Diese Warnung stammt vom Bundestagabgeordneten Max Lehmer (CSU). ...
Der Arbeitskreis des Bundes Naturschutz hatte den Ebersberger Wahlkreisabgeordneten zum Meinungsaustausch mit rund 35 handverlesenen gentechnikkritischen Umweltschützern, Verbrauchern und Landwirten ins Gasthaus Brückenwirt eingeladen. Selbst der hessische Landwirt Gottfried Glöckner, einer der ersten Bauern,der Genmais angebaut und dabei ... seinen Viehbestand ruiniert hat, war nach Kirchseeon gekommen.
Oder die Bekämpfung des Welthungers: Nach Lehmers Auffassung können durch Gentransfer in ihrer Leistung optimierte Pflanzen das Nahrungsbedürfnis der wachsenden Bevölkerung befriedigen, ohne dass weitere landwirtschaftliche Anbauflächen durch Rodung von Wäldern gewonnen werden müssten.
...
Doch es gab auch Gemeinsamkeiten an diesem Abend wie etwa die Haltung, dass es bei allem Forschungs- und Verbreitungswillen nie eine Gefahr für Mensch, Tier oder Umwelt geben dürfe. Oder auch die Einsicht, dass Koexistenz von gentechnischer, konventioneller und biologischer Landwirtschaft nicht möglich ist.
Sehr geehrter Herr Dr. Beer,
ich danke für Ihre Frage und nehme dazu wie folgt Stellung:
Die Fraktion der Freien Wähler, namentlich die Abgeordneten Hubert Aiwanger, Tanja Schweiger, Ulrike Müller, Dr. Leopold Herz stellten am 12.02.09 folgenden Dringlichkeitsantrag (Drucksache 16/533):
Grüne Gentechnik - echte Nachbarschaft statt vermeintlicher „Koexistenz“
Der Landtag wolle beschließen:
Die Staatsregierung wird aufgefordert, sich bei der Europäischen Union dafür einzusetzen,
- dass, die Entscheidung über den Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen und die notwendigen Abstandsflächen von den Ländern in Deutschland und den Regionen in den Mitgliedstaaten selbst getroffen werden kann,
- über die Bundesregierung darauf hinzuwirken, dass auf EU-Ebene keine weiteren Genehmigungen für das Inverkehrbringen erteilt werden,
- die Freilandforschung in Bayern mit gentechnisch veränderten Pflanzen auf staatlichen Flächen sofort einzustellen,
- über die Bundesregierung darauf hinzuwirken, dass die bisher von der in Deutschland zuständigen Stelle, dem Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit(BVL) erteilten Genehmigungen für die Freisetzung von GVO widerrufen werden,
- über die Bundesregierung darauf hinzuwirken, dass die Verordnung über die gute fachliche Praxis bei der Erzeugung gentechnisch veränderter Pflanzen (Gentechnik-Pflanzenerzeugungsverordnung GenTPflEV) wie folgt ergänzt wird:
§ 3 Mitteilungspflicht
(1) Der Erzeuger hat den Nachbarn spätestens drei Monate vor der Aussaat oder Anpflanzung folgende Angaben mitzuteilen:
1. seine Namen und seine Anschrift,
2. das Grundstück des Anbaus sowie die Größe der Anbaufläche,
3. die Pflanzenart sowie die Bezeichnung und den spezifischen Erkennungsmarker der gentechnischen Veränderung. Änderungen in den Angaben sind unverzüglich mitzuteilen. In der Mitteilung ist der Nachbar auf die Regelungen des Absatzes 2 hinzuweisen und aufzufordern, dem Erzeuger innerhalb eines Monats mitzuteilen, ob die benachbarten Flächen mit nicht gentechnisch veränderten Pflanzen bestellt werden, welcher Art diese Pflanzen angehören, welche Bewirtschaftungsform geplant ist und ob der Nachbar dem Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen auf dieser Fläche zustimmt.
(2) Erhält der Erzeuger innerhalb eines Monats nach Zugang der Mitteilung beim Nachbarn nicht die erforderlichen Auskünfte sowie die Zustimmung zum Anbau, so ist ein Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen auf dieser Anbaufläche nicht zulässig.
Wir begründeten den Dringlichkeitsantrag wie folgt:
Über achtzig Prozent der Verbraucherinnen und Verbraucher lehnen gentechnisch veränderte Lebensmittel und somit die Grüne Gentechnik ab. Auch die Landwirtschaft, also unsere Bäuerinnen und Bauern, sehen keinen Nutzen in der Aussaat von gentechnisch verändertem Saatgut. Dennoch besteht derzeit die Möglichkeit in Deutschland genveränderten Mais anzubauen. Die in der Verantwortung stehenden Politiker in Deutschland sprechen gerne von der „Koexistenz“ zwischen konventionellem und gentechnisch verändertem Saatgut. Zu einer echten Koexistenz gehört aber auch, dass die jeweiligen Nachbarn damit einverstanden sind, dass in ihrer unmittelbaren Umgebung solche Pflanzen angebaut werden. Mit der vorgeschlagenen Ergänzung der Gentechnik-Pflanzenerzeugungsverordnung (GenTPflEV) wird dies erreicht.
Dieser Dringlichkeitsantrag wurde abgelehnt. Ebenso wurden weitere Dringlichkeitsanträge der anderen Oppositionsparteien abgelehnt. Die einzelnen Anträge können Sie auf der Website des Bayerischen Landtages nachlesen.
Die Freien Wähler fordern nach wie vor eine gentechnikfreie Landwirtschaft und fordern ein klares Verbot gentechnischer Verfahren und gentechnisch veränderten Saatguts in der Pflanzenzüchtung und Landwirtschaft. Insbesondere die Aussaat der genveränderten Maissorte Mon 810 sollte nach Auffassung der Freien Wähler laut und nach Ansicht der bayerischen Landwirte und Verbraucher sofort verboten werden. Alle durch das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit erteilten Freisetzungsgenehmigungen müssen zurückgenommen werden. Sicherheitsforschung darf nur in abgeschlossenen Glashäusern erfolgen. Die FW fordern auch ein sofortiges Ende der Sortenversuche mit MON 810 in Bayern, nicht erst 2010.
Die EU-Kommission leitete kürzlich ein Verfahren gegen Österreich ein, um das Vermarktungsverbot für das Saatgut der GVO-Sorte MON 810 zu Fall zubringen. Auch gegen andere EU-Staaten soll ähnlich vorgegangen werden. Deshalb müssen schnellstmöglich die Rechtsgrundlagen geändert werden, damit Bayern selbst über den Anbau von GVO entscheiden kann. Dies sieht auch die gemeinsame Erklärung anlässlich des Regionen-Gipfels zur Gentechnik in Europa vor, die am 01. September 2009 in München stattfand. Der immer weiter voranschreitenden Patentierung von menschlichen und tierischen Genen muss Einhalt geboten werden.
Gemeinsam mit der Fraktion der Freien Wähler werde ich die Thematik weiter aufmerksam beobachten, zu gegebener Zeit erneut entsprechende Anträge stellen und sie wird auch in Zukunft für mich einen wesentlichen Teil meiner parlamentarischen Arbeit bedeuten.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Leopold Herz