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Frage von Elke D. •

Frage an Lars Holster von Elke D. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie

Sehr geehrter Herr Holster,
danke, dass Sie sich die Zeit für so eine ausführliche Antwort genommen haben. Ich möchte dazu noch ein paar Anmerkungen machen.
Sie schreiben, dass einschlägige Untersuchungen gezeigt haben, dass die Kompetenz des Unterrichtenden und ein strukturierter Unterricht für den Lernerfolg größeres Gewicht haben als die eingesetzte Methode. Dem kann ich nicht zustimmen und ich hatte ihnen beispielhaft die Marburger Studie genannt. Nennen sie mir bitte mal eine Untersuchung bei der Schüler, die im Anfangsunterricht mit lautgetreuem Schreiben gelernt haben, am Ende einer beliebigen Klassenstufe gleiche oder sogar bessere Rechtschreibkenntnisse als die Vergleichsgruppe hatten. Dass das lautgetreue Schreiben ungeeignet ist, hat nun auch der Senat erkannt. Letzte Woche gab es die Pressemitteilung, dass lautgetreues Schreiben im Anfangsunterricht in Hamburg nicht mehr unterrichtet werden darf. Ich finde das großartig!
Zu meinen Befürchtungen, mein Sohn würde evt. keinen Schulabschluss erreichen, antworteten sie mir, dass man mit LRS sogar Abitur machen kann. Das stimmt – theoretisch ist das möglich, und einige schaffen das. Sie wissen, dass die Praxis so aussieht: Legasthene Jugendliche haben häufiger einen niedrigeren Schulabschluss als andere Jugendliche. Ihr Berufsausbildungsniveau ist geringer als das Gleichaltriger, einen akademischen Abschluss erreichen sie nur selten, und die Arbeitslosenquote betroffener Erwachsener ist erhöht. Darüber gibt es Studien, Herr Holster.
Eine Frage hätte ich noch: Gibt es Richtlinien zum Förderunterricht, z.B. wer ihn durchführen darf?

Ich wünsche Ihnen bei ihrer politischen Arbeit weiterhin viel Erfolg.
Mit freundlichen Grüßen
Elke Duhnert

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Antwort von
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Sehr geehrte Frau Duhnert,

vielen Dank für Ihre Nachfrage zum Thema „Rechtschreiblernen“ im Anfangsunterricht der Grundschule. Sie baten mich noch einmal zu begründen, warum ich für den Lernerfolg z.B. der Kompetenz der Lehrkraft und dem strukturierten Stundenaufbau ein höheres Gewicht zuschreibe als der eingesetzten Methode.

Interessant ist beispielswiese die Studie „Lernförderlicher Unterricht“ (2001) von Peter May, die die Ergebnisse des Hamburger Projekts „Lesen und Schreiben für alle“ auswertet und präsentiert. Die Studie kommt in der Tat zu dem Ergebnis, dass offene Methoden (wie z.B. „Lesen durch Schreiben“) vielen Kindern mit schwachen Voraussetzungen mehr Probleme bereiten als andere Methoden. Insoweit stimmt dies mit den Ergebnissen der von Ihnen angesprochenen Marburger Studie (2005) überein.
Die Studie „Lernförderlicher Unterricht“ kommt allerdings darüber hinaus zu dem Ergebnis, dass diese Unterschiede im Laufe der Grundschulzeit verschwinden. Begründet wird dies in der Studie damit, dass andere Faktoren etwa ab der 3. Klasse eine wichtigere Rolle spielen als die eingesetzte Methode: Hierzu werden z.B. Unterrichtsqualität, erworbenes Vorwissen der Kinder, Elternunterstützung und das Lehrerfeedback genannt. Alle diese Einflüsse sind gemäß Mays Studie wichtiger anzusehen als die eingesetzte Methode.

Sie haben sicherlich recht, dass es viele Methoden gibt, die nicht für alle Schülerinnen und Schüler gleich gut geeignet sind. Insofern sehe ich die angesprochene Methode „lautgetreues Schreiben“ keinesfalls als bestmögliche Methode an und es sollte wohl überlegt werden, welche Schülerinnen und Schüler vom Einsatz dieser Methode profitieren. Andererseits lässt sich festhalten, dass es Schülerinnen und Schüler gibt, die von dieser Methode profitieren und durch diese einen Lernerfolg verzeichnen. Daher stellt sich mir die Frage, ob es - im Rahmen des Methodenpluralismus - wirklich sinnvoll ist, eine Methode zu verbieten, die einigen (wenn auch sicher nicht allen) Schülerinnen und Schüler helfen kann.
An dieser Stelle ist die angesprochene Kompetenz der Lehrkraft gefordert zu erkennen, welche Methode für welche Schülerinnen und Schüler sinnvoll erscheint oder nicht. Sollte eine Lehrkraft aber zu dem Schluss kommen, dass ein Kind durch eine bestimmte Methode die größten Lernerfolge erzielt, erschließt sich mir nicht, warum man den Einsatz dieser Methode grundsätzlich verbieten sollte.

Weitere Details zur Studie von Peter May finden Sie hier:

Peter May: Lernförderlicher Unterricht. Teil 1: Untersuchungen zur Wirksamkeit von Unterricht und Förderunterricht für den schriftsprachlichen Lernerfolg. Frankfurt/M., Berlin, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Wien [Peter Lang] 2001, S. 178-185

Mit freundlichen Grüßen
Lars Holster