Frage an Lars Holster von Dorle O. bezüglich Bildung und Erziehung
Sehr geehrter Herr Holster,
das Schulkonzept, das uns Eltern vor 2 Jahren davon überzeugte, unsere Kinder in der Fritz-Schumacher-Schule in Langenhorn anzumelden, ist wenige Monate nach Regierungsantritt ihrer Fraktion von der Behörde über den Haufen geworfen worden. Grundlage des Konzeptes war eine Klassenfrequenz von 20 Schülern (plus höchstens 10 %). Dies war neben der pädagogischen Überlegung wegen der sehr beengten Raumverhältnisse in diesem alten Schumacherbau auch eine Notwendigkeit, denn die Klassenzimmer sind auch nur für diese Anzahl Kinder konzipiert. Seitdem die Behörde sich über dieses Schulkonzept hinweggesetzt hat, haben wir in den 7. Klassen 26 bzw. 27 Kinder und in den Jahrgängen 9 sogar 34!
Die Kinder haben theoretisch das Fach "Freiarbeit" damit sie lernen, selbstständig zu arbeiten. Leider sind dafür an unserer Schule keine Räume frei. Deshalb wird dieses Fach wohl theoretisch bleiben. Chemie und Physik bleiben auch theoretisch: Es sind keine finanziellen Mittel da um physikalische und chemische Versuche zu machen. Der Musikunterricht kann nicht mehr im Musikraum stattfinden, weil der Raum für die große Klasse zu klein ist . So könnte ich immer weiter aufzählen, aber der Platz ist dafür hier nicht vorhanden.
Ich möchte von Ihnen wissen, ob es Richtlinien gibt, nach denen die Klassenzimmergröße und die Anzahl der Kinder in diesen, vorgegeben sind. Zum Thema Gesundheitsschutz an Schulen findet man im www eine Menge, aber es geht dabei um die Gesundheit von Lehrern, Arbeitsschutz, bzw. die richtige Ernährung von Kindern. Zu der Frage, ab wann es für Kinder und Jugendliche unzumutbar wird in einen zu kleinen Raum eingepfercht zu sein, verbrauchte Luft zu atmen, Lärm zu ertragen und dabei noch zu lernen, habe ich für das Bundesland HH nichts gefunden. Bayern, NRW und Hessen sind da anscheinend weiter. Wenn es Richtlinien für HH gibt bitte ich Sie, mir diese zu nennen.
Ich freue mich über eine zeitnahe Antwort
mit freundlichen Grüßen
Dorle Olszewski
Sehr geehrte Frau Olszewski,
vielen Dank für Ihre Fragen an mich und Ihre Anregungen zur Hamburger Schulpolitik. Ich möchte zunächst um Verständnis für die späte Antwort auf Ihre Frage bitten. Ich musste mir zunächst einige Sach- und Fachinformationen von der Schulbehörde zu Ihrer Frage einholen, damit ich diese nun ausführlich beantworten kann.
Sie sprechen an, dass die Schule damals mit einer Klassenfrequenz von 20 Schülern geworben hat und Sie damit von der Schule überzeugt hat. Die kleinen Klassenfrequenzen konnte die Schule anbieten, da sie in der Vergangenheit z.B. 5 oder 6 Lerngruppen / Klassen eingerichtet hat, obwohl die Anmeldezahlen theoretisch nur 4 Lerngruppen erfordert hätten. Dieses Modell begründete die Schule mit dem nachvollziehbaren und berechtigten Hinweis auf die kleinen Räume. Die Schule nahm dann allerdings weitere Schüler auf, die in die bestehenden Klassen integriert wurden.
Es gibt zwei Gründe, wegen denen das Modell mittlerweile nicht mehr umsetzbar ist: Erstens war mit der Einführung der Lehrerarbeitszeitverordnung eine Erhöhung der Klassenfrequenzen unumgehbar. Zweitens konnte das Modell nicht mehr umgesetzt werden, da an der Schule die Anzahl der vorhandenen Räume knapp wurden und so mobile Klassenräume nötig gewesen wären. Daher wurden die Lerngruppen entsprechend vergrößert, damit die zur Verfügung stehenden Räume ausreichten.
Die beiden genannten Gründe haben damit nichts mit dem Regierungswechsel zu tun und sind keinesfalls Entscheidungen, die von der SPD-Fraktion oder dem SPD-Senat getroffen wurden.
Sie haben aber mit Ihrem grundsätzlichen Hinweis auf die kleinen Räume uneingeschränkt Recht. Dieses Problem ist bekannt und es wird versucht die 25er-Frequenz daher wenn möglich einzuhalten.
Zu der von Ihnen angesprochenen Größe einiger Klassen / Kurse: Im Jahrgang 9 beispielsweise gibt es derzeit 125 Schüler/innen in 5 Regelklassen, sodass die Klassenfrequenz bei ca. 25 liegt. Sie haben allerdings recht, es gibt einen Mathematikkurs mit 34 Schüler/innen. Dies ist darauf zurückzuführen, dass der Matheunterricht nach einem „Schienen-System“ funktioniert. Vor den Ferien war diese Kursgröße nicht absehbar. Nach meiner Auskunft der Schulbehörde ist die Schule selbst der Ansicht, dass dort gut gearbeitet werden kann. Gleiches gilt für einen Englischkurs mit 31 Schüler/innen. Natürlich haben Sie aber recht, dass Lerngruppen in diesen Größen nicht die optimale Lösung sind und daher die absoluten Ausnahmefälle sein sollten.
Für die Arbeit in den naturwissenschaftlichen Fächern stehen der Schule, nach Auskunft der Behörde, ausreichend Materialien zur Verfügung.
Ich möchte nun abschließend noch einige allgemeine Anmerkungen machen, die sich nicht nur auf die konkreten Probleme an Ihrer Schule vor Ort beziehen:
Es gibt in der Tat keine Vorschrift, die das Verhältnis von Schülerzahl und Raumgröße regelt. Die Schulen haben die Aufgaben, die Lerngruppen geeignet zu verteilen, selbstverständlich unter Berücksichtigung der gegebenen Raumverhältnisse.
Grundsätzlich gilt, dass ab 2011 an den Stadtteilschulen deutlich kleiner fünfte Klassen eingesetzt werden. Im Jahr 2012 z.B. betrug die Durchschnittsgröße der neu eingerichteten fünften Klassen an Stadtteilschulen 21,7 Schüler/innen pro Klasse. Dies stellt sicher, dass die Klassen auch mit möglichen Rückläufern aus Gymnasien zum Jahrgang sieben eine arbeitsfähige Größe haben. Den Stadtteilschulen werden auch entsprechend ausreichend Lehrerstellen zugewiesen, sodass diese kleinen Klassenfrequenzen realisiert werden können. Wir sind uns der Bedeutung kleiner Lerngruppen bewusst und haben daher mit diesen Regelungen bewusst dafür gesorgt, dass zukünftigen Klassenfrequenzen an den Stadtteilschulen möglichst gering zu halten.
Mit freundlichen Grüßen
Lars Holster