Frage an Kurt Beck von Bernd C. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrter Herr Beck,
erklären Sie mir bitte und auch anderen, was das Hick-Hack im Bundesrat mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichturteils zu Hartz IV zu tun hat.
Gegenstand dieser Bundesverfassungsgerichtentscheidung war ausschließlich der ebenfalls durch den damaligen Bundesrat verbockte Regelsatz oder besser, die nicht vorhandene Transparenz bei der Ermittlung.
Das „Lohnabstandsgebot“ hat keinen Verfassungsrang und unterscheidet sich dadurch evident von der Gewährung eines menschenwürdigen Regelsatzes. Auch ist der finanzielle Ausgleich zwischen den Bundesländern und dem Bund u.a.m. von Bedeutung, nur ebenfalls nicht in der Entscheidung des BVerfG gefordert. Was soll also dieser ganze Unsinn.
Es geht zur Stunde schlicht und ergreifend um und nur um den Regelsatz. Sind Sie der Auffassung, dass eine Erhöhung von fünf, acht oder etwa elf Euro, wie von der SPD gefordert und diese nur der Kassenlage geschuldet, vor Armut schützen könnten?
Schaffen Sie es, ein erneutes soziales und Glaubwürdigkeitsdesaster für die SPD zu verhindern?
MfG
Sehr geehrter Herr Christiansen,
vielen Dank für Ihre Frage!
Zunächst bringe ich meine Freude zum Ausdruck, dass wir endlich einen Kompromiss bei den Verhandlungen um das Arbeitslosengeld II finden konnten. Die Dauer ist jedoch weniger den Verhandlungen im Bundesrat geschuldet, als vielmehr den Verzögerungen durch die Bundesregierung: Mehrmals haben wir Frau von der Leyen gebeten, die Gesetzesentwürfe noch vor der Sommerpause vorzulegen, leider hat sie dies erst im Herbst vergangenen Jahres getan. Für die Verzögerungen und die damit verbundenen Unsicherheiten für die Betroffenen ist die schwarze-gelbe Koalition ganz allein verantwortlich.
Ich kann Ihre Frage nachvollziehen, ob wir mit dem Kompromiss tatsächlich die Bedenken des Bundesverfassungsgerichts aus dem Weg geräumt haben. Mehrfach haben wir unseren Zweifel und Protest gegen das Verharren am bestehenden Ermittlungsverfahren geäußert, am Ende haben wir uns von Seiten der SPD jedoch im Interesse der Menschen auf einen Kompromiss geeinigt. Die Blockadehaltung der Grünen ist vielleicht verständlich, hilft in uns aber auch nicht weiter, die Lage der Bedürftigen zu verbessern.
Mit der Aufstockung des Regelsatzes, der Ausweitung des Bildungspakets für Kinder und Jugendliche sowie eines branchenspezifischen Mindestlohnes – vor allem im Bereich der Zeit- und Leiharbeit –, der rund 1,2 Millionen Beschäftige betrifft, haben wir unsere Kernanliegen durch die Verhandlungen gebracht. Wir haben dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes insofern Rechnung getragen, als das wir die Möglichkeit zur Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zumindest für Leiharbeiter entschieden, aber auch für Arbeitslose in kleinerem Maße, verbessert haben.
Durch das ausgeweitete Bildungspaket können diese nun auch deren Kindern einen größeren Zugang zu Bildung und Kultur verschaffen, immerhin sprechen wir hier über 500.000 bedürftige Kinder.
Aber um es deutlich zu sagen: Wir sind der Meinung, die Bundesregierung hätte in ihrer Zuständigkeit noch weiter gehende Korrekturen vornehmen müssen.
Mit freundlichen Grüßen
Kurt Beck