Frage an Kurt Beck von Stephan L. bezüglich Öffentliche Finanzen, Steuern und Abgaben
Sehr geehrter Herr Beck,
im südpfälzischen Bad Bergzabern will ein Investor ein 4-Sterne-Hotel eröffnen. Dazu soll ein leerstehendes Gebäude für insgesamt 3,1 Millionen € umgebaut werden. Rheinland-Pfalz beteiligt sich daran mit 1,9 Millionen €, die Stadt und der Investor mit je 600.000 €. Die Kosten steigen jedoch auf über 6 Millionen € an. Der Rechnungshof mahnt nun: Eine 90%ige Subvention an ein Privaten ist nicht vertretbar. Daraufhin kauft die Stadt das Grundstück und tritt in die Verträge mit Planern und Baufirmen ein. Der Investor bleibt als "Betreiber" im Projekt.
Das Land bezuschusst die Stadt sodann mit 5,6 Millionen €. Der Private erhält ein Erbbaurecht über zehn Jahre mit anschließender Kaufoption. Die jährliche Pacht beträgt 120.000 €, der Kaufpreis ist auf 1,4 Millionen € festgeschrieben. Das bedeutet: Der Private zahlt über die zehn Jahre 1,2 Million € an Pacht und kauft anschließend das 4-Sterne-Hotel für 1,4 Millionen €. Er erhält also für 2,6 Millionen € ein Hotel, dass Stadt und Land über 6 Millionen € gekostet hat. Dass sich die Baukosten in der Zwischenzeit auf über 7 Millionen € belaufen, braucht den Privaten freilich nicht zu stören.
Quelle: http://schwarzbuch10.steuerzahler.de/topten.php?idarticle=414
Wie kommt es, dass Rheinland-Pfalz - ein Land, das mit über 28 Milliarden € verschuldet ist - solche Projekte in dieser nicht nachvollziehbaren Höhe fördert? Wie kann es sein, dass Sie dieses Projekt, das in ihrem Wahlkreis liegt, als "Leuchtturmproket" anpreisen?
MfG
SL
Sehr geehrter Herr Lieser,
vielen Dank für Ihre Frage!
Das Land Rheinland-Pfalz fördert in vielen Städten und Gemeinden die Sanierung von maroden historischen Gebäuden, die danach eine neue Nutzung erhalten. Das ist nichts Ungewöhnliches, historische Stadtbereiche sind wichtige Förderungsschwerpunkte. Erfahrungsgemäß löst ein Euro, den die öffentliche Hand als Städtebauförderung zur Verfügung stellt, acht Euro öffentliche und private Investitionen aus. Die Abgeordneten aller Parteien fordern die Landesregierung immer wieder auf, solche Projekte in ihren Wahlkreisen durch das Innenministerium fördern zu lassen. Vielleicht kennen Sie sogar ein Projekt aus Ihrer Heimatregion, das mit Landesmitteln gefördert wurde.
Die Kurorte im Land haben durch die Entwicklungen in der Gesundheitspolitik in den vergangenen Jahren besonders zu kämpfen. Ich will, dass diese Orte eine Zukunft haben, sich im Wettbewerb um Kunden, Gäste und Patienten behaupten können. In Bad Bergzabern liegt das heutige „Schlosshotel“ an einer zentralen Stelle in unmittelbarer Nähe zum Schloss selbst. Wenn der Gast hier eine Ruine vorfindet, wirkt sich das auch auf einen erheblichen Teil der Innenstadt aus. Hotel und Restaurant generieren eine immense Wertschöpfung vor Ort, weil durch die Investition bis zu 25 Arbeitsplätze geschaffen und weitere Arbeitsplätze gesichert werden. Das Hotel bildet junge Menschen in der Region aus, es sollen bis zu fünf Ausbildungsplätze im Bergzaberner Hof angeboten werden. Das Restaurant wurde erst vor kurzem mit 15 Punkten im Gault Millau ausgezeichnet. Es hat sich eine Bürgerinitiative „Wir für Bad Bergzabern“ gebildet. Die Stadtspitze sowie die große Mehrheit des Stadtrates stehen hinter dem Projekt.
Natürlich setze ich mich als Wahlkreisabgeordneter auch für meinen Wahlkreis ein. Das macht jeder Abgeordnete für seine Region, ansonsten würde zu Recht das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger verlieren. Daher habe ich das Ministerium des Inneren im Jahr 2006 gebeten, ein Entwicklungskonzept für die Stadt Bad Bergzabern zu erstellen. Die Sanierung des Bergzaberner Hofs ist Teil dieses Konzepts, das die Entwicklungsagentur Rheinland-Pfalz für das Ministerium erstellte. Ziel war es immer, die Entwicklung der Stadt zu fördern. Der Vorwurf der Opposition, man habe hier zu Gunsten eines bestimmten Investors entschieden, entbehrt jeder Grundlage. Ausschlaggebend für die Auswahl des Investors nach deutschlandweiter Ausschreibung war die Tatsache, dass er die Anlage in vollem Umfang übernehmen wollte. Die Höhe der Pacht und des Kaufpreises wurden im Auftrag der Stadt von einem unabhängigen vereidigten Sachverständigen ermittelt. Die Landesregierung hat darauf keinen Einfluss genommen.
Und bitte glauben Sie mir, Kostensteigerungen wie in diesem Fall ärgern mich genauso wie Sie, aber leider sind sie auch nicht selten in solchen Fällen, wenn es um historische Gebäude geht: Während der Planungsphase kam es u. a. auf Wunsch der Stadt zu einer Erweiterung des Bauvolumens, die historische Bausubstanz verlangte unerwartet aufwendigere Sanierungsmaßnahmen, die Kosten der Denkmalpflege erhöhten sich, es konnte kein kosteneffizienter Generalunternehmer beauftragt werden und zudem stiegen die Baukosten ganz allgemein zwischen den Jahren 2006 und 2009 um neun Prozent.
Politik muss in einem Flächenland wie Rheinland-Pfalz Infrastrukturprojekte fördern dürfen. Dies gehört zur Erhaltung der Lebensqualität in den Regionen.
Mit freundlichen Grüßen
Kurt Beck