Frage an Kristina Schröder von Marco B. bezüglich Frauen
Hallo Frau Köhler,
in Ihrer Antwort an Herrn Toroni vom 10.09.2005 (Thema: Frauen) schreiben Sie:
"Wenn man erreichen will, dass Frauen nicht wegen ihres Frau-Seins benachteiligt werden, darf man sie auch nicht deswegen bevorzugen."
Heißt das, Ihre Gleichstellungspolitik basiert auf "nicht Handeln" um "Frau-Sein" gleichberechtigt zu machen?
Sehr geehrter Herr Bender,
da Frau Köhler in diesen letzten Tagen vor der Wahl leider sehr viele Termine hat, wir Ihre Fragen aber natürlich nicht bis auf nach der Wahl verschieben wollen, darf ich in Frau Köhlers Namen antworten. Ich bitte Sie hierfür um Ihr Verständnis.
Zu Ihrer Frage: Nein, das heißt es nicht.
Frau Köhler sagte schlichtweg, dass alleine die Merkmale „Frau-sein“ oder „Mann-sein“ nicht geeignet sind, um taugliche Unterscheidungskriterien im politischen Prozess zu sein. Gleichstellungspolitik muss jedoch da ansetzen, wo sachfremde Kriterien herangezogen werden, d.h. solche, die tatsächlich nichts mit der Sache zu tun haben. Also dann, wenn eine Frau nur deshalb den Job nicht bekommt, weil sie eine Frau ist (sachfremdes Kriterium). Kein sachfremdes Differenzierungskriterium wäre es dem hingegen, wenn eine zierliche Frau auf Grund ihrer mangelnden körperlichen Kraft den Bauarbeiter-Job nicht bekommt (sachangemessenes Kriterium) – ein ebenso zierlicher Mann hätte ihn dann nämlich auch nicht bekommen. Ähnlich im Scheidungsrecht. Ein Mann kann nicht deshalb vom Umgang mit seinen Kindern ausgeschlossen werden, nur weil er ein Mann ist. Sollte er das Kind misshandelt haben, dann ist das natürlich anders zu beurteilen. Aber genauso müsste es bei einer Frau beurteilt werden.
So, um das Ganze noch auf die Spitze zu treiben: Natürlich kann auch das Kriterium Frau/Mann manchmal sachangemessen sein. Wenn Sie die Drei Damen vom Grill nachdrehen, dann können Sie diese Rollen eben nur schwer mit Männern besetzen. Hier ist Frau/Mann dann eben taugliches Differenzierungskriterium.
Ich hoffe, Ihre Frage wäre damit nachvollziehbar beantwortet. Es ist nämlich eine bekannte - aber leider unter Rot-Grün auch oftmals vergessene - Regel, dass sog. „positive Diskriminierung“ (d.h. die Besserstellung eines Anderen wegen sachfremder Kriterien) der Chancengleichheit in der Regel nicht zuträglich ist, sondern vielmehr nur Missgunst zwischen den Menschen schürt. Schauen Sie sich doch nur mal an, wie viele Fragen zum Thema „Frau/Mann“ Frau Köhler bis jetzt in diesem Forum bekommen hat. Dann sehen sie, wie sehr dieses Thema die Menschen bewegt.
Mit freundlichen Grüßen,
i.A. Jürgen Müller, Wissenschaftlicher Referent