Stellen Sie sich gegen die AfD-Kampagne gegen die Wahl von Prof. Dr. Frauke Brosius-Gersdorf zur Richterin am Bundesverfassungsgericht?
Guten Tag Herr Körner,
Warum sollten MdB Ihrer Meinung nach nicht für Prof. Dr. Frauke Brosius-Gersdorf stimmen? Wären Sie bereit dazu, im nächsten Wahlgang für sie zu stimmen und auch, sich öffentlich dazu zu positionieren? Eine Spaltung in Ihrer Eigenen Partei zu diesem Thema kann nicht in Ihrem Interesse sein. Die Versprechen von Stabilität und Verlässlichkeit müssen unbedingt eingehalten werden, um den weiteren Aufschwung der AfD zu verhindern. Ich wäre sehr Interessiert an ihrer Meinung zu diesem Sachverhalt.
Freundliche Grüße
Christopher G.

Guten Tag,
vielen Dank für Ihre Zuschrift und Ihre Gedanken zur Wahl der Bundesverfassungsrichter. Es ist ein wichtiges Anliegen, das viele Bürgerinnen und Bürger beschäftigt, und dies vollkommen zu Recht, denn das Vertrauen in unsere höchsten Institutionen ist ein zentrales Fundament unserer Demokratie.
Die Entscheidung, die Wahl im Bundestag zunächst zu verschieben, ist nach intensiver Beratung innerhalb der Unionsfraktion getroffen worden. Dies geschah keineswegs leichtfertig, sondern aus der Verantwortung heraus, dem besonderen Gewicht dieser Personalentscheidung gerecht zu werden. Bei der Besetzung eines Amtes am Bundesverfassungsgericht sind Maßstäbe anzulegen, die über politische Tagesfragen hinausreichen. Hier geht es um das Selbstverständnis unserer Verfassungsordnung, um das Verhältnis zwischen Staat und Bürger und um die Frage, wie Grundrechte ausgelegt und geschützt werden.
Innerhalb der Fraktion gab es unterschiedliche Sichtweisen zu einzelnen Positionen der vorgeschlagenen Kandidatin, insbesondere im Hinblick auf die Auslegung der Menschenwürde und den verfassungsrechtlichen Lebensschutz, aber auch die umfangreichen Stellungnahmen der Kandidatin in den Medien zu ganz unterschiedlichen Themen politischer und verfassungsrechtlicher Natur. Diese Themen berühren grundlegende Werte, für die wir als Union stehen und die in unserer politischen Arbeit eine besondere Rolle spielen.
Vor diesem Hintergrund wurde entschieden, mehr Zeit für die interne Abstimmung und für das Gespräch mit den Koalitionspartnern zu nutzen. Unser gemeinsames Ziel bleibt es, eine tragfähige Lösung zu finden, die dem hohen Ansehen des Bundesverfassungsgerichts gerecht wird und die breite Unterstützung im Parlament findet.
Ich nehme Ihre Sorge in Bezug auf parteipolitische Spaltungen und die Gefahr des Erstarkens extremer Kräfte sehr ernst. Ich will Ihnen aber versichern: Kein Abgeordneter hat in dieser Woche eine Entscheidung, die das Verfassungsgericht auf 12 Jahre prägt, auf die leichte Schulter genommen. Es fand eine sorgfältige Abwägung und Diskussion statt, und die Angelegenheit wurde äußerst ernst genommen. Schmutzkampagnen extremer Kreise haben da keinen Einfluss. Das hat mir als neuem Abgeordneten Mut gemacht. Diese Fragen werden in der Unionsfraktion sehr intensiv behandelt.
Es ist wichtig, dass wir als Demokratinnen und Demokraten in schwierigen Situationen nicht vorschnell entscheiden, sondern mit Augenmaß und Verantwortungsbewusstsein handeln. Dazu gehört auch, kontroverse Debatten in der Sache zu führen, die das gemeinsame Ziel haben, tragfähige Kompromisse zu finden, die Bestand haben.
Mit besten Grüßen
Dr. Konrad Körner