Frage an Klaus Schmitsdorf von Karin F. bezüglich Umwelt
Wie stehen Sie zur ökologischen Landwirtschaft, bzw. zur Verteilung der Agrarsubventionen?
Welche Programme sollen nach Ihrem Konzept gefördert werden?
Vielen Dank für Ihre Antwort,
Fichtner
Liebe Frau Fichtner,
ökologischen Landwirtschaft bzw. die Verteilung der Agrarsubventionen gehören nicht zu den Themen, mit denen ich täglich zu tun habe. Insofern bitte ich um Entschuldigung dafür, daß ich Ihnen keine Antwort geben kann, die ich selbst erarbeitet habe. Ich stehe aber der Position der Arbeitsgemeinschaft Agrarpolitik und ländlicher Raum zur Diskussion um EU-Agrarsubventionen vom 03.12.2007 nahe, die folgenden Wortlaut hat:
1. Die AG Agrarpolitik und ländlicher Raum der Partei Die Linke unterstützt prinzipiell das Anliegen der Halbzeitbewertung "Health Check", die gegenwärtige Subventionspolitik auf den Prüfstand zu stellen, um die Mittel noch sozial und ökologisch wirksamer einsetzen zu können. Ausgangspunkt dabei sollten aber nicht finanzielle Überlegungen sein sondern reale Einschätzungen der Herausforderungen, vor denen die europäische Landwirtschaft als Teil der Weltwirtschaft steht. Zweifellos werden weltweit die Anforderungen an die Agrarproduktion steigen. Die Zunahme der Weltbevölkerung und wachsender Wohlstand in den Schwellen- und Entwicklungsländern erfordern ein Wachstum allein der Nahrungsmittelproduktion bis zum Jahr 2050 um 50%! Dem stehen stagnierende bzw. sogar schrumpfende Ressourcen an Boden und Wasser gegenüber. Aus diesem Blickwinkel muss alles getan werden, um das hohe Produktionsniveau in Europa und Deutschland stabil zu halten und weiter auszubauen.
2. Subventionen für die Landwirtschaft sollten nicht pauschal verteidigt oder abgelehnt werden. Der Maßstab für ihre Höhe ist die anzustrebende "Ernährungssouveränität" d.h. das Recht und die Pflicht jedes Landes (in diesem Sinne auch der EU als Ganzes) ihre Bevölkerung durch Nutzung der eigenen Ressourcen selbst zu ernähren. Das schließt auch die Achtung der Ernährungssouveränität anderer Völker ein. Deshalb lehnen wir Exportsubventionen vorbehaltlos ab. Europa ist in der Lage, sich selbst zu ernähren, objektiv bedingt aber nur zu Kosten, die über denen der Weltmarktführer (Brasilien, Australien, USA) liegen. Unter den Bedingungen offener Märkte und bis vor einem Jahr ständig sinkender Weltmarktpreise war und ist die europäische Landwirtschaft ohne Subventionierung nicht zu erhalten. Erst wenn sich der gegenwärtige Trend steigender Weltmarktpreise als langfristig stabil erweist, könnte über Mittelkürzungen nachgedacht werden. Wir fordern Verlässlichkeit der Politik und Planungssicherheit für die Betriebe. Deshalb sollten bis 2013 keine gravierenden Veränderungen der Gemeinsamen Agrarpolitik vorgenommen werden.
3. Die Subventionen fördern keineswegs, wie oft behauptet, Überproduktion. Die europäische Land- und Nahrungsgüterwirtschaft hat gegenwärtig einen Umfang erreicht, der, wenn alle Erzeugnisse einbezogen werden, knapp die Eigenversorgung sichert. 2005 musste die EU im Handel mit Drittländern für ca. 15 Milliarden Euro mehr landwirtschaftliche Erzeugnisse importieren, als sie ausführte. Die BRD wies einen Importüberschuss bei Agrargütern von über 9 Mrd. Euro aus. Von subventionierten Überschüssen kann also keine Rede sein.
4. Der Vorwurf, dass mit 45 % des EU-Haushaltes die Landwirtschaft unangemessen hoch subventioniert wird, muss zurückgewiesen werden. Von allen Subventionen, die in Deutschland auf den Ebenen EU, Bund und Länder getätigt werden, erhält die Landwirtschaft nur 18%. Der hohe Anteil von EU-Mitteln ergibt sich daraus, dass die Landwirtschaft im Unterschied zu den vor wiegend national subventionierten Bereichen wie Bergbau, Verkehr, Wohnungswesen bereits der Gemeinschaftspolitik unterliegt.
5. Prinzipiell abgelehnt werden von uns die Vorstellungen der Kommission zur Kürzung von Direktzahlungen für Betriebe in Abhängigkeit von ihrer Größe. Ein solches Herangehen widerspricht dem Grundanliegen, in Europa eine nachhaltig effiziente Landwirtschaft flächendeckend zu erhalten. An dieser Aufgabe müssen Betriebe aller Größenordnungen ohne Diskriminierung mitwirken. Auch wir sind dagegen, dass der europäische Hochadel oder Energie- und Lebensmittelkonzerne aus Mitteln des EU-Agrarhaushalts subventioniert werden. Aber viele der so genannten "Großen“ der Landwirtschaft, bei denen gekürzt werden soll, sind nur kleine und mittelständische Unternehmen, darunter z.B. Agrargenossenschaften als Mehrfamilienbetriebe. Solche Mehrfamilienbetriebe in Ostdeutschland und anderen ehemals sozialistischen Staaten sollten als Chance für Europa begriffen werden.
6. Die Überlegungen "der EU-Kommission zu weiteren Umverteilungen von Mitteln aus der Direktförderung der Betriebe (Säule 1) in die Förderung des ländlichen Raumes (Säule 2), zur Vereinfachung der Förderinstrumentarien u.a. werden wir in der nächsten Zeit genauer prüfen. Überall da, wo Veränderungen zu mehr Nachhaltigkeit und sozialer Gerechtigkeit beitragen und die Landwirte von der z.Zt. unerträglichen Bürokratie entlastet werden, sind wir zur konstruktiven Mitarbeit bereit.
Diese Stellungnahme ist mittlerweile zwar 6 Jahre alt und bei den EURO-Beträgen nicht mehr ganz aktuell, aber z.B. bei Ziff. 4 und 5 für mich sehr einsichtig.
Ich hoffe, Ihnen mit dieser Antwort bei Ihrer Wahlentscheidung weiter geholfen zu haben.
Mit freundlichen Grüssen
Klaus Schmitsdorf