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Klaus-Peter Willsch
CDU
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Frage von Patrick S. •

Frage an Klaus-Peter Willsch von Patrick S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Hallo Herr Willsch,

zum momentanen Zeitpunkt köcheln mehrere Geheimdienstskandale und Dank Snowden ist uns auch entgültig klargeworden das nahezu jede Komunikation abgefangen und gespeichert wird.
Wieso halten Sie den jetztigen Zeitpunkt für angemessen eine Maßnahme wie die Vorratsdatenspeicherung zu beschließen? Müssten wir nicht ersteinmal dafür kämpfen das sich alle Dienste (inclusive der deutschen) an die gültigen Gesetze halten?

Abgesehen davon ist mir nicht klar welche Änderungen dazu führen sollen das ein neues Gesetz verfassungskonform ist. Können Sie mir die Unterschiede zu dem Ersten Versuch nennen? Bei Welchen konkreten Straftaten dürfen die gespeicherten Daten nach Ihrem Verständnis genutzt werden?

Im Interesse der gesamten das Internet nutzenden Bevölkerung, bitte ich Sie überdenken Sie noch einmal Ihre Position zur Vorratsdatenspeicherung.

Viele Grüße
Patrick

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Schmidt,

vielen Dank für Ihre Anfrage zu den Themen Geheimdienste und Vorratsdatenspeicherung.

Zur NSA-Affäre:

Die "uneingeschränkte Solidarität", die der damalige Bundeskanzler Schröder nach den Anschlägen des 11. September 2001 zugesichert hatte, haben wir mit unserer Beteiligung am Einsatz in Afghanistan unter Beweis gestellt. Im Einsatzgebiet, wie auch bei der Terrorabwehr in unserem Land profitieren wir erheblich von den geheimdienstlichen Fähigkeiten der USA, die pro Einwohner rund 10 mal so viel Steuergeld für ihre Geheimdienste ausgeben als wir. Terroranschläge wie die der Sauerlandgruppe hätten wir ohne die Hilfe amerikanischer Geheimdienste nicht abwehren können. Wir verdanken einen großen Teil unserer Sicherheit in Deutschland nicht zuletzt dieser Zusammenarbeit.

Die Diskussion, die zu diesem Thema schon seit längerer Zeit in Deutschland geführt wird, finde ich aus realpolitischer Perspektive bisweilen schizophren. Deutschland ist aus vielerlei Gründen, die ich sämtlich scharf kritisiere, ein attraktives Aufenthalts- und Ausbildungsland für Terroristen. Das zeigten beispielsweise die Terroristen des 11. Septembers, die zum Teil in Deutschland ihre "Ausbildung" genossen haben. Auch die bedenklich hohe Zahl radikaler Konvertiten und islamistischer Prediger, die hierzulande gegen unsere freiheitliche demokratische Grundordnung hetzen, während sie sich gleichzeitig gerne im Schutze derselben entfalten, legen Zeugnis dafür ab.

Angesichts dieser Tatsachen halte ich es für geradezu zynisch, eine Diskussion darüber zu eröffnen, ob die deutschen Geheimdienste in ihren Fähigkeiten nicht noch weiter eingeschränkt, zusammengelegt oder sogar gänzlich abgeschafft werden sollten. Wenn in unseren Partnerländern Menschen bei Terroranschlägen sterben und wir in Deutschland eine "kritische Diskussion" über die Reichweite unserer heimischen Geheimdienste führen, ist es purer Realismus, wenn die entsprechenden Auslandsdienste für ihre Sicherheit selbst sorgen wollen.

Freiheit und Sicherheit stehen immer auch in einem Zielkonflikt zueinander. Ich verweise dabei auch auf die sehr ambivalente theoretische Idee der Sicherheit als "Supergrundrecht", in dessen Schatten unsere Freiheiten überhaupt erst gewährleistet werden könnten. Die Amerikaner gewichten dieses Verhältnis sicherlich anders als wir. Aber eines steht auch fest: Sicherheit lässt sich leider nicht nur durch Moralisieren erzeugen.

Zur Vorratsdatenspeicherung:

Ich begrüße es, dass wir auf der Grundlage der Einigung von Innenminister de Maizière und Justizminister Maas nun eine gesetzliche Regelung herbeiführen werden. Im Mittelpunkt steht dabei die bessere Bekämpfung terroristischer Straftaten und schwerer Kriminalität. Hier geht es um schwerwiegende Rechtsverletzungen, bei denen es oft keine anderen erfolgversprechenden Ermittlungsansätze gibt. Klar ist aber auch: Die gesetzliche Regelung erfordert eine Abwägung zwischen Freiheits- und Sicherheitsaspekten, deren Gewährleistung gleichermaßen zu den Aufgaben des Staates gehören.

Aus diesem Grunde weisen uns erfahrene Praktiker aus den Ermittlungsbehörden sowie die meisten Innenminister der Länder mit Nachdruck auf die Notwendigkeit der Speicherung von Verbindungsdaten hin. Bei der Aufklärung von Gewaltverbrechen wie Mord, Totschlag oder Vergewaltigung hilft die Vorratsdatenspeicherung in besonderem Maße. Das gleiche gilt bei der Verfolgung terroristischer Verbrechen, zur Namhaftmachung von Mitgliedern terroristischer Netzwerke oder von solchen in der Organisierten Kriminalität.

Telekommunikationsverbindungsdaten spielen aber auch bei der Aufklärung von schweren Straftaten eine wichtige Rolle, bei denen das Internet als Tatmittel genutzt wurde, zum Beispiel bei der strafrechtlichen Verfolgung der Kinderpornographie. In diesen Fällen ist die aufgezeichnete IP-Adresse oftmals der erste und zunächst einzige erfolgversprechende Ermittlungsansatz für weitere Maßnahmen und daher unverzichtbar.
Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion will die Bürger bestmöglich schützen und befürwortet daher eine gesetzliche Grundlage für die Speicherung von Verbindungsdaten. Es geht dabei vor allem um Daten, die die Telekommunikationsunternehmen ohnehin schon heute zum Beispiel für die Telefonrechnung speichern. Die Übermittlung und Verwendung dieser Daten durch staatliche Ermittlungsbehörden darf dabei selbstverständlich nur anlassbezogen erfolgen. Das heißt, sie setzt den Verdacht einer gesetzlich definierten Straftat oder konkreten Gefahr voraus. Ohne einen solchen Anlass - also in aller Regel - werden die Daten nach der festgesetzten Frist ohne weitere Nutzung schlicht bei den Providern gelöscht; keine staatliche Stelle bekommt sie jemals zu sehen. Damit besteht, nebenbei bemerkt, ein entscheidender Unterschied gegenüber Datensammlungen von Google, Facebook, Payback etc., die die Daten in ihrer Gesamtheit gerade zu dem Zweck erheben, diese umfassend z.B. zu Werbezwecken auszuwerten und möglichst viel über möglichst viele Nutzer zu erfahren.

Richtig ist, dass in der angeordneten Speicherung und im Einzelfall erfolgenden Kenntnisnahme von Kommunikationsdaten ein Grundrechtseingriff liegt, der klare Regeln zu Datensicherheit, Umfang der Datenverwendung, Löschung, Transparenz und Rechtsschutz erfordert und der sorgsam gegenüber den Zwecken der Strafverfolgung und Gefahrenabwehr abgewogen werden muss. Ein diffuses Gefühl von Bedrohung und Überwachung wäre freiheitswidrig und darf nicht entstehen; das ist im Übrigen auch für mich als potentiell betroffenem Bürger wichtig. Die Sorgen in Bezug auf den Schutz der eigenen Verbindungsdaten beruhen allerdings nicht selten auf einer unzureichenden Information über das, was im Rahmen der VDS geregelt werden soll. Deshalb zunächst nochmals einige Fakten:

- VDS umfasst in keinem Fall die Speicherung von Inhalten; niemand lauscht, liest mit oder hält den Inhalt von Mails, SMS oder Telefonaten fest!
- Es geht bei der VDS um die vorläufige Sicherung von Verbindungsdaten einschließlich Funkzellenangaben. Letztere sollen nach den vereinbarten Leitlinien nur zu Beginn einer Kommunikation, nicht etwa fortlaufend gesichert werden. Außerdem sollen nach den Leitlinien IP-Adressen zum Datenkranz gehören, die allerdings nur punktuell abgefragt werden sollen, etwa wenn aufgrund von Vorermittlungen bekannt ist, dass sie zum verbotenen Abruf von Daten (z.B. kinderpornografischer Inhalte) genutzt worden sind. Es ist vorgesehen, dass die Verbindungsdaten von E-Mails vollständig ausgenommen werden.
- Die Speicherfrist soll 10 Wochen betragen, Funkzellenangaben sollen bereits nach 4 Wochen gelöscht werden. Verbindungsdaten von Berufsgeheimnisträgern werden von dem Abruf ausgenommen.
- Die Daten werden nicht etwa bei einer staatlichen Stelle zusammengeführt, sondern verbleiben ohne jegliche besondere Aufbereitung und dezentral bei den Providern, bei denen sie entstehen.
- Die Übermittlung und Verwendung der Daten durch staatliche Behörden setzt den Verdacht einer schweren Straftat wie etwa Mord, Totschlag, Kinderpornografie, besonders schwere Fälle des Landfriedensbruchs oder terroristische Taten voraus.
- Eine Übermittlung von Verbindungsdaten an staatliche Behörden setzt im Einzelfall eine richterliche Entscheidung voraus.
- Weitere Regeln werden die Transparenz gegenüber dem Betroffenen und die Datensicherheit betreffen; insbesondere soll die Datenspeicherung in Deutschland und die Löschung nach Ablauf der festgelegten Frist geregelt werden.
Benjamin Franklin hat einmal gesagt: "Wer Freiheit für Sicherheit aufgibt, wird beides verlieren." Ich versichere Ihnen daher: Das in der EU-Grundrechtecharta verankerte Grundrecht auf Achtung des Privatlebens und Schutz personenbezogener Daten hat auch für mich einen hohen Stellenwert. Allerdings steht dem mittelbaren Eingriff in die Grundrechte des Bürgers in Form der Speicherung von Verbindungsdaten gleichzeitig die staatliche Pflicht zur Strafverfolgung bei begangenen Straftaten sowie zum Schutz der Bürger vor Straftaten gegenüber.

Unsere Freiheit erhalten wir nur, wenn sie geschützt und verteidigt wird. Daher schließen sich Freiheit und Sicherheit nicht gegenseitig aus, sondern bedingen einander.

Mit freundlichen Grüßen

Klaus-Peter Willsch MdB

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