Frage an Klaus-Peter Willsch von Reinhard W. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Willsch,
wie bekannt, beschäftigt sich auch das EU-Parlament aktuell mit dem Thema Datenschutz, welches mir in Zeiten verstärkten Lobbyismus und Bürgerbespitzelung durch Wirtschaft und Staat sehr wichtig erscheint. Wie stehen Sie zu den Themen Lobbyismus und Datenschutz, insbesonders, da Abgeordnete doch m.E. sehr gut mit eigenen Mitteln ausgestattet sind, um ohne Beeinflussung von Wirtschaft sich eine Meinung bilden zu können (der Bürger ist doch hoffentlich an erster Stelle?).
Mit freundlichen Grüssen
Reinhard Winzer
Sehr geehrter Herr Winzer,
vielen Dank für Ihre Anfrage.
Als Abgeordneter ist man Teil eines repräsentativen Systems. Die Abbildung möglichst vieler Interessen, die von den Mitgliedern und Akteuren innerhalb einer Gesellschaft artikuliert werden, ist dabei eine zentrale Idee der repräsentativen Demokratie. Man kann das Interessenvertretung oder Lobbyismus nennen – letztlich geht es um Teilhabe aller, die unter den Gesetzen leben, die wir gemeinsam beschließen. Es ist legitim und sinnvoll, dass die Möglichkeit besteht, mit Problemen oder Vorschlägen an Abgeordnete heranzutreten. Solange diese Möglichkeit für alle gleich gegeben ist, trägt dies dazu bei, möglichst viele Stimmen zu hören und somit politische Fragen und Entscheidungen aus verschiedenen Perspektiven betrachten zu können. Konkret gesagt: Wenn wir ein Gesetz machen, dann sollten auch diejenigen Gehör finden, die die Gesetze unmittelbar betreffen. Gerade aus diesem Grund gibt es Anhörungen etc.
Problematisch wird Lobbyismus oder Interessensvertretung aber zunehmend dann, wenn nicht an die Abgeordneten herangetreten wird, sondern die Bürger instrumentalisiert werden. Diese haben oftmals nicht die Möglichkeit eine scheinbar „gute Sache“ als weniger gute zu entlarven. So schafft es beispielsweise die Erneuerbare-Energien-Lobby in aller Regelmäßigkeit, viele Bürger zu Protestschreiben an Ihre Abgeordneten zu bewegen, obwohl es dabei eigentlich ebenfalls – wie bei der „Atomlobby“ – im wesentlichen um handfeste finanzielle Interessen geht.
Entscheidend für meine Arbeit als Gesetzgeber ist stets, gemeinsam mit meinen Mitarbeitern die vorgetragenen Argumente abzuwägen und aus den verschiedenen - meist Interesse geleiteten - Stellungnahmen herauszudestillieren, was dem Gemeinwohl am meisten dient.
Mit freundlichen Grüßen,
Klaus-Peter Willsch MdB