Frage an Klaus Kaiser von Paul K. bezüglich Öffentliche Finanzen, Steuern und Abgaben
Seit Adenauer sagen alle Politiker, man solle für´s Alter vorsorgen, daher wurde und wird die Anschaffung von Wohneigentum gefördert. Straßenbau-Beiträge kommen oft einer Enteignung gleich und pervertieren diese Form der Altersvorsorge. Zudem werden Straßen ja nicht nur von den Anwohnern, sondern von der Allgemeinheit genutzt. Zusätzlich fließen Straßenbau-Beiträge in die Mieten ein und treiben diese in die Höhe. Viele Bundesländer haben daher die ungerechte Umlage bereits abgeschafft. Laut Grundgesetz soll der Staat für gleichwertige Lebensverhältnisse in ganz Deutschland sorgen, wenn aber Menschen das zweite Standbein ihrer Altersversorgung in einigen Bundesländern genommen wird, in anderen aber nicht, wo bleibt dann die Gleichwertigkeit? Der Bund der Steuerzahler sammelte kürzlich in NRW mehr als 500.000 Unterschriften für die Abschaffung dieser Umlage, trotzdem wird dieser Wählerwunsch weiterhin ignoriert. Ist ein solches Verhalten für "Volks"-Parteien, die sich "christlich" oder "sozial" nennen, angemessen?
fragt Paul Koschel, Georgstr. 1, 59174 Kamen-Heeren
Sehr geehrter Herr Koschel,
vielen Dank für Ihre Nachricht vom 1. September 2020.
Als NRW-Koalition nehmen wir die Sorgen der Menschen ernst. Deswegen haben wir uns als erste Regierungskoalition seit 50 Jahren dem Thema angenommen und das System der Durchführung und Abrechnung kommunaler Straßenausbaumaßnahmen grundlegend reformiert.
Die Spreizung der Beitragssätze innerhalb der Kommunen und eine große Bandbreite von Prozentsätzen für die unterschiedlichen Straßenklassen sowie exponentiell gestiegene Straßenbaukosten verursachen derzeit ein Missverhältnis zwischen erbrachter Leistung und gefordertem Beitrag. Die Leistung, also Straße oder Gehweg, hat sich nicht verändert. Die Höhe, die der Einzelne dafür zu erbringen hat, schon. Diesen Handlungsbedarf auf Seiten der Beitragszahler haben wir erkannt und entsprechend gehandelt.
Mit der am 18.12.2019 verabschiedeten Gesetzesnovelle ist ein erster Schritt getan, damit Straßenausbaumaßnahmen für die Menschen in unserem Land berechenbarer, transparenter und sozialer werden.
· Wir entlasten die Anlieger um 65 Millionen Euro pro Jahr, indem wir den Beitragssatz der Bürgerinnen und Bürger halbieren.
· Wir führen ein Recht auf voraussetzungslose Ratenzahlung zum marktüblichen Zinssatz ein.
· Wenn die Zahlung dennoch eine erhebliche Härte bedeutet, kann der Straßenausbaubeitrag gestundet werden.
· Es wird künftig eine verpflichtende vorgelagerte Anliegerversammlung geben, sodass die Betroffenen über den Ausbaustandard (und somit die Kosten) ihrer Straße mitentscheiden können.
· Die Kommunen müssen künftig transparente Straßen- und Wegekonzepte aufstellen.
· Die Kommunen können künftig Beitragsermäßigungen für Eckgrundstücke sowie Tiefenbegrenzungen für große Grundstücke vorsehen.
Das System der gemischten Finanzierung der Straßenausbaubeiträge aus Steuern und privaten Beiträgen halten wir - im Einvernehmen mit den kommunalen Spitzenverbänden - für gerecht und wollen es beibehalten. Eine Finanzierung allein aus Steuermitteln belastet alle Bürger. Auch solche, die sich kein eigenes Grundstück leisten können.
Letztlich entscheiden die Kommunen. Die NRW-Koalition gibt den Rahmen zur Entlastung der Bürgerinnen und Bürger vor. Um sicherzustellen, dass wir unser Ziel erreichen, ist eine Evaluation vorgesehen.
Mit freundlichen Grüßen
Klaus Kaiser MdL