Sie sind gegen eine Cannabislegalisierung, aber Sie und ihre Partei lassen sich ständig mit Bier fotografieren. Alkohol kann bereits bei einmaligen Gebrauch tödlich sein. Ist das Doppelmoral?
Sehr geehrter Herr H.,
vielen Dank für Ihre Nachricht, zu der ich gerne wie folgt Stellung nehme.
Es liegt auf der Hand, dass übermäßiger Alkoholkonsum ein bedeutsames Risiko mit erheblichen Folgen für die Gesundheit darstellt. Dass gesundheitliche Schäden insbesondere auch in Folge des Konsums von legalen Suchtmitteln, wie Alkohol und Tabak, entstehen, rechtfertigt aus meiner Sicht keinesfalls, mit Cannabis ein weiteres Suchtmittel mit gravierenden gesundheitlichen Risiken insbesondere für junge Menschen durch eine Legalisierung gefährlich zu verharmlosen. Das Staatsministerium für Gesundheit und Pflege (StMGP) setzt sich im Falle von Alkohol in allen Altersgruppen schon lange konsequent für einen verantwortungsvollen und risikoarmen Umgang ein. Ein besonderer Fokus liegt dabei auf der Förderung des Konsumverzichts bei Kindern und Jugendlichen sowie der Erhöhung des Einstiegsalters beim Alkoholkonsum Jugendlicher. Zudem liefert der konsequente Vollzug des Jugendschutz- und Gewerberechts in Bayern einen wichtigen Beitrag zur Prävention der Alkoholsucht.
Umfassende Informationen zum Thema „Alkohol – nur verantwortungsvoll“ können der Webseite des StMGP unter https://www.stmgp.bayern.de/vorsorge/sucht/alkohol/ entnommen werden
Cannabis ist eine sehr wirksame stimmungs- und wahrnehmungsverändernde Droge, deren erhebliche gesundheitliche Gefahren längst evident sind: Hierzu zählen neben körperlichen Erkrankungen wie beispielsweise Hodenkrebs und Atemwegserkrankungen insbesondere psychische Erkrankungen wie etwa Angststörungen, Depressionen und Psychosen sowie zudem Suizidalität. Bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen sind die Risiken durch Cannabis aufgrund der noch nicht abgeschlossenen Hirnreifung besonders hoch. Aus den zahlreichen verfügbaren wissenschaftlichen Untersuchungen zu dieser Thematik kann exemplarisch auf die Ergebnisse der vom Bundesministerium für Gesundheit in Auftrag gegebenen Studie „Cannabis: Potenzial und Risiken“ (CaPRis-Studie) hingewiesen werden.
Im Hinblick auf das Sterberisiko im Kontext von Cannabiskonsum sollten daher die möglichen Folgen von psychischen bzw. körperlichen Erkrankungen bei der Bewertung mitberücksichtigt werden. Im ersten bayerischen Psychiatriebericht (2021) wird in Kapitel 3.3 der aus internationalen Studien bekannte Zusammenhang zwischen psychischen Erkrankungen und vorzeitiger Sterblichkeit umfassend dargestellt (Erster bayerischer Psychiatriebericht - 2021).
Das Robert-Koch-Institut führt beispielsweise in einem Schwerpunktbericht zur psychischen Gesundheit auf den Seiten 62 ff. aus, dass Schätzungen zufolge bis zu 90% aller Suizide im Zusammenhang mit psychischen Erkrankungen stehen. Die größte Häufigkeit haben dabei Depressionen; rund 3-4% der an einer Depression erkrankten Menschen würden an einem Suizid versterben (RKI - Psychische Gesundheit).
Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung weist zudem auf Untersuchungen hin, die zeigen, dass Selbstverletzungen, Verkehrsunfälle und Auswirkungen auf das Herz-Kreislaufsystem im Zusammenhang mit Cannabiskonsum das Sterberisiko erhöhen können (Drugcom-Cannabis).
Ich hoffe, Ihnen mit diesen Ausführungen weitergeholfen zu haben.
Mit freundlichen Grüßen
Klaus Holetschek
Mitglied des bayerischen Landtages
Staatsminister