Frage an Kirsten Kappert-Gonther von Sören G. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrte Frau Kappert-Gonther,
warum sollte ich die Grünen wählen wollen?
Die Partei verspricht, für Umwelt und Gleichberechtigung einzustehen.
Als Radfahrer in Bremen sehe ich aber eher das Gegenteil. Beispiele:
Abfahrt Richard-Boljahn-Allee/Berliner Freiheit Stadteinwärts:
Der parallel zur Alle führende Fuß- und Radweg wird durch zwei nicht gekoppelte Anforderungsampeln blockiert (was übrigens dazu führt, dass Radfaher entweder bei Rot fahren oder die falsche Seite bis hinter die Kreuzung benutzen)
Kreuzung Kurfürstenallee/Schwachhauser Heerstr. stadteinwärts
Obwohl es kaum Rechtsabbieger gibt, ist die Grünphase für Fußgänger und Radfahrer extrem kürzer als die der Linksabbieger.
Kreuzung Friedrich-Ebert-Str./Neuenlander Straße:
Obwohl in jeder Rotphase 1-2 mal der Grüne Pfeil für Rechtsabbieger leuchtet, haben die Radfahrer kürzer Grün als Autos.
Kreuzung Eduard-Grunow-Str./Am Dobben:
Ebenfalls sehr großer Unterschied in den Grünphasen von Auto und Fußgänger/Radfahrer. Bis Januar gab es an der Ampel nur ein Ampelmännchen. Mit dem neuen Gesetz hätten Radfahrer also die die Ampel der Autos beachten können. Die Grünen haben daraufhin das Ampelmännchen gegen eine Fußgänger/Radfahreampel gewechselt. Dabei führen alle Fußgängerampeln nur über Straßen, deren Autos / BSAG eh nicht fahren können, wenn die Ampel für die Eduard-Grunow-Str. grün zeigt.
Daher nochmal meine Frage: Wie passen diese Ampeln mit dem Versprechen der Grünen zusammen, für Gleichberechtigung und Umwelt zu sorgen?
Mit freundlichen Grüßen
Sören Grenzdörffer
P.S. Es sind Beispiele, keine Einzelfälle. An fast jeder Ampel Bremens werden umweltfreundliche Fußgänger und Radfahrer diskriminiert.
Sehr geehrter Herr G.,
vielen Dank für Ihre Hinweise und die daran anknüpfende Frage. Auch ich wünsche mir noch bessere Bedingungen für den Radverkehr und im Übrigen auch die Fußgänger*innen in Bremen. Nicht nur, weil auch ich meine Wege mit dem Fahrrad zurücklege, sondern weil ich davon überzeugt bin, dass eine Stadt schöner, gesünder und lebenswerter wird, wenn wir den Rad- und Fußverkehr fördern. Ihrer Kritik, dass Radfahrer*innen in Bremen strukturell diskriminiert werden, widerspreche ich allerdings deutlich.
Der grüne Verkehrssenator arbeitet seit Jahren daran, den Radverkehr in Bremen zu fördern und zu stärken, d.h. die Infrastruktur auszubauen und das Klima für den Radverkehr zu verbessern. Beispiele gibt es zahlreiche: zahlreiche neue Fahrradstraßen wurden eingerichtet (z.B. Humboldtstraße, Wachmannstr.), Radwege saniert und erneuert, die Kreuzung Herdentor/Breitenweg mit einem " roten Teppich" für Radfahrer*innen versehen, die erste Radpremiumroute („Uniroute“) gestaltet (eine weitere von HB-Nord nach Hemelingen ist in Planung), das Fahrradmodellquartier Alte Neustadt geplant und mit Fördermitteln des Bundes ausgestattet, der Stern fahrradfreundlich umgebaut. Auch an dem von Ihnen mit Beispielen unterlegten Thema "Radführung an Kreuzungen inkl. Ampelschaltungen" arbeitet das Ressort seit Jahren. Mit einem kontinuierlichen Programm werden nach und nach Kreuzungen im Sinne des Radverkehrs optimiert. Das alles tun wir mit Elan und aus Überzeugung und trotz knapper Kassen. Der Etat für den Radverkehr ist dank der Grünen gestiegen und bleibt seitdem trotz Sparhaushalten konstant.
Wir Grüne wollen die Infrastruktur für Fahrräder deutlich verbessern. Der Bund muss dabei mehr Verantwortung übernehmen. Gemeinsam mit Ländern und Kommunen bauen wir Radschnellwege und ein bundesweites Netz von hochwertigen Radfernwegen. Wir wollen die Fahrradmitnahme in allen Zügen durchsetzen. Wir werden Kaufanreize für elektrisch unterstützte Lastenräder einführen, denn sie haben im Lieferverkehr großes Potenzial. In der Straßenverkehrsordnung schaffen wir fahrradfreundliche Regeln wie zum Beispiel den „Grünpfeil“ für Radfahrer*innen. Wir laden alle ein, an der Verkehrswende aktiv mitzuwirken. Während die Große Koalition in den 1960er-Jahren stecken geblieben ist und ihre Verkehrspolitik weiterhin nur auf das Auto ausrichtet, wollen wir in ein neues, zukunftsfähiges und vielfältiges Mobilitätsangebot investieren.
Mit freundlichen Grüßen,
Dr. Kirsten Kappert-Gonther