Frage an Kevin Jonik von Marco R. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrter Herr Jonik,
Wie stehen Sie zum Thema Inklusion von Behinderten bzgl der UN-Menschenrechtskonvention für Behinderte?
Befürworten Sie ein Bundesteilhabegeld für alle Menschen mit Behinderung, dessen Höhe sich nach der Art der Behinderung und der damit zusammenhängenden notwendigen Nachteilsausgleiche richtet?
Vielen Dank für eine Antwort und viele Grüße
Marco
Lieber Marco,
ich kann mir kaum vorstellen, dass ein Wähler allein auf der Basis der hier vorgegebenen Fragen in der Lage ist, sich ein Gesamtbild des Kandidaten und der von ihm vertretenen Ziele zu verschaffen. Allein deshalb bereits für das gezeigte Interesse vielen Dank!
Grundsätzlich schicke ich voraus, dass die Position der UNO, wenn auch positive nationale Gesetzesregulierungen per Rahmenbedingungen vorzugeben, zentralistisch und deshalb durchaus bedenklich ist.
Ich stehe jedem Mangel in unserer Gesellschaft sehr kritisch gegenüber. Kritisch deshalb, um den Überblick zu wahren und beide Seiten eines Konfliktes eher zusammen zu führen als mich auf eine Seite ziehen zu lassen. Ich verachte das Prinzip „divide et impera“ (teile und herrsche).
Auf Grund meiner Recherche stelle ich grundsätzlich fest, dass Inklusion, trotz Bekenntnis zur UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen, nur schwerlich bzw. teilweise Umsetzung findet.
Im soziologischen Sinne bemängele ich das ganz klar, insbesondere deshalb, da sich dies durch viele kleinere Maßnahmen bewerkstelligen lässt und Maßnahmen mit größerem Umfang nicht nur Nutzen für Menschen mit Behinderung sondern für die gesamte Bevölkerung stiften. Beispielhaft sei hier der Ausbau des öffentlichen Verkehrsnetzes erwähnt, der auch den Gestaltungsspielraum des täglichen Lebens für Rentner und Familien erweitert.
Im pädagogischen Sinne sei meine bereits bekundete, heftige Kritik am bestehenden Schulsystem erneut erwähnt. Hier ist es ebenfalls möglich und deshalb meinerseits ebenfalls gefordert, durch einfache Maßnahmen wie einem barrierefreien Schulgebäude, Lehrer die auch gebärden und Schulbücher, die ebenfalls in Brailleschrift verfasst sind, Menschen mit Behinderung in den Schulalltag zu integrieren. Das natürlich vorhandene Interesse von Kindern und der Drang dieser, Neues zu erschließen, vervollständigt im Folgenden selbständig eine inklusive Schulidee, die als Basis einer inklusiven Gesellschaft dient. Bei kognitiven Schwächen ist der Grad dieser entscheidend. Inklusion muss hier auch den Umstand berücksichtigen, dass ggf. zusätzlicher Betreuungsaufwand notwendig ist, der andere im Lernen begrenzen kann.
Ich halte das Bundesteilhabegeld für die falsche Umsetzung der richtigen Idee, da es erneut einen Sonderstatus schafft, der, extrem ausgelegt, sogar der Idee der Inklusion widerspricht. Sonderstatus bilden außerdem die Grundlage für polarisierende Meinungsmache, die eine Gesellschaft nur spaltet und somit zu soziologischer und finanzieller Verelendung führt, siehe auch Hartz IV. Ich spreche mich klar für ein Grundeinkommen aus, um eine Lebensgrundlage eines jeden unabhängig eines Verwaltungsaktes zu schaffen. Dies hätte ebenso eine wünschenswerte Umgestaltung des Arbeitsmarktes zur Folge, die ich auch bereits an anderer Stelle fördere. Dazu muss jedoch auch das Geldsystem auf andere Füße gestellt werden.
Gesellschaftliche Probleme sind Herausforderungen, denen es sich im Grund zu stellen gilt. Bisher wird meines Erachtens zu viel an den Symptomen herumgedoktert ohne den eigentlichen Ursachen zu begegnen. Das ist m.E. Palliativtherapie und die hat bekanntlich nur ein Ergebnis.
Gern bin ich auch bereit, in einem Gespräch Fragen tiefergehend zu beantworten, was an der Stelle nur begrenzt möglich ist.
Viele Grüße,
Kevin Jonik