Frage an Kerstin Andreae von Kanstansin K. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Frau Andreae,
es gibt eine massive Armutseinwanderung. Ich senden Ihnen hierzu einen Link mit:
Was tut die EU, um die Armut in Bulgarien und Rumänien zu lindern?
Warum nimmt die EU hin, dass beide Länder diese Bevölkerungsgruppe diskriminieren?
Nimmt die EU Serbien und andere Problemländer auf bzw. ist Ihre Fraktion dafür?
Wie man sehen kann, sind jetzt schon viele Städte mit der Armutszuwanderung überfordert.
Mit freundlichen Grüßen
Kanstansin Kavalenka
Sehr geehrter Herr Kavalenka,
die Europäische Union sollte grundsätzlich allen europäischen Ländern offen stehen, wenn sie die sozialen und ökonomischen Grundvoraussetzungen erfüllen.
Gerade mal 9,3 Prozent aller in Deutschland lebenden Rumänen und Bulgaren bezogen Ende des vergangenen Jahres Sozialleistungen. Sie liegen damit deutlich unter dem Durchschnitt der ausländischen Bevölkerung (15,9 Prozent). Seit 2007 sind Rumänien und Bulgarien in der EU. Das heißt, ihre Einwohner können sich völlig legal in der EU bewegen, sie sind also keine Armutsflüchtlinge. Im vergangenen Jahr wanderten 71.000 Menschen aus den beiden EU-Armenhäusern nach Deutschland ein. Wie viele davon zu den Roma gehören, die vor allem unter der Wirtschaftskrise in ihrer Heimat leiden, ist nicht bekannt. In der gesamten EU müssen die Bemühungen verstärkt werden, der weiterhin besorgniserregenden Situation der Roma entgegenzutreten und die Ziele der EU-Roma-Strategie auch tatsächlich zu erreichen. Dabei sollten Zivilgesellschaft und Roma-Organisationen viel stärker eingebunden werden. In diesem Zusammenhang braucht es zunächst eine weitreichende Sensibilisierung gegen die weit verbreiteten Vorurteile gegenüber Roma, denn diese stehen einer Teilhabe der Roma an den geplanten Prozessen oftmals im Weg.
Die von der EU über unterschiedliche Strukturfonds zur Verfügung gestellten Gelder müssen auch abgerufen werden, möglichst in vollem Umfang. Da es in vielen Ländern häufig am politischen Willen, am Wissen um die Fördergelder oder am Verständnis der komplizierten Beantragung scheitert, sollte die EU ihre Anstrengungen bei der Sensibilisierung und Hilfestellung deutlich steigern. Außerdem muss strenger geprüft werden, ob das Geld auch dort landet, wo es landen soll.
Ohnehin sollte die EU-Kommission als „Hüterin der Verträge“ sehr viel stärkere Kontrolle über die Mitgliedsstaaten ausüben. Zwar fand sie in den 2012 und 2013 vorgestellten Berichten über die Umsetzung der EU-Roma-Strategie recht deutliche Worte. Wenn es aber auch weiterhin bei Worten bleibt, wird sich nur wenig ändern. Alle der Kommission zur Verfügung stehenden Maßnahmen, insbesondere eine Kontrolle über die rechtlich bindende EU-Antirassismus-Richtlinie, müssen genutzt werden. Das würde es der EU auch ermöglichen, einen großen Fehler der EU-Roma-Strategie gerade zu bügeln und eine grüne Forderung nachträglich zu erfüllen: So werden Anti-Ziganismus und Rassismus in der EU-Roma-Strategie bedauerlicherweise nur in Nebensätzen erwähnt, obwohl es sich bei beiden um grundlegende Ursachen der Diskriminierung gegen Roma handelt.
Schließlich fordern wir ein Ende der zutiefst pauschalisierenden Rhetorik und Politik der Bundesregierung, allen voran des Innenministers Friedrich und seines bayerischen Amtskollegen Herrmann. Statt unterschiedslos gegen Asylsuchende aus dem Westbalkan und Roma Stimmung zu machen, statt die Städte und Kommunen mit besonderen Integrationsherausforderungen im Stich zu lassen, braucht Deutschland eine lösungsorientierte und sachliche Politik. Dazu gehört auch ein entschiedenes Vorgehen gegen Anti-Ziganismus durch politische Reformen und Aufklärung sowie eine grundlegende Überarbeitung des seit den 90ern allein auf Abschottung und Abschreckung ausgelegten deutschen Asylrechts.