Frage an Kay Herrmann von Sven K. bezüglich Landwirtschaft und Ernährung
Sehr geehrter Herr Herrmann,
ländliche Regionen in SH sind derzeit trotz erheblicher Überkapazitäten in der Fleischerzeugung der Schauplatz eines massiven Ausbaus von Intensivtierhaltungsanlagen. Dies wird von vielen gar nicht wahrgenommen, birgt aber m. E. erhebliche Gesundheits- und Umweltgefahren, die nicht wieder gutgemacht werden können. Der Tierschutz bleibt ohnehin auf der Strecke.
Was werden Sie bzw. Ihre Partei im Falle einer Regierungsbeteiligung ganz konkret unternehmen, damit Schweinen nicht mehr vorbeugend die Schwänze amputiert und Geflügel nicht mehr die Schnäbel abgebrannt werden wie es in der Intensiv-Tierhaltung heutzutage (durch anscheinend generelle! Ausnahmeregelungen) üblich ist, um bei durch nicht artgerechte Haltungsbedingungen häufige Aggressionen die Verletzungen zu mindern?
Mit welchen ganz konkreten Maßnahmen gedenken Sie vor dem Hintergrund von Waldschäden, erheblichen Geruchsbelastungen im ländlichen Raum und für die Natur schädlichen Stickstoffeinträge durch die Ausbringung immer größerer Güllemengen aufgrund der zunehmenden Industrialisierung in der Landwirtschaft- die Ammoniakemissionen aus der industriellen Tierhaltung auf das Maß zurückzuführen, auf welches sich die Bundesregierung gegenüber der EU vertraglich verpflichtet hat und derzeit nicht einhält?
Mit welchen ganz konkreten Maßnahmen werden Sie konkret Verbraucher und Anwohner von industriellen Tierhaltungsbetrieben vor den gesundheitlichen Folgen von in Gülle, Boden, Stallabluft und sogar im Fleisch nachgewiesenen resistenten Keimen (MRSA, Klebsiellen, ESBL, etc.) und Medikamentenresten in Gülle und Boden schützen? Wie bewerten Sie diese Risiken, sehen Sie angesichts der Parallelen zu den Krankenhauskeimen in diesen sogenannten Zoonosen eine Gesundheitsgefahr?
Mit freundlichen Grüßen,
Sehr geehrter Herr Sven Koschinski,
DIE LINKE setzt sich für eine tiergerechte und ethisch vertretbare Tierhaltung ein. Tierschutz ist als Staatsziel im Grundgesetz verankert. In den Ausschüssen des Deutschen Bundestages ist der Tierschutz dem Landwirtschaftsbereich zugeordnet, wobei der Tierschutz natürlich ebenso für Wild-, Heim- und Versuchstiere gilt. Sie alle sind schützenswerte Mitgeschöpfe. Besonders für Nutztiere tragen wir Menschen eine besondere Verantwortung.
Allein in der Landwirtschaft werden in Deutschland 12 Mio. Rinder gehalten und pro Jahr rund 55 Mio. Schweine gemästet. Die tierhaltenden Betriebe werden immer größer und die Tierhaltung industrieller. Permanente Stallhaltung in Großanlagen setzt sich für viele Bereiche in der Tierhaltung weiter durch. Dabei ist die industrielle Massentierhaltung weder tiergerecht noch ethisch vertretbar. Sie geht in der Regel mit Umweltbelastung (z.B. Gülle, Transporte, etc.) und Arbeitsplatzvernichtung auf kleineren, zumeist bäuerlichen Betrieben einher. Alte landwirtschaftliche Nutztierrassen sterben aus. Ständige Effizienzsteigerungen zur Kostenminimierung gefährden eine tiergerechte Mindestversorgung und Betreuung.
Tierschutzkriterien für Stalleinrichtungen und das Tierschutzsiegel auf Lebensmitteln liegen zurzeit auf Eis. Statt endlich gemäß Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 1999 die Käfigbatterien für Legehennen zu verbieten, werden sie durch die Hintertür in der sogenannten Kleingruppenhaltung in Käfigen wieder eingeführt. Tiertransporte werden immer noch zu wenig kontrolliert und dauern zu lange. Weder auf EU- noch auf Bundesebene konnten wirkliche Fortschritte erreicht werden.
Die Haltung von Versuchstieren in Forschung und Industrie nimmt weiter zu. Besonders problematisch ist das für die Forschung im Bereich der Agro-Gentechnik. Alternativen zu Tierversuchen werden nicht ausreichend gefördert. Fast sieben Jahre, nachdem der Tierschutz in das Grundgesetz aufgenommen wurde, gibt es nach wie vor keine Möglichkeit für anerkannte Tierschutzverbände zu klagen.
Im Tierschutz zeigt die Bundesregierung wenig Engagement, es muss mehr getan werden: in der landwirtschaftlichen Nutztierhaltung, bei den Tiertransporten, bei den Tierversuchen, bei Zirkustieren, in Delfinarien und im Artenschutz (Erhalt von Lebensräumen).
Unsere Vorschläge
■ Auch die Haltung von Legehennen in Kleingruppen muss verboten werden, nach dem die Käfighaltung heute illegal ist.
■ Neue hohe Standards für die Massentierhaltung müssen eingeführt werden.
■ Wir unterstützen Prüf- und Zulassungsverfahren für Stalleinrichtungen aller in der Landwirtschaft gehaltenen Nutztierrassen. Zusätzlich sollten diese auch für Stalleinrichtungen von Heimtieren gelten.
■ Die betäubungslose Kastration männlicher Ferkel muss untersagt werden. Alternativen sind bereits heute ausreichend vorhanden. Parallel muss die Forschung zum völligen Verzicht auf die chirurgische Kastration intensiviert werden.
■ Lebendtiertransporte von mehr als vier Stunden dürfen nicht mehr durchgeführt werden. Stattdessen sollen Schlachtkörper transportiert werden.
■ Es muss ein dichteres Netz kleiner regionaler Schlachthöfe geschaffen werden.
■ Im Bereich Tierversuche fordert DIE LINKE einen Paradigmenwechsel. Tierversuche müssen im Grundsatz verboten und nur in Ausnahmefällen genehmigt werden. Alternative Testmethoden sind nachdrücklicher zu erforschen.
■ DIE LINKE setzt sich für ein Tierschutzsiegel auf Lebensmitteln ein.
■ DIE LINKE setzt sich seit Jahren für das Verbandsklagerecht für anerkannte Tierschutzvereine ein. Nur so kann das Interesse der Tiere auf die Freiheit von Leiden und Schmerzen geschützt werden.
■ Die Haltung von Wildtieren in Zirkussen ist zu verbieten, ebenso in Delfinarien.