Frage an Katrin Kunert von Udo P. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrte Frau Kunert,
in Bergisch-Gladbach findet zur Zeit ein Hungersteik von Contergangeschädigten für bessere Lebensbedingungen statt ( http://www.conterganhungerstreik.de ). Bisher haben sich weder Die Regierung, noch Vertreter der Firma Grünenthal zu einem Gespräch bereit erklärt.
Die derzeit gezahlten Renten reichen bei Weitem nicht aus, um allein die durch Contergan entstehenden Kosten zu decken. Eine Entschädigung für die zu ertragenden Schmerzen und Beeintächtigungen haben wir bisher eigentlich noch garnicht erhalten.
Ich denke, es ist endlich an der Zeit, dass uns gerechte und angemessene Leistungen gezahlt werden. Damit könnten wir, zumindest finanziell gesehen, ein Leben führen, wie wir es ohne die von Grünenthal aufgezwungene Behinderung täten.
Ich bitte um Stellungnahme, wie Sie zum Problem der Contergangeschädigten stehen und wie Sie das Verhalten der Firma Grünenthal bewerten.
Mit freundlichen Grüßen
Udo Pitzing
Sehr geehrter Herr Pitzing,
ganz persönlich sichere ich Ihnen meine volle Solidarität und Unterstützung bei Ihrem Kampf für Gerechtigkeit und ein selbstbestimmtes Leben der Contergangeschädigten zu.
Mit dem seit Tagen und nun schon Wochen dauernden Hungerstreik in Bergisch-Gladbach wird sehr eindringlich auf die Situation der noch lebenden 2.800 Contergangeschädigten und ihrer Angehörigen aufmerksam gemacht. Die Wut und Verzweiflung ist mir verständlich, unakzeptabel das Schweigen der Bundesregierung.
Daran ändern auch die Verdopplung der sogenannten Conterganrenten seit dem 1. Juli 2008, die in Aussicht gestellten Parkplatzerleichterungen sowie mögliche Einmalzahlungen aus den 50 Millionen Euro Schadenverursachers Grünenthal GmbH nicht viel. Rechnet man das Geld auf jeden herunter; ist damit noch nicht einmal ein ordentlicher Zusatz bezahlbar, geschweige denn eine umfassende Teilhabeermöglichung, Gesundheitsversorgung und Alterssicherung.
Ich erwarte, dass die Bundesregierung und die Familie Wirtz kurzfristig das Gespräch mit Ihnen suchen und Bundesfamilienministerin von der Leyen in der nächsten Sitzung des zuständigen Familienausschusses am 15. Oktober 2008 akzeptable Vorschläge für Contergangeschädigte auf den Tisch legt. Notwendig sind m.E. sowohl weitere Veränderungen über die Contergan-Stiftung, als auch im allgemeinen Behinderten- und Sozialrecht.
Bekanntermaßen werden die sogenannten Renten der Contergan-Opfer nicht als Einkommen angerechnet. Das könnte -- wenn der Zahlbetrag entsprechend hoch wäre -- vorbildlich für Nachteilsausgleichsleistungen für alle Menschen mit den verschiedensten Beeinträchtigungen sein. Ein Problem betrifft allerdings nicht nur die Contergan-Opfer, sondern alle Menschen, die auf Pflege und/oder Assistenz angewiesen sind. Die ihnen zustehenden Leistungen, egal nach welchem SGB, sind nicht bedarfsdeckend. Sie werden nicht annähernd den Ansprüchen der UN-Konvention über die Rechte der Menschen mit Behinderungen gerecht und sie sichern nicht die volle Teilhabe am gesellschaftlichen Leben.
Deswegen engagiert sich DIE LINKE nicht nur für bessere Leistungen aus der Contergan-Stiftung, sondern auch für ein für alle Menschen mit Behinderungen geltendes Nachteilsausgleichsgesetz (Drucksache 16/3698) sowie "Für eine humane und solidarische Pflegeabsicherung"(Drucksache 16/7472)
Abschließend möchte ich Ihnen meine Zusicherung für die Unterstützung Ihres Anliegens geben.
Mit solidarischen Grüßen
Katrin Kunert