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Katrin Göring-Eckardt
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Frage von Eva Maria S. •

Frage an Katrin Göring-Eckardt von Eva Maria S. bezüglich Soziale Sicherung

Zum Thema "Tabu Freitod- wer hat das Recht Leben zu beenden?

Ich bin Deutsche, und darum möchte ich meine Meinung hierzu kund tun.
Hierzu möchte ich sagen, da ich nicht weis, inwieweit Sie mit diesem Thema im nahen Famlienkreis betroffen sind, nicht mit den Augen der Politik und des Gesetzes sehen, sondern mit den Augen des Herzens.

Dieses Recht nimmt sich heute fast jeder Oberste in Politik und Wirtschaft, die Menschen zu einem Freitod oder durch Ihren Druck auf den Menschen in den Tod (siehe Herzinfarkt usw.) zu treiben.

1.) Ich habe es selbst erfahren mit meinem Mann, wenn ein Mensch, der noch EIN GEWISSEN hat, so unter Druck gerät, dass er nur noch arbeitet und dann einen Herzinfarkt erleidet, an dem er stirbt.
(Zurück blieb ich mit 4, zum Teil kleinen Kindern) Es ist kein "ach wie bin ich arm" sondern die Tatsache für viele Tausende Frauen.

2.) Meine Mutter hat, kurz bevor sie nicht mehr in der Lage war (April 2002) selbst zu entscheiden (September 2002) eine Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung unterzeichnet, dass mir als ihre Tochter unheimlich vieles erleichtert hat. (Debatten mit Krankenhäusern, Ärzten usw.) Sie konnte dann in WÜRDE UND ACHTUNG sterben, da sie auf jegliche lebenverlängerten Massnahmen verzichtet hat, diese nicht wollte. Sie konnte die letzten Wochen nicht mehr Essen und Trinken.

Als Politikerin bitte ich sie, schaffen Sie GENUG Personal und BESTE Bezahlung für diese Menschen. ( Ich sag es als Krankenschwester)

Ich möchte Sie als Theologien fragen, ob ein Sterben in Würde (gleich ohne Schmerzen) und vielleicht mit Hilfe(?) nicht würdevoller ist, als ein jahrelanges Siechtum (für alle Beteiligten)?

Ich habe Beides mit BITTERER ERFAHRUNG erleben müssen. Möchte aber noch eines klarstellen, ich bin katholisch mit vielen Ämtern in der Pfarrei betraut.
Die Entscheidung ich WILL STERBEN , bei Menschen, die noch klar denken können, sollte schon denen überlassen bleiben.

Mit freundlichen Grüßen
Eva Maria Seidl

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Antwort von
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Sehr geehrte Frau Seidl,

danke für Ihre Mail. Sie fragen, ob ein Sterben in Würde, vielleicht mit Hilfe, nicht würdevoller ist, als ein jahrelanges Siechtum. Wir sind uns sicher darin einig, dass in jedem einzelnen Fall eines schwer kranken oder sterbenden Menschen alles getan werden muss, um seine Schmerzen zu lindern, ihn bestmöglich zu pflegen und ihm beizustehen. Um diese Hilfe geht es mir. Durch Palliativmedizin und der Hospizbewegung wird hier schon viel geleistet. Gleichwohl müssen die Bedingungen und Umstände am Lebensende in verschiedenen Bereichen noch deutlich verbessert werden. Die Einstellung von genügend Personal in Krankenhäusern und Pflegeheimen und deren angemessene Entlohnung, die Sie ansprechen, ist einer davon.

Die Entwicklung der Intensivmedizin stellt uns heute vor besondere Herausforderungen. So oft Leben durch sie gerettet werden kann, so schwer wird es in vielen Fällen, Sterben zuzulassen, wenn die Zeit dafür gekommen ist. Diesen Punkt zu erkennen, zu akzeptieren und auch loszulassen, fällt vielen Ärztinnen und Ärzten und nicht zuletzt den Angehörigen schwer. Dann ist es gut, wenn jemand darum weiß, welche Wünsche der schwer Kranke hat und welche Vorstellung, wie zu handeln ist, wenn bestimmte Situationen im Verlauf der Krankheit eintreten. Sie schreiben, dass Sie diese Erfahrung selbst gemacht haben. Ich halte die Instrumente der Patientenverfügung und vor allem die der Vorsorgevollmacht für sehr hilfreich, um am Lebendende dem Willen und den Wünschen des Sterbenden gerecht werden zu können.

Darin, den natürlichen Verlauf des Sterben zuzulassen und nicht durch Intensivmedizin hinauszuzögern und in bestmöglicher Unterstützung und Begleitung Sterbender besteht meiner Auffassung nach Hilfe am Lebensende. Den Wunsch eines schwer kranken Menschen danach, Sterben zu wollen, begreife ich Auftrag, seine Schmerzen zu lindern, sein Leiden nicht zu verlängern und ihm bis zuletzt beizustehen. Den Tod aktiv herbeizuführen kommt für mich hingegen nicht in Frage. Diese Auffassung vertrete ich auch aus meiner christlichen Überzeugung heraus, auf die Sie mich angesprochen haben.

Mit vielen Grüßen,
Katrin Göring-Eckardt

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