Frage an Katrin Göring-Eckardt von Hubert S. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie
Sehr geehte Frau Göring-Eckardt,
in der Presse wird immerwieder über den Lehrermangel berichtet. Jetzt wird die Zahl von 40.000 genannt.
Ich habe die an Sie die Frage:
Wie kann es dazu kommen, dass bei langjährigen Planung durch unsere Kultusminister, solche Fehlentwicklungen erfahren müssen?
Es ist doch schon lange (über Jahre) bekannt, dass im Schulberuf Angestellte und Beamte in den kommenden Jahren in Ruhestand gehen.
Auch wird schon immer beklagt, dass die Klassengrössen nicht dem heutigen Wissensstand gerecht werden können.
Haben unsere Kultusminister wirklich keine Ahnung von der Realität?
Bitte mischen Sie mal die Kultusminister auf!
Was tun Sie dagegen?
Was kann ich dagegen tun?
Ich bin Ihnen schon heute für eine Beantwotung dankbar.
Mit besten Grüssen
Hubert Sumser
Sehr geehrter Herr Sumser,
das von Ihnen angesprochene Problem, dass es absehbar zu wenig Lehrerinnen und Lehrer gibt, treibt auch unsere Partei um.
Zur derzeitigen Situation, dass absehbar mehrere zehntausend qualifizierte Lehrerinnen und Lehrer fehlen, haben verschiedene Faktoren beigetragen. Die Kultusministerien und die Kultusministerkonferenz kann man dafür in unterschiedlichem Maß verantwortlich machen: So hat es in einigen Ländern Frühpensionierungswellen gegeben, die nicht abgefedert wurden. Gleichzeitig erscheint vielen jungen Menschen der Lehrberuf nicht attraktiv genug, um ein entsprechendes Studium aufzunehmen. Mangelnde inhaltliche und organisatorische Strukturierung des Lehramtsstudiums innerhalb der Hochschulen führt zu vielen Studienabbrüchen und für die Absolventen sind dann oft nicht einmal ausreichend Referendarstellen vorhanden. Leider haben die Kultusministerien in Ländern hier nur unzureichend reagiert und die Probleme deshalb nicht rechtzeitig gelöst. Nun kommt es aber darauf an, für die Ausbildung der Schülerinnen und Schüler in den nächsten Jahren und Jahrzehnten genügend gut ausgebildete und motivierte Pädagoginnen und Pädagogen zu haben.
Bündnis 90/ Die Grünen setzen sich für das längere gemeinsame Lernen und die Abschaffung des Sitzenbleibens ein. Individuelle Förderung und das Lernen miteinander und voneinander sind der Weg zu mehr Leistung und Chancengerechtigkeit. Das derzeitige Schulsystem grenzt aus und bestraft und nimmt vielen Kindern schon früh die Lust am Lernen. Wir wollen ein flächendeckendes Angebot an echten Ganztagsschulen bis 2020 bereitstellen. Dazu muss noch in diesem Jahr eine Fortsetzung des rot-grünen Ganztagsschulprogramms beschlossen werden.
Wir wollen die Schulen ausreichend ausstatten und ihnen die Freiheit geben, selbst zu entscheiden, wie sie die vorgegebenen Bildungsziele erreichen. Im fächerübergreifenden Unterricht und mit gemischten Teams aus LehrerInnen, ErzieherInnen und SozialpädagogInnen wollen wir auch den Anteil von Männern in der pädagogischen Arbeit steigern.
Bündnis 90/ Die Grünen wollen mehr und besser ausgebildete Lehrerinnen und Lehrer. Hier sind die Länder gefordert, mehr Studierende besser auszubilden. Wir halten es für sinnvoll, vor Aufnahme des Lehramtsstudiums verpflichtende Selbsttests einzuführen, die den Studieninteressierten insbesondere eine gute Rückmeldung geben über ihre Erwartungen, Neigung und Eignung. Ein verbindliches Praktikum, während des ersten Teils des Studiums muss ebenfalls für die Reflektion der Eignung genutzt werden. So können die Abschlussquoten im Lehramtsstudium verbessert werden. Für den Erhalt der Berufsfähigkeit sind kontinuierliche Fortbildungen, fachlich wie auch auf die individuelle Entwicklung orientiert, genauso wichtig wie ein gutes und vorausschauendes Personalmanagement der Schulleitungen. Lehrerinnen und Lehrer müssen nach unserer Auffassung keinen Beamtenstatus haben. Die Bildung von Kindern ist keine klassische hoheitliche Aufgabe, für die "Staatsdiener" gebraucht werden. Lehrerinnen und Lehrer sollen gut ausgebildet sein, sich fortbilden und sich immer wieder neu den Herausforderungen des schwierigen Berufes stellen. Sie müssen die Möglichkeit haben, aus dem Schuldienst auszuscheiden und einen anderen Arbeitsplatz zu suchen, wenn sie dies nicht mehr wollen oder können. Genauso brauchen wir künftig mehr qualifizierte Seiteneinsteigerinnen und -einsteiger, um die Lehrerknappheit zu überwinden. Sie können mit anderen Lebenserfahrungen und zusätzlichen Qualifikationen die pädagogischen Teams ebenso wie die Schulleitungen so zusätzlich bereichern. Außerdem sollten mehr Menschen mit Migrationshintergrund für die pädagogischen Berufe geworben werden.
Aufgrund der Pensionierungen in den nächsten Jahren sind solche Seiteneinsteigerprogramme notwendig, um zusätzliche Lehrkräfte zu gewinnen. Die Bundesländer dürfen die Personaldecke nicht zu dünn ansetzen, denn in den nächsten fünf Jahren steht eine große Pensionierungswelle an. Deswegen müssen die Länder jetzt über Bedarf Lehrerinnen und Lehrer ausbilden und die nötigen Referendarstellen bereitstellen. Dies gilt ganz besonders für die Neuen Länder.
Mit freundlichen Grüßen
Büro Katrin Göring-Eckardt