Frage an Katrin Feldmann von Fritz G. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Sehr geehrte Frau Feldmann,
um zukünftige kriegerische Auseinandersetzungen zu vermeiden möchte ich Sie kennen lernen und Ihre vergangene Position zum Einsatz deutscher Soldaten in Afghanistan erfragen - zwischen Trittin und Ströbele tun sich ja Welten auf...
Mit freundlichen und grünen Grüßen
F. G.
Sehr geehrter Herr G.,
vielen Dank für Ihre Frage zum Themenkomplex Auslandseinsätze der Bundeswehr und im besonderen Afghanistan.
Im Bereich der Sicherheitspolitik setzte ich auf das Primat Krisenprävention und zivilen Konfliktlösung, die Stärkung der Vereinten Nationen. Für mich, wie für uns als Partei, ist militärische Gewalt immer ein Übel. Aber manchmal gibt es die Notwendigkeit zu militärischer Intervention, eine Schutzverantwortung der internationalen Gemeinschaft, die an enge Regeln gebunden ist. Die Bundeswehr ist eine Parlamentsarmee, es bedarf also eines Mandats durch den Bundestag - und das ist gut so und muss so bleiben. Wichtig ist die Kombination von militärischen Einsatz und ziviler Gesamtstrategie.
Zu diesem Themenkomplex inkl. dem von Ihnen angesprochenen Afghanistaneinsatz, möchte Ihnen mit den Worten unseres Wahlprogramms (S.86/87) antworten. Als Delegierte zu unserem Wahlparteitag, habe ich auch diesen Passus aus voller Überzeugung mutgeschlossen.
„ 3. Stärke des Rechts statt Recht des Stärkeren
Wir GRÜNE setzen auf die Stärke des Rechts statt auf das Recht des Stärkeren. Die Anerkennung des Gewaltmonopols der Vereinten Nationen ist eine Voraussetzung dafür. Die VN sind aber nur so stark,wie ihre Mitgliedstaaten es erlauben. Deshalb setzen wir uns dafür ein, dass Deutschland sich im Rahmen der VN, ihrer Unterorganisationen sowie regionaler Organisationen wie der OSZE stärker nan
ziell und personell engagiert.
Wir sind davon überzeugt, dass dauerhafter Frieden nur politisch, nicht militärisch erreicht werden kann. Deswegen sind zivile Krisenprävention und zivile Konfiktbearbeitung zentrale Anliegen grüner internationaler Politik. Sie sind heute wichtiger denn je und gehören ins Zentrum der deutschen Außenpolitik. Wir wollen außerdem eine konsequente Friedenserziehung fördern.
Wir setzen uns dafür ein, die zivile Krisenprävention nanziell und strukturell zu stärken. Dazu fordern wir ein strategisches und kohärentes Handeln in allen Ressorts und Politikbereichen, das von einem Nationalen Rat für Frieden, Nachhaltigkeit und Menschenrechte überprüft wird. Wir wollen die Verbesserung von Frühwarnungs-, politischen Analyse- und Mediationskapazitäten. Die Arbeitsfähigkeit von zivilgesellschaftlichen Organisationen wollen wir stärken und das Kapital der Deutschen Stiftung Friedensforschung erhöhen.
Notwendig ist auch der planmäßige Ausbau schnell verfügbarer Polizei-, Rechtsstaats- und Verwaltungsexpert*innen. Der Aktionsplan zur Umsetzung der VN-Resolution 1325 zum Schutz von Frauen und Mädchen in bewaffneten Kon ikten und zur gleichberechtigten Einbindung von Frauen in die Krisenprävention, Kon iktbewältigung und Friedenskonsolidierung muss nanziell unterfüttert und wirkungsorientiert ausgerichtet werden. Wir wollen, dass Deutschland Mitglied im Europäischen Friedensinstitut wird und bei den Vereinten Nationen und in der EU einen Freundeskreis für Krisenprävention initiiert. Friedensmissionen der Vereinten Nationen, der EU und der OSZE leisten weltweit einen wichtigen Beitrag zur Kon iktbearbeitung und Friedenssicherung.Wir wollen die deutschen zivilen und militärischen Beiträge in die-sen Missionen erhöhen.
Die Anwendung militärischer Gewalt ist immer ein Übel. Wir erkennen jedoch an, dass es Situationen gibt, in denen militärische Gewalt unter eng begrenzten Bedingungen als äußerstes Mittel gerechtfertigt sein kann. Das Konzept der Schutzverantwortung der VN besagt, dass es Aufgabe der internationalen Gemeinschaft ist, aktiv zu werden, wenn nationale Regierungen nicht in der Lage oder willens sind, Menschen vor schweren Menschenrechtsverbrechenzu schützen.
An erster Stelle muss immer die Prävention stehen, also das Verhindern gewaltsamer Entwicklungen. Wir GRÜNE stehen zu einer Kultur der militärischen Zurückhaltung und für den Primat des Zivilen. Wir machen uns die Entscheidung über Militäreinsätze niemals einfach, sondern prüfen mögliche Mandate kritisch und sorgfältig. Für uns gilt die VN-Charta. Wir werden Einsätzen der Bundeswehr nur mit einem Mandat der Vereinten Nationen zustimmen. Einsätze müssen grundgesetzkonform sein, das heißt nicht in verfassungswidrigen Koalitionen der Willigen, sondern im Rahmen eines Systems kollektiver Sicherheit wie den Vereinten Nationen, der Europäischen Union oder der NATO statt nden. Es bedarf eines präzisen und umfassenden Mandates durch den Bundestag und einer sorgfältigen Abwägung der Gefahren, Chancen und Risiken. Ein militärischer Einsatz der Bundeswehr muss in eine umfassende zivile Gesamtstrategie und in klare Konzepte für die Zukunft des betroffenen Staates eingebettet sein.
Um strategische oder politische Fehler, wie beim Afghanistan-Einsatz, zu vermeiden, müssen komplexe internationale Friedenseinsätze permanent auf ihre Ziele, Wirksamkeit und Mittel hin überprüft und angepasst werden. Deshalb fordern wir klare Prüfkriterien für Auslandseinsätze und eine unabhängige Evaluierung.
Unrecht muss aufgearbeitet werden, deshalb unterstützen wir Anstrengungen zur Aussöhnung und die Arbeit des internationalen Strafgerichtshofs. Die Kapazitäten deutscher Behörden, Kriegsverbrechen nach dem Weltrechtsprinzip konsequent zu verfolgen, sol-len gestärkt werden.
Eine Blockade des VN-Sicherheitsrats bei zentralen Entscheidungen droht das Völkerrecht und die VN zu schwächen und muss überwunden werden. Die Vereinten Nationen müssen wieder handlungsfähiger werden. Im Falle einer anhaltenden Blockade des VN-Sicherheitsrats sollte die Generalversammlung der VN das Recht beanspruchen, mit quali zierter Mehrheit den Sicherheitsrat für blockiert zu erklären und an seiner Stelle friedenserzwingende Maßnahmen nach Kapitel VII der VN-Charta zu beschließen. Gleichzeitig sollte der Sicherheitsrat so reformiert werden, dass sich das Gleichgewicht zwischen den Mitgliedstaaten verbessert.
Wir wollen auch in diesem Zusammenhang die Vereinten Nationen politisch und materiell stärken und unterstützen. Die Unterstützung der Ziele und Missionen der Vereinten Nationen ist einewichtige Aufgabe der Bundeswehr. Die Bundeswehr muss VN-fähiger und europatauglicher werden. Für diese Herausforderungen muss die Bundeswehr gut ausgestattet sein. Dafür braucht es aber keine Erhöhung des Verteidigungsetats, sondern klare sicherheitspolitische Prioritäten, mehr europäische Zusammenarbeit und ein Ende der ineffzienten Beschaffungspolitik der letzten Jahre. Es muss endlich Schluss damit sein, dass mit industriepolitisch motivierten Prestigerüstungsprojekten und Wahlkreiswünschen einzelner Abgeordneter Steuergelder verbrannt werden.
Es hat sich bewährt, dass die Bundeswehr eine Parlamentsarmee ist. Wir lehnen alle Pläne zur Einschränkung des Parlamentsvorbehaltes ab und wollen die Kontroll- und Mitwirkungsrechte des Bundestages ausbauen. Wir wollen die innere Führung und den Aufklärungswillen bei Missständen in der Bundeswehr stärken und setzen auf mehr staatsbürgerliche und politische Bildung. Es ist uns wichtig, dass die Soldat*innen gute Rahmenbedingungen haben: eine angemessene Entlohnung, Führungskultur und Personalmanagement, Vereinbarkeit von Familie und Dienst sowie eine Für- und Nachsorge, die den schwierigen Anforderungen der Einsätze gerecht werden. Die Anwerbung von minderjährigen Rekrut*innen lehnen wir ab. An der Vision, den VN unter Beachtung der Parlamentsbeteiligung eigene ständige Truppen zu unterstellen, halten wir fest.“
Wenn Sie mehr zu unserem Wahlprogramm erfahren möchten, können sie gerne diesem Link folgen: Programm 2017+ BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Bundespartei .
Auch gibt es in Aachen verschiede Gelegenheiten, unsere Spitzenpolitiker*innen und mich als Direktkandidatin zu erleben und miteinander ins Gespräch zu kommen. Nutzen Sie gerne die Online-Informationskanäle, die über abgeordnetenwatch angegeben sind.
Ich hoffe, dass ich Ihnen mit diesen Informationen weiterhelfen konnte und verbleibe mit freundlichen Grüßen
Katrin Feldmann