Sehr geehrte Fr. Strauss-Köster, wie ist Ihre Haltung dazu, dass Ihr Kanzlerkandidat bereit ist, einen Antrag mit Unterstützung der rechtsextremen AfD durchzubringen, der z.T. geltendes Recht bricht?

Sehr geehrte Frau K.,
zunächst einmal möchte ich Ihnen für Ihre Anfrage danken und mich bei Ihnen entschuldigen, dass die Antwort erst mit etwas Verspätung kommt.
Der Antrag, der am Mittwoch in den Bundestag eingebracht wurde, ist im Wesentlichen der 5-Punkte-Plan von Friedrich Merz und enthält in besonderer Weise auch viele Passagen, in denen eine klare Abgrenzung zur AfD vorgenommen wird. Also insgesamt stehen darin die inhaltlichen Überzeugungen der CDU. Für mich ist die Einbringung dieses Antrags und der Kurswechsel von Friedrich Merz klar mit den Attentaten der letzten Monate und der breiten inhaltlichen Zustimmung (über 60 %) in der Bevölkerung zum 5-Punkte-Plan zu begründen. Ich habe selbst an den Haustüren gemerkt, dass es viele Menschen leid sind, dass viel geredet, aber am Ende wenig gehandelt wird (auch gegenüber der Union gab es hier große Zweifel). Ich hoffe, dass wir damit diese Zweifel bei den Bürgern ausräumen konnten.
Unabhängig davon sind die Gesetzesänderungen, die am Freitag im Bundestag zur Abstimmung standen. Diese wurden nach dem Anschlag von Solingen in den Bundestag eingebracht. Da die Anträge nun im parlamentarischen Verfahren waren, hätte nun jede Fraktion (besonders auch die AfD) diese Anträge zur Abstimmung bringen können. Dass die Union die Anträge selbst eingebracht hat (sonst hätte es vermutlich die AfD getan) und diesen auch zugestimmt hat, war nicht abzuwenden und ist aus meiner Sicht Zeichen, dass man eben zu seinen eigenen Überzeugungen steht. Es hätte mindestens genauso schlecht ausgesehen, wenn die Union dann gegen ihren eigenen Antrag/gegen ihre Überzeugungen gestimmt hätte.
Darüber hinaus haben bei den Parteien der politischen Mitte nochmal Diskussionen stattgefunden, in denen die Union deutliche Zugeständnisse angeboten hat. Besonders von der SPD hätte ich mir eine Zustimmung, besonders zu den Gesetzesänderungen gewünscht. Die darin enthaltenen sachlichen Forderungen stehen entweder im Wahlprogramm der SPD, wurden in vergangenen Regierungen mitgetragen oder der Kanzler hat diese selbst vorgeschlagen. Der Kanzler hat ja auch als Ziel ausgegeben “in großem Stil abzuschieben”. Dass die SPD dennoch dagegen gestimmt hat, zeigt für mich, dass es dabei nicht um die Sache, sondern um Wahlkampftaktik geht. Statt Antworten zu geben, setzt die SPD auf Ablenkungsmanöver.
Für mich ist klar, dass es keine Zusammenarbeit mit der AfD geben wird, wie Friedrich Merz zahlreiche Male klar gemacht hat. Dafür gibt es auch inhaltliche Gründe, die ganz klar sind: Diese Partei stellt das Fundament der CDU sowie die Verdienste der CDU-Kanzler Adenauer und Kohl, die Westbindung (besonders die NATO) und die EU in Frage und bevorzugt stattdessen ein Bündnis mit anderen Mächten. Gleichzeitig stehen wir zu unseren Positionen und Überzeugungen und machen uns dabei nicht abhängig von anderen Parteien. Auch Olaf Scholz hat 2023 in der Thüringer Allgemeinen zu einem solchen Vorgang gesagt: “Das ist doch keine Zusammenarbeit. Niemand sollte sich davon abhängig machen, wie die AfD abstimmt.”
Die meisten Vorhaben der Union (insbesondere aus den konkreten Gesetzesänderungen, die am Freitag zur Diskussion standen) sind rechtlich unbedenklich. Es gibt unterschiedliche Rechtsauffassungen zu der Frage, ob diese Dinge (besonders die unbefristeten und flächigen Grenzkontrollen) rechtlich konform sind. Genauso war es übrigens auch damals, als die Ampel die Gelder aus der Corona-Hilfe umgewidmet hat für den KTF (Klima- und Transformationsfond). Das hat die Ampel damals auch nicht davon abgehalten, dieses Wagnis einzugehen, was dann schließlich vom Verfassungsgericht gekippt wurde. Übrigens waren die kritischen Stimmen bezüglich dieses Vorgehens deutlich zahlreicher als gegenüber den Vorschlägen der Union aktuell.
Herzliche Grüße,
Katja Strauss-Köster