Halten Sie es für möglich, dass bei einer Corona-Pflichtimpfung Menschen sterben könnten, die sich eigentlich nicht oder nur mit Totimpfstoff impfen lassen wollten?
Sehr geehrte Frau V.,
nach zwei Jahren Pandemie der Pandemie sind wir alle müde. Alle haben wir Einschränkungen erfahren – Eltern, die neben dem Homeoffice auch das Homescooling managen, wenn ihre Kinder wegen Quarantäne zu Hause bleiben müssen, Kinder und Jugendlichen, die nur mit Einschränkungen die Musikschule, den Sportverein besuchen, zu ihren Freundinnen und Freunde gehen können – nicht draußen spielen können, wenn sie infiziert oder Kontaktperson waren.
Ich bin froh, dass sich viele Menschen in diesem Land haben impfen lassen. Rund 260 Tausend Impfungen pro Tag, das sind etwas drei Personen in einer Sekunde – 62,0 Millionen Bürgerinnen und Bürger in diesem Land, die vollständig geimpft sind. 45,5 Millionen Menschen und damit rund die Hälfte der Bürgerinnen und Bürger haben bereits ihre Auffrischungsimpfung erhalten. Die Impfung schützt: einen selbst, seine Angehörigen, seine Nächsten – vor schweren Verläufen. Jede einzelne Impfung ist unser gemeinsamer Weg aus der Pandemie; aber eine Impfquote von 74,5% ist hierfür nicht hoch genug.
Der Ruf nach einer allgemeinen Impfpflicht wird daher immer lauter. Die Entscheidung hierüber; für sie oder gegen sie ist aber keine, die man, die wir als Mitglieder des Deutschen Bundestages einfach so treffen, es ist eine Entscheidung, die man unter Einbeziehung der Expertinnen und Experten, wissenschaftlicher Erkenntnisse, der Einschätzung des Ethikrates trifft, eine Entscheidung über die Parteigrenzen hinweg.
Es ist gut und ein wichtiges Zeichen, dass wir in der letzten Sitzungswoche im Bundestag erstmals über die Einführung einer allgemeinen Impfpflicht debattiert haben – sachlich, konstruktiv, zielführend, im Interesse der Bürgerinnen und Bürger dieses Landes. Diesen wichtigen Schritt der Debatte gehen wir gemeinsam, denn was es braucht, ist eine gute und sichere Grundlage für einen Gruppenantrag gemeinsam Parlamentarierinnen und Parlamentarier, ein Antrag, der gut vorbereitet, nachvollziehbar und alle Fragen abwägt. Klar ist: eine Entscheidung über die Einführung einer Impfpflicht kennt keine roten Linien.
Das hat auch Bundeskanzler Olaf Scholz bereits früh deutlich gemacht – es ist eine Entscheidung von weitreichender Bedeutung für die Bürgerinnen und Bürger in unserem Land. Eine Herausforderung für uns alle – eine, der wir uns als Parlamentarierinnen und Parlamentarier stellen und nun mit der Einbringung der Gruppenanträge in der letzten Sitzungswoche an die weitere Ausarbeitung gehen.
Und eines steht hierbei bereits jetzt fest: alle in Deutschland zugelassenen Impfstoffe sind sicher – das gilt für die mRNA- und Vektorimpfstoffe sowie den Totimpfstoff Novovax, für den in der vergangenen Woche auch die Stiko grünes Licht gegeben hat. Sie werden erst nach ausreichender Überprüfung zugelassen, das heißt, wenn er alle drei Phasen des klinischen Studienprogramms erfolgreich bestanden hat – gerade die klinischen Prüfungen der Phase 3 wurden bei der Erforschung und Suche nach einem Impfstoff gegen Corona sehr breit angelegt. Und auch die Anforderungen im europäischen Zulassungsverfahren sind sehr hoch. Denn es geht hier um die Frage der Verlässlichkeit, im Interesse aller Bürgerinnen und Bürger der Europäischen Union.
Und: nach Zulassung der Impfstoffe erfolgt eine ständige Kontrolle zum Erfassen von Wirksamkeit und möglichen Nebenwirkungen. In Deutschland werden diese zentral – und Hersteller-unabhängig - vom Paul Ehrlich-Institut (PEI) erfasst. Durch die Zusammenfassung der Beobachtungen kann sichergestellt werden, dass auch Risiken von Impfstoffen erfasst werden, die so selten sind, dass sie erst bei einer sehr großen Anzahl durchgeführter Impfungen sichtbar werden.
Zu welchen Impfnebenwirkungen es konkret kommen kann, hat auch das Bundesgesundheitsministerium (BMG) auf seiner Website zusammengefasst: https://www.zusammengegencorona.de/impfen/logistik-und-recht/impfkomplikation-das-koennen-sie-tun/. Das Risiko schwerwiegenden Nebenwirkungen nach einer COVID-19-Impfung liegt dabei bei 0,02 Prozent – betrifft damit durchschnittlich eine von 5.000 geimpften Personen. Auch Spätfolgen beziehungsweise Langzeit-Nebenwirkungen sind Expertinnen und Experten zufolge sehr unwahrscheinlich, die meisten Nebenwirkungen treten in der Regel innerhalb weniger Stunden oder Tage nach der Impfung auf. Gleiches gilt für Langzeitfolgen, die sich erst Jahre später zeigen, sind bei bisherigen Impfungen nicht bekannt und auch bei den Corona-Impfstoffen nicht zu erwarten.
All diese nationalen und internationalen Standards – die weitere Kontrolle der möglichen Nebenwirkungen – sorgen und garantieren, dass alle bisher in Europa, in Deutschland zugelassenen Impfstoffe einen guten, einen sicheren Schutz gegen COVID-19 bieten. Ich werbe daher aus Überzeugung, nach wie vor, immer und überall für die Impfung gegen COVID-19. Impfen schützt!
Mit freundlichen Grüßen
Katja Mast, MdB
Erste Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Bundestagsfraktion