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Katja Mast
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Frage von Roland R. •

Guten Tag Frau Mast, momentan infizieren sich um mich herum immer mehr mit Covid-19. Alle geimpft UND geboostert! Wie können Sie vor diesem Hintergrund noch eine Impfpflicht fordern?

Andere Länder haben sämtliche Maßnahmen abgeschafft. Wäre es so schlimm, wie die deutsche Politik tut, wären sie entvölkert! Sie sie m.W. aber nicht!
Milderer Verlauf, wenn man geimpft wird? Bei 95% der Bevölkerung hat eine Covid-19 Infektion sowieso keine (große) Auswirkung!
Warum hat niemand im Parlament den Mut hinzustehen und zu sagen „Die Maßnahmen bringen nicht viel, wir müssen lernen mit dem Virus zu leben“? Wer will, kann sich gerne impfen lassen und weiterhin Make tragen. Aber einen de facto Impfzwang einzuführen? Ehrlich?

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Sehr geehrter Herr R.

die Corona-Pandemie hat uns weiterhin fest im Griff. Eine Bundesinzidenz von 1.322,2 – in Pforzheim liegt die Inzidenz heute bei 1.191,1 im Enzkreis bei 1.425,3.

Ich bin froh, dass sich die überwiegende Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger in diesem Land solidarisch zeigt – solidarisch gegenüber ihren Liebsten, Nächsten, ihren Mitmenschen – mit ihrer Impfung dazu beitragen, dass unser Gesundheitssystem nicht an seine Grenzen kommt, nicht überlastet wird.

37 Tausend Impfungen pro Tag, eine Person alle zwei Sekunden – 63,2 Millionen Bürgerinnen und Bürger in diesem Land, die vollständig geimpft sind. 48,9 Millionen Menschen und damit mehr als die Hälfte der Bürgerinnen und Bürger haben bereits ihre Auffrischungsimpfung erhalten. Die Impfung schützt: einen selbst, seine Angehörigen, seine Nächsten – vor schweren Verläufen. Jede einzelne Impfung ist unser gemeinsamer Weg aus der Pandemie.

Deshalb werde ich aus Überzeugung – nach wie vor – immer und überall für die Impfung gegen COVID-19. Impfen reduziert das Risiko sich selbst, seinen Nächsten und Angehörigen anzustecken – sie schützt vor schweren Verläufen, einer Behandlung auf der Intensivstation, vor dem Tod durch COVID-19.

Alle in Deutschland zugelassenen Impfstoffe sind sicher. Sie werden erst nach ausreichender Überprüfung zugelassen, das heißt, wenn er alle drei Phasen des klinischen Studienprogramms erfolgreich bestanden hat. Gerade die klinischen Prüfungen der Phase 3 wurden bei der Erforschung und Suche nach einem Impfstoff gegen Corona sehr breit angelegt. Und auch die Anforderungen im europäischen Zulassungsverfahren sind sehr hoch. Denn es geht hier um die Frage der Verlässlichkeit, im Interesse aller Bürgerinnen und Bürger der Europäischen Union.

Nach Zulassung der Impfstoffe erfolgt eine ständige Kontrolle zum Erfassen von Wirksamkeit und möglichen Nebenwirkungen. In Deutschland werden diese zentral – und Hersteller-unabhängig - vom Paul Ehrlich-Institut (PEI) erfasst. Durch die Zusammenfassung der Beobachtungen kann sichergestellt werden, dass auch Risiken von Impfstoffen erfasst werden, die so selten sind, dass sie erst bei einer sehr großen Anzahl durchgeführter Impfungen sichtbar werden.

Zu welchen Impfnebenwirkungen es konkret kommen kann, hat auch das Bundesgesundheitsministerium (BMG) auf seiner Website zusammengefasst: https://www.zusammengegencorona.de/impfen/logistik-und-recht/impfkomplikation-das-koennen-sie-tun/. Das Risiko schwerwiegenden Nebenwirkungen nach einer COVID-19-Impfung liegt dabei bei 0,02 Prozent – betrifft damit durchschnittlich eine von 5.000 geimpften Personen. Auch Spätfolgen beziehungsweise Langzeit-Nebenwirkungen sind Expertinnen und Experten zufolge sehr unwahrscheinlich, die meisten Nebenwirkungen treten in der Regel innerhalb weniger Stunden oder Tage nach der Impfung auf. Gleiches gilt für Langzeitfolgen, die sich erst Jahre später zeigen, sind bei bisherigen Impfungen nicht bekannt und auch bei den Corona-Impfstoffen nicht zu erwarten.

All diese nationalen und internationalen Standards – die weitere Kontrolle der möglichen Nebenwirkungen – sorgen und garantieren, dass alle bisher in Europa, in Deutschland zugelassenen Impfstoffe einen guten, einen sicheren Schutz gegen COVID-19 bieten. Ich werbe daher aus Überzeugung, nach wie vor, immer und überall für die Impfung gegen COVID-19. Denn Impfen schützt nicht nur uns selbst.

Es war richtig und wichtig, dass wir im Dezember bereits die einrichtungsbezogene Impfpflicht beschlossen haben. Eine Impfpflicht für Beschäftigte in Kliniken, Pflegeheimen, Arztpraxen und Rettungsdiensten und damit für diejenigen, die eine besondere Verantwortung für Patientinnen und Patienten, Pflegebedürftige – Menschen, die aufgrund ihres Alters oder ihres Gesundheitszustandes ein besonders hohes Infektionsrisiko und ein besonders hohes Risiko für einen schweren oder tödlichen Verlauf einer COVID-19 Erkrankung haben, tragen.

Wir sind aber alle müde nach zwei Jahren Pandemie. Alle haben wir in den letzten beiden Jahren Einschränkungen erfahren – Eltern, die neben dem Homeoffice auch das Homescooling managen, wenn ihre Kinder wegen Quarantäne zu Hause bleiben müssen, Kinder und Jugendlichen, die nur mit Einschränkungen die Musikschule, den Sportverein besuchen, zu ihren Freundinnen und Freunde gehen können – nicht draußen spielen können, wenn sie infiziert oder Kontaktperson waren. Gastronomie-, Kultur- und Freizeiteinrichtungen, die schließen mussten und dann wieder öffnen durften.

Der Ruf nach einer allgemeinen Impfpflicht wird lauter. Die Entscheidung dafür oder dagegen ist keine, die wir als Mitglieder des Deutschen Bundestages einfach so treffen, es ist eine Entscheidung, die unter Einbeziehung der Expertinnen und Experten, wissenschaftlicher Erkenntnisse, der Einschätzung des Ethikrates getroffen wird, eine Gewissensentscheidung, die keine roten Linien kennt.

Es war gut, dass wir Ende Januar im Bundestag erstmals über die Einführung einer allgemeinen Impfpflicht debattiert haben – sachlich, konstruktiv, zielführend, im Interesse der Bürgerinnen und Bürger dieses Landes. Ein Schritt, den wir alle gemeinsam gegangen sind, denn was es braucht ist eine gute und sichere Grundlage für einen Antrag über die Parteigrenzen hinweg.

Wenn wir das Virus ohne harte Einschränkungen wie in der Vergangenheit, dauerhaft in den Griff kriegen wollen, wenn wir vor die Wellen kommen wollen, nicht ihnen hinterher sein wollen, dann brauchen wir eine möglichst hohe Grundimmunisierung in der Bevölkerung – wir brauchen eine hohe Impfquote. Wir brauchen eine Impfpflicht.

In der morgigen Abstimmung im Bundestag geht es nun um einen klugen Kompromiss im Sinne der Sache, der meine volle Unterstützung bekommen wird. Ja, ich werde mich dem abgeänderten Vorschlag der Gruppe Baehrens und der Gruppe Ullmann anschließen – dieser sieht eine Beratungspflicht für ungeimpfte Personen und eine Impfpflicht ab 60 Jahren vor, die ab Oktober gelten soll. Im Juni schaut der Bundestag nochmal, ob die Beratungspflicht zu deutlichen Ergebnissen geführt hat und im Herbst wird entschieden, ob auch die über 18-Jährigen in die Impfnachweispflicht aufgenommen werden. Nur durch die Verabschiedung eines Gesetzentwurfs bekommen die Bürgerinnen und Bürger am Donnerstag die notwendige Klarheit – und sorgen vor für den Herbst und Winter.

Mir persönlich war immer wichtig die Impfpflicht mit konkreten Informations- und Beratungsangeboten verbinden. So kann sich jede und jeder noch einmal ein vollständiges und faktenbasiertes Bild über die Gefahren einer Coronainfektion und die Vorteile einer Impfung machen und persönliche Fragen oder Zweifel klären – und genau dieses umfassende Informations- und Beratungsangebot ist auch wesentlicher Inhalt dieses Antrags.

Gemeinsam mit weiteren Parlamentarierinnen und Parlamentarier gehen wir mit diesem Antrag in die weitere Lesung im Deutschen Bundestag. Denn uns eint alle: die langfristige Bekämpfung der Corona-Pandemie.

Weitere Infos zur Impfung finden Sie unter: https://www.zusammengegencorona.de/.

Mit freundlichen Grüßen

Katja Mast, MdB

Erste Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Bundestagsfraktion

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