Frage an Katja Dörner von Daniel H. bezüglich Familie
Sehr geehrte Frau Dörner,
in Ihrer Eigenschaft als familienpolitische Sprecherin von Bündnis 90 / Die Grünen habe ich folgende Frage an Sie:
Familien sind trotz einer Reihe von Verbesserungen in den letzten Jahrzehnten (Kindergeld, Elterngeld...) weiterhin finanziell benachteiligt, da die Einkommenseinbußen, die Eltern aufgrund der Kindererziehung erleiden, nicht hinreichend kompensiert werden. Insbesondere zwischen dem Ende des 14. Lebensmonats und des 3. Lebensjahres des Kinders klafft eine Finanzierungslücke zwischen Elterngeld und dem üblichen und dem Kindeswohl meinem Gefühl nach besten Eintrittszeitpunkt in den Kindergarten, nach dem die Eltern ihre Erwerbstätigkeit wieder intensivieren können. Die Bundesregierung probiert nun, diese Lücke durch das Betreuungsgeld zu schließen. Dagegen wird von grüner Seite Kritik hervorgebracht, weil dies traditionelle Rollenschemata zementiere. Daher die Frage:
Welche Alternativen zum Betreuungsgeld sehen Sie, um Eltern (und insbesondere Väter!) dazu zu bewegen und es ihnen finanziell zu ermöglichen, sich bis zum 3. Geburtstag ihrer Kinder hauptsächlich um deren Erziehung zu kümmern, dies aber in paritätischer Weise? Was halten Sie von der Idee, das Elterngeld bis zum Ende des 3. Lebensjahres des Kindes zu verlängern und die paritätische Aufteilung der Erziehungsarbeit durch einen Mindestanteil von 40 % pro Elternteil zu erreichen?
Sehr geehrter Herr Hoellen,
vielen Dank für ihre Anfrage und ihrer Anregung, Anreize zu setzen, die die partnerschaftliche Aufteilung der Sorge- und Erziehungsarbeit besser ermöglichen.
Auch ich sehe, dass sich das Elterngeld als familien- und gleichstellungspolitisches Instrument grundsätzlich bewährt hat. Es räumt Müttern und Vätern in der Zeit nach der Geburt eines Kindes einen Schonraum ein, in dem die Konzentration auf das Kind und auf die Entstehung bzw. Veränderung der Familie ermöglicht wird. Die überwiegende Mehrheit der Väter (77 Prozent) nutzt diese Möglichkeit jedoch nur für einen relativ kurzen Zeitraum von maximal zwei Monaten. Die grundsätzlich positive Anreizwirkung der Partnermonate sollte daher genutzt und schrittweise ausgebaut werden. Zudem wollen wir die Möglichkeit der gleichzeitigen Teilzeittätigkeit beider Eltern erweitern, indem das Teilelterngeld ausgebaut und damit der doppelte Anspruchsverbrauch abgeschafft wird.
Ihren Vorschlag, das Elterngeld auf 3 Jahre auszudehnen, kann ich jedoch aus haushaltspolitischen Gründen nicht folgen. Eine als Lohnersatzleistung ausgestaltete Familienleistung für drei volle Jahre zu gewähren, könnte Kosten bis zu 15 Mrd. Euro jährlich bewirken. Zurecht merken sie kritisch an, dass viele Familien finanziell benachteiligt werden, obwohl der Staat an öffentliche Transferleistungen zugunsten von Familien in Deutschland rund 240 Mrd. € aufgewendet. Das sind 10,7 % des Bruttoinlandsprodukts. Davon betrugen allein das Ehegattensplitting mehr als 25 Mrd. Euro, Zahlungen für Rentenanwartschaften infolge der Erziehungsphase 12 Mrd. Euro und die beitragsfreie Mitversicherung in der Krankenversicherung 25 Mrd. Euro. Die derzeitige Familienförderung ist sozial unausgewogen und wenig effektiv bei der Bekämpfung von Kinderarmut und belohnt in vielen Fällen eher den Trauschein als das Vorhandensein von Kindern. Daher setzen wir Grünen uns für die Einführung einer Kindergrundsicherung ein, die den tatsächlichen Bedarf von Kindern deckt und so die Familienförderung vom Kopf auf die Füße stellt.
In Ihrem Schreiben bewerten Sie einen frühen Kita-Besuch von Kindern unter drei Jahren kritisch. Frühkindliche Bildung hat einen nachweislich positiven Effekt auf die Entwicklung von Kindern. So bilden Kinder, die früh betreut wurden, kognitive und sprachliche Fähigkeiten besser aus, haben ein besseres Gedächtnis, sind kooperativer und zeigen ein positiveres Verhalten gegenüber Gleichaltrigen. Gegen eine frühe Betreuung in Kindertageseinrichtungen wird oft eingewandt, dass sie die Eltern-Kind-Bindung beeinträchtigt und die emotionale Gesundheit von Kindern schädigt. Studien belegen dagegen, dass die Bindung zwischen Eltern und Kind nicht nur erhalten bleibt - auch wenn das Kind in der Zwischenzeit andere Betreuungserfahrungen macht - sondern, dass Eltern sich mit ihren Kindern intensiver beschäftigen, wenn die Kinder eine Kita oder Tagesmutter besuchen.
Freundliche Grüße, Ihre Katja Dörner