Frage an Kathrin Wahlmann von Dieter K. bezüglich Verkehr
Sehr verehrte Frau Rühl!
Auf dem Bundeskongress der Jusos in Wolfsburg haben Sie sich für eine klare Absage zur Bahnprivatisierung ausgesprochen! Als stellvertr.Bürgermeisterin haben Sie sich kürzlich noch für einen gehbehinderten Bürger Ihrer Heimatgemeinde Hasbergen bei der Bahn AG eingesetzt,dabei wurde Ihnen aufgezeigt,wie Staatsunternehmen Kundenwünsche bescheiden,sie ziehen sich auf Formalien zurück und verweisen darauf,dass unter 1000Fahrgästen pro Tag eine behindertengerechte Bahnhofsumrüstung gar nicht in Fragen komm!Bürokratismus pur,würde ich das nennen!Sie nicht?
Andererseits fahren in Ihrem Wahlkreis von Osnabrück bis Münster und von Bielefeld bis Osnabrück zwei sehr erfolgreiche Privatbahnen mit der Nordwestbahn und der Westfalenbahn deren Eigner Kapitalgesellschaften sind!
Ihr Ausspruch auf dem Jusokongress:"Nein,zur Bahnprivatisierung,weil die Menschen,eine günstige und regionale Bahn brauchen und keine Aktiengesellschaft,wo die Rendite und Gewinn im Mittelpunkt stehen!"
Da frage ich mich,wie passt das zusammen:Wir erleben hier vor Ort,im der Region Osnabrück,wie gut 2 gewinnorientiert wirtschaftende Regionalbahnen im Besitz von Kapitalgesellschaften bei den Reisenden ankommt,die von der Ausstattung und dem Service der Betriebe angetan sind und wir erleben einen Staats- betrieb Bahn,der seine Kunden wie Bittsteller behandelt und für den Kundenservice oft noch ein Fremdwort ist und Sie Frau Rühl plädieren trotz eigener schlechter Erfahrung weiterhin für einen Staatsbetrieb Bahn und sprechen sich gegen jegliche Privatisierung der Bahn aus!Warum tut sich die SPD eigentlich so schwer,wenn es um Konkurrenz in der Wirtschaft geht?
Ich bin auch der Meinung,dass das Bahnnetz in staatlicher Hand bleiben sollte,aber warum eigentlich sollte die Bahn AG nicht gewinnorientiert arbeiten dürfen,wenn es ihre Konkurrenz auf der Schiene gestattet wird?
Jetzt wünsche ich Ihnen noch einen guten Rutsch ins Neue
Jahr und für 2008 viel Glück und Erfolg!
Mit freundlichen Grüssen
Dieter Kipp
Sehr geehrter Herr Kipp,
leider hat sich die Beantwortung Ihrer Frage etwas verzögert. Die Organisation eines Wahlkampfes ohne hauptamtliche Unterstützung aus einem anderen beruflichen Umfeld heraus ist insgesamt sehr zeitaufwändig. Ich bitte Sie daher um Nachsicht.
Ich sehe meinem "Nein" zur Bahnprivatisierung und meinem Einsatz für einen behindertengerechten Zugang zum Hasberger Bahnhof keinen Widerspruch. Ganz im Gegenteil spricht dieser Einsatz gegen eine Bahnprivatisierung.
Eine privatisierte Deutsche Bahn mit ihrer Infrastruktur würde noch viel mehr als bisher den Zwängen des Kapitalmarktes unterworfen sein. Dann wären vielleicht die Grenzen für eine behindertengerechte Ausstattung nicht mehr 1000 Fahrgästen, sondern bei 2000 Fahrgästen am Tag. Der Bund als Eigner der Deutschen Bahn ist aber viel eher in der Lage, seinen Einfluss im Sinne eines gesellschaftspolitischen Ergebnisses geltend zu machen. Der in der geplanten Veräußerung schon wieder eingeplante Rückkauf der Verkehrswegeinfrastruktur war perspektivisch wenig überzeugend und ist deshalb zur recht auf dem SPD-Parteitag in Hamburg abgelehnt worden.
Dass wir hier zwei sehr erfolgreiche private Bahnunternehmen in der Region haben, freut mich sehr. Dabei bitte ich aber auch zu berücksichtigen, dass es sich um Regionalstrecken handelt und nicht um den Fernverkehr. Die Frage einer gerechten Entlohnung im privaten Bahnbereichen bedarf dabei auch noch einer weiteren Klärung.
Ich habe im Übrigen nicht den Eindruck, dass sich die SPD mit Privatisierungen schwer tut. In der erfolgreichen Regierungszeit von Gerhard Schröder hat sich der Bund von einer Vielzahl von Beteiligungen getrennt, bei denen es nicht notwendig war, dass der Staat im Markt tätig ist.
Anders ist dies aber in Bereichen der Daseinsvorsorge, wozu ich selbstverständlich auch die Bahn, aber auch Ver- und Entsorgungseinrichtungen zähle. Hier ist es Aufgabe des Staates
sicherzustellen, dass alle Bevölkerungskreise Zugang bekommen, und dies zu finanziell tragbaren Kosten.
Mit freundlichen Grüßen
Kathrin Rühl