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Katherina Reiche
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Frage von Andreas L. •

Frage an Katherina Reiche von Andreas L. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Reiche,

ich habe eine Frage zu dem Gesetzesentwurf zu Kinderporno-Sperren.

Es ist geplant, dass das Bundeskriminalamt den Providern eine Liste zu sperrender Domains zukommen lässt. Diese Liste ist geheim und wird nicht richterlich geprüft. Fehler in der Liste sind möglich aber nicht nachweisbar. Da bereits das versehentliche Aufrufen der Adressen zu einem Stoppschild umleiten kann und daraus eine Ermittlung mitsamt Hausdurchsuchung und erwachsen kann, möchte ich Sie fragen, wie Sie dieses Verfahren vor dem Hintergrund der Gewaltenteilung beurteilen.

Es ist z.B. leicht jemandem anonym einen Link per E-Mail unterzuschieben, der auf eine gesperrte Seite verweist. Die Schäden für soziales Ansehen bei dem bloßen Verdacht sich mit diesen widerwärtigen Verbrechen strafbar gemacht zu haben, halte ich für so gravierend, dass eine richterliche Kontrolle wünschenswert wäre. Wie ist Ihre Meinung dazu?

Was hindert das Bundeskriminalamt daran unliebsame aber nicht strafbare Seiten in die Liste einzufügen? Da es keine außerbehördliche Kontrolle der Liste gibt, können so beliebige Inhalte unterdrückt werden, ohne dass der Eigentümer der Zieladresse gerichtlich dagegen vorgehen kann. Wie ist Ihre Meinung zu dieser Einschränkung des garantierten Rechtsweges?

Viele der Server, auf denen kinderpornografisches Material verfügbar sind stehen innerhalb der EU und den USA. Die Server zu finden, abzuschalten und die Verbreiter zu ermitteln und zu verurteilen wäre ein Erfolg versprechender Weg, um diese grauenhaften Verbrechen einzudämmen. Sollte nicht vielmehr der Missbrauch und die Verbreitung verfolgt werden, um die Opfer zu schützen?

Die Bundesregierung hat wiederholt die Internetzensur in Ländern wie China kritisiert. Wie wird Ihrer Meinung nach gewährleistet, dass dieses Instrument nicht dafür missbraucht wird, wenn keine rechtsstaatliche Kontrolle möglich ist, weil die Liste geheim ist?

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit und
mit freundlichen Grüßen

Andreas Levers

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Levers,

haben Sie vielen Dank für Ihre Fragen vom 25.04.2009.

Der Staat muss endlich Maßnahmen ergreifen, den organisierten kommerziellen Missbrauch an Kindern wirkungsvoller zu bekämpfen. Eine solche sehe ich u.a. in dem Einsatz von Zugangssperren für kinderpornographische Internetseiten. Solche Sperren verunsichern potenzielle Täter und verhindern, dass die Schwellen im Zugriff immer niedriger werden und Kinderpornographie im Netz verharmlost wird. Deshalb brauchen wir die von Bundesministerin von der Leyen vorbereitete vertragliche Vereinbarung mit den Internetprovidern jetzt und ohne weitere Verzögerung. Unabhängig davon schaffen neue gesetzliche Regelungen gegen Kinderpornographie Rechtssicherheit für die Zugangsanbieter.

Die Bundesregierung hat am 22. April den Entwurf für ein Gesetz zur Bekämpfung der Kinderpornografie in Kommunikationsnetzen beschlossen. Es setzt damit die erst kürzlich beschlossenen Eckpunkte um. Die neuen Regelungen enthalten Änderungsvorschläge zum Telemediengesetz (TMG) und zum Telekommunikationsgesetz (TKG). Sie beschränken sich - wie in den Eckpunkten festgelegt - auf Zugangserschwerungen zu kinderpornografischen Inhalten.

Wesentliche Inhalte des geplanten Gesetzes sind:

Auf der Basis von Sperrlisten des Bundeskriminalamts werden alle großen privaten Internetzugangsanbieter verpflichtet, den Zugang zu kinderpornografischen Inhalten im Internet durch geeignete technische Maßnahmen zu erschweren.

Aus präventiven Gründen wird gegenüber den betroffenen Nutzern über eine sogenannte Stoppmeldung klargestellt, warum der Zugang zu einem kinderpornografischen Angebot erschwert wird.

Die Zugangsanbieter haften nur, wenn und soweit sie die Sperrliste des Bundeskriminalamts nicht ordnungsgemäß umsetzen.

Die anfallenden Daten können für die Strafverfolgung genutzt werden.Der Gesetzentwurf wird jetzt im Bundestag beraten. Die Frage der richterlichen Kontrolle wird innerhalb der Beratungen des Deutschen Bundestages behandelt werden. Mit diesen Regelungen betreten wir gesetzgeberisches Neuland. Deshalb soll innerhalb von zwei Jahren nach Inkrafttreten des Gesetzes eine Evaluierung erfolgt.

Kinderpornographie ist ein lukrativer Markt, der Milliardenumsätze generiert. Die Zahl der Konsumenten steigt kontinuierlich. Besonders erschreckend ist, dass Bilder und Filme immer gewalttätiger und die Opfer immer jünger werden: Jedes dritte Opfer ist jünger als drei Jahre und fünf bis zehn Prozent sind sogar erst im Säuglingsalter – eine unerträgliche Feststellung!

Mittlerweile wird Kinderpornographie zu mehr als 80 Prozent über kommerzielle Webseiten weltweit verbreitet. In Deutschland betrug der Zuwachs allein im Zeitraum von 2006 bis 2007 111 Prozent.

Die Mobilfunkbetreiber haben bereits 2008 einen ersten Schritt getan und sich verpflichtet, kinderpornographische Inhalte aus dem Mobilfunkmarkt zu verbannen. Das muss jetzt auf das Internet übertragen werden. Wenn die großen Zugangsanbieter, sog. Provider, zustimmen – zwei haben das bereits getan – ist der Markt bis zu 60 Prozent abgedeckt.

Mit freundlichen Grüßen

Katherina Reiche