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Katherina Reiche
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Frage von Andreas M. •

Frage an Katherina Reiche von Andreas M. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Reiche

was halten Sie von dem bedingungslosen Grundeinkommen?

Denken Sie nicht auch, dass es ungerecht ist, dass in einem reichem Land wie Deutschland Menschen in Armut leben, obwohl sie um Unterstützung vom Staat gebeten haben?

Sollten nicht 3,5 Millionen Deutsche, viele Kinder und Rentner die Möglichkeit haben, am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben, anstatt nur ihre nackte Existenz abgesichert zu wissen?

Ein Wechsel zum Grundeinkommen würde soviele positive Dinge mit sich bringen.

Ein bedingungsloses Grundeinkommen:
... stärkt die Familie.
... fördert Innovation
... stärkt die Unternehmen.
... stärkt die Volkswirtschaft. Unproduktive Industrien und Wirtschaftszweige müssen nicht mehr subventioniert werden.
... ermöglicht einen umfassenden Abbau von Bürokratie, auch in den Sozialsystemen. Ein bedingungsloses Grundeinkommen ersetzt weitestgehend bestehende Sozialleistungen.

Das bedingungslose Grundeinkommen wird von vielen namenhaften Wissenschaftlern, unter ihnen zwei Nobelpreisträger der Wirtschaftswissenschaften gefordert.
Mehrere voneinander unabhängige Studien belegen eine Finanzierbarkeit.

Dass Menschen mit Kürzungen der Sozialleistungen zur Arbeit bewegt werden müssen, ist auch eine sehr fadenscheinige Praktik.

Wäre es nicht motivierender für Arbeitslose, wenn sie mehr als 20% von ihrem erarbeiteten Geld behalten können?
Denken Sie wirklich, ihre Wähler wollen hören, dass sie potentielle Faulenzer sind, die zur Arbeit gezwungen werden müssen?

Sollte sich die SPD nicht langsam von der eingestaubten Idee der Vollbeschäftigung lossagen und nach neuen, innovativen Lösungen suchen?

Ich glaube, es ist Zeit für eine wirkliche Verbesserung, nicht nur für Ausbesserungen an einem maroden System.
Was glauben Sie?

Freundliche Grüße
A.Milinski

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Milinski,

haben Sie vielen Dank für Ihre Frage vom 13.02.2009.

Familien und damit Kinder, die Grundsicherung beziehen, sind durchaus - das will ich überhaupt nicht beschönigen - in einer durch verschiedene Gesichtspunkte geprägten schwierigen Situation. Das können finanzielle und oft auch soziale Gesichtspunkte sein, und es ist ganz sicher die ganze im Bildungsbereich bestehende Problematik. Kinder sind nicht arm, weil sie Grundsicherung beziehen, sondern weil die Eltern, mit denen sie in einer Bedarfsgemeinschaft leben, nicht über ein Erwerbseinkommen verfügen oder das Erwerbseinkommen niedriger ist als das, was ihnen nach der Grundsicherung zustehen würde. Die Grundsicherung macht nicht arm, sondern bewahrt vor absoluter Armut.

Der Schlüssel zur Verbesserung der materiellen Lage der Kinder liegt in der Erwerbsarbeit, in der Verbesserung der Bildungschancen und in einer Veränderung und Stärkung tragfähiger, positiv gestalteter sozialer Netze.

Unter diesem Gesichtspunkt ist das Schulstarterpaket zu sehen. Es ist ein Beitrag, zu helfen, dass Kinder, die in dieser Situation sind, bessere Chancen haben, im Bildungsbereich mitzuhalten und mitzuwirken. Die Anpassung der Leistungen für Kinder, die von Grundsicherung leben, kann nicht, wie dies in den vorliegenden Anträgen gefordert wird, am Kindergeld und womöglich an den aktuellen Kostenentwicklungen gemessen werden. Hier muss der Grundbedarf ermittelt werden, und zwar eigenständig und nicht abgeleitet von dem der Erwachsenen. Daran arbeitet die Bundesregierung.

Im Übrigen kann die Höhe der Grundsicherung nicht nur das Ergebnis von Berechnungen sein, sondern ist auch in Relation zum Einkommen aus Erwerbsarbeit zu sehen. Ich sehe sehr deutlich, dass die in der Grundsicherung geregelten Bedarfe für Kinder eine zum Teil schwierige Vermischung der Sozial-, Arbeitsmarkt- und Familienpolitik darstellen. Die Grundsicherung wird vom Steuerzahler finanziert. Ich kenne keine Tarifregelung, bei der Einkommen aus Arbeitsleistungen automatisch entsprechend der Höhe der Inflationsrate angepasst werden. Folglich geht das auch nicht bei denjenigen, die von den Steuerzahlern Grundsicherung bekommen.

Dieselbe Systematik gilt übrigens auch bei der umlagefinanzierten Rente. Diese hängt ebenso wie die anderen staatlichen Leistungen von den Erwerbstätigen, den Beitragszahlern und den Steuerzahlern ab. Unser Ziel kann es nicht sein, das Verbleiben in staatsabhängigen Transferleistungen zu stabilisieren. Unser Ziel muss es doch sein, dass Menschen aus der Abhängigkeit vom Staat herauskommen.

Im Zentrum unserer Anstrengungen steht deswegen, die Menschen aus der Grundsicherung heraus und wieder in Beschäftigung zu bringen. Dies entspricht diesem Menschenbild. Dazu gehört, dass derjenige, der einer Erwerbsarbeit nachgeht, mehr haben muss als derjenige, der von staatlichen Transferleistungen lebt.

Ich gestehe zu, dass es da auch Spannungslagen gibt. Wir wissen, dass Menschen, die allein in einer Bedarfsgemeinschaft leben, schneller vermittelt werden - mittlerweile ist das durch Beobachtungen der Bundesagentur für Arbeit und durch andere erhärtet - als diejenigen, die mit mehreren Personen, mit mehreren Kindern in einer Bedarfsgemeinschaft leben. Da gibt es Zusammenhänge zwischen den Transfereinkommen und dem am Markt möglicherweise zu erzielenden Einkommen durch Gehaltsleistungen.

Was diese Menschen brauchen, und was diese Kinder brauchen, weil wir kein Kind verloren gehen lassen dürfen, weil jedes Kind eine Chance auf eine gute Entwicklung haben muss, sind verlässliche, planbare, langfristig angelegte Hilfen.

Mit freundlichen Grüßen

Katherina Reiche