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Katherina Reiche
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Frage von Hans-Dieter S. •

Frage an Katherina Reiche von Hans-Dieter S. bezüglich Verbraucherschutz

Sehr geehrte Frau Reiche,

sind Sie sich 100% sicher, dass Sie genmanipulierte Lebensmittel ihren Kindern geben wollen?
Warum führen Sie für eine US-Firma solch eine Werbung, wie vor einigen Wochen in der MAZ?
Ich bin provokant: Wer bezahlt Sie dafür?

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Schalow,

haben Sie vielen Dank für Ihre E-Mail vom 28.06.2007. Ich trete dafür ein, die Diskussion um die grüne Gentechnik zu versachlichen. Unsachliche und undifferenzierte Äußerungen helfen keinem, weder den Verbraucher noch den Landwirten in Brandenburg.

Der Anbau gentechnisch gezüchteter Sorten wird vom einzelnen landwirtschaftlichen Betrieb unabhängig von seiner Betriebsform je nach dem, wie lukrativ er aus ökonomischer und pflanzenbaulicher Sicht erscheint, entschieden. Vor allen dort, wo der Infektionsdruck des Maiszünslers hoch ist, gibt es Interesse an den zugelassenen resistenten Sorten. Ich halte es diesen Landwirten gegenüber nicht für fair, ihre Entscheidung zu diskreditieren. Das sollte der Agrarminister als Mitglied der Landesregierung nicht tun. Denn die Landwirte bauen Sorten an, die zugelassen sind und ein extrem scharfes Prüfverfahren durchlaufen haben, bei dem belegt werden muss, dass sie keine negativen Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit und die Umwelt haben.

Ich bin dafür, dass Landwirte und Verbraucher Wahlfreiheit haben. Wahlfreiheit geht aber in beide Richtungen und bedeutet, dass die Rahmenbedingungen so gesetzt sind, dass man nicht nur „Nein“, sondern auch „Ja“ sagen kann. Wir sind gerade dabei, das Gentechnikgesetz gemeinsam mit den zugehörigen Durchführungsverordnungen zu novellieren. Wir werden große Mindestabstände (150 m sind in der Diskussion für Mais) vorschreiben, damit es nicht zu einer Durchmischungs- oder Auskreuzungsproblematik beim Anbau kommen kann. Damit werden wir den Landwirten, die keine gentechnisch veränderten Sorten anbauen, Sicherheit geben. Dies ist besonders auch für den ökologischen Landbau, bei dem der Verzicht auf gentechnisch gezüchtete Sorten Teil seiner Vermarktungsstrategie ist, wichtig. Aber Wahlfreiheit heißt auf der anderen Seite auch, dass Landwirte gentechnisch gezüchtete Sorten anbauen können. Einzig das ist fair.

Die Prozesskennzeichnung ist schwierig zu kontrollieren, aber sie wird trotzdem von der CDU/CSU-Bundestagsfraktion im Interesse der Information für die bewusste Kaufentscheidung der Verbraucher angestrebt. Dies beträfe dann Fleisch und Milch von Tieren, die mit gentechnisch gezüchteten Futterpflanzen gemästet wurden, wie auch Speiseöle, Emulgatoren, Vitamine und Soja-Lecithin, das z. B. in der Schokoladenherstellung eingesetzt wird, sowie auch das Labferment der Käseherstellung.

Die Kennzeichnung muss im Binnenmarkt auf europäischer Ebene entschieden werden. Das heißt, ein dickes Brett zu bohren. Die Bundesregierung setzt sich in Brüssel beharrlich ein.

Insofern tun wir alles zur Verwirklichung von Transparenz und Wahlfreiheit. Der Staat hat für die Sicherheit und Unbedenklichkeit zu sorgen, Landwirte und Verbraucher sollen darüber hinaus aber die freie Entscheidung haben.

Angesichts vieler objektiver Vorteile der grünen Gentechnik halte ich sie für die Zukunft Brandenburgs für notwendig. Wir müssen uns im Interesse der Landwirtschaft und des Landes diese Zukunftsoption offen halten und ihre Potentiale ausloten. Angesichts der objektiven Folgen des Klimawandels hat die Landwirtschaft in weiten Teilen Brandenburgs schon heute mit Wassermangel zu kämpfen. Sie haben natürlich Recht mit der Feststellung, dass das Oderbruch ein guter Standort mit ausreichender Wasserführung für die landwirtschaftliche Produktion ist. Aber auf dem märkischen Sand, von dem wir auch genug haben, müssen immer stärker wassersparende Anbaumethoden eingesetzt werden. In eine solche Anpassungsstrategie gehören auch angepasste Sorten, die vielfach nur mit gentechnischen Methoden gezüchtet werden können. Hier geht es um ein Stück Zukunft für Brandenburg.

Auf andere wichtige Vorteile, wie die Züchtung von Pflanzen mit geringerem Allergiepotential oder von nachwachsenden Rohstoffen für eine umweltfreundliche Energieerzeugung, hatte ich schon in meinem Interview hingewiesen.

Wir haben in Brandenburg eine sehr gute Forschung auf dem Gebiet der Grünen Gentechnik. Weltbekannt ist z.B. das Max-Planck-Institut für Pflanzenphysiologie in Golm. Gerade solche Forschungsinstitute werden immer wichtiger für einen prosperierenden Wirtschaftsstandort. Schon heute kämpfen die Potsdamer Forscher mit Zerstörungen von Versuchsfeldern. Natürlich sind es Kriminelle, die so etwas tun. Aber indirekt werden sie ermutigt, wenn die Grüne Gentechnik diffamiert wird. Die Zukunft des Biotechnologiestandortes muss bei einer ehrlichen Diskussion um die Gentechnik in Brandenburg unbedingt mit bedacht werden.

Kurz zusammengefasst heißt also meine Haltung: Sachlicher Umgang mit der Gentechnik, Zukunftsoptionen offen halten und Chancen nutzen, Sicherheit und Wahlfreiheit gewährleisten.

Mit freundlichen Grüßen

Katherina Reiche