Frage an Katharina Schulze von Raban R. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrte Frau Schulze,
anlässliches eines Schulprojektes und dem Persönlichen Interesse für das Thema Obdachlosigkeit möchten wir ihnen und anderen Politikern 5 fragen stellen.
1.Wie groß ist in ihren Augen die Akzeptanz von Bürgern gegenüber von Personen in sozialen Schwierigkeiten wie beispielsweise Obdachlosigkeit?
2.Was ist aus Ihrer Sicht wichtig für die Obdachlosen in Deutschland damit sie es schaffen frei von Vorurteilen in die Gesellschaft (insofern sie es wollen) intigriert werden können?
3.Welche Faktoren sehen sie als hauptverantwortlich für die Obdachlosigkeit?
4.Was wird vom Bund von den Ländern und den Kommunen unternommen um die Obdachlosen zu Unterstützen und eventuell auch um Hilfsorganisationen zu Entlasten?
5.Denken sie Obdachlose werden wegen anderen Hilfsbedürftigen wie zum Beispiel Flüchtlingen vernachlässigt oder ist die Erfahrung von Organisationen wie dem Roten Kreuz oder auch von Kirchlichen Organisationen gut für beide Parteien?
Mit freundlichen grüßen
Raban Reimers
Sehr geehrter Herr Reimers,
Herzlichen Dank für Ihre Anfrage. Zunächst halte ich es für wichtig, zwischen Obdachlosigkeit und Wohnungslosigkeit zu differenzieren. Obdachlosigkeit ist zwar ein Bestandteil, macht insgesamt gesehen jedoch nur einen geringen Teil der Wohnungslosigkeit aus. Für die meisten Menschen ist dieser gleichwohl mit Abstand am besten sichtbar, da Obdachlose sich häufig im öffentlichen Raum aufhalten (und dort teilweise auch nächtigen).
Laut der offiziellen Definition der Bundesarbeitsgemeinschaft für Wohnungslosenhilfe in Deutschland sind Menschen wohnungslos, wenn sie über keinen mietvertraglich abgesicherten Wohnraum verfügen und auf ordnungs- oder sozialrechtlicher Grundlage in eine kommunale Wohnung oder in ein Heim der Wohnungslosenhilfe eingewiesen werden. Darüber hinaus besteht Wohnungslosigkeit auch, wenn die Betroffenen in einer Notunterkunft oder als Selbstzahler in einer Billigpension leben. Wohnungslos sind zudem jene Personen, die „Platte machen“ (BAG-W 2006). In der Tat ruft Wohnungslosigkeit gesellschaftliche Ausgrenzung und Stigmatisierung hervor.
Wohnungslosigkeit ist ein wichtiger Hinweis auf Armut. Sie hat sehr oft den Hintergrund einer massiven Krise in der Lebensgeschichte. Wohnungslosigkeit bezeichnet die Situation, in der sich Menschen befinden, die in Einrichtungen wohnen, in denen die Aufenthaltsdauer begrenzt ist und in denen keine Dauerwohnplätze zur Verfügung stehen. Dazu zählen Übergangswohnheime, Asyle und Herbergen, aber auch Übergangswohnungen und andere Lösungen. Wohnungslos sind auch Immigranten und Asylbewerber, die in Auffangstellen, Lagern, Heimen oder Herbergen wohnen, bis ihr Aufenthaltsstatuts geklärt ist. Bei den betroffenen Menschen handelt es sich um unterschiedliche Problemlagen, die sich gegenseitig beeinflussen und somit in vielfältiger Art und Weise miteinander verbunden sind:
- Armut an Ressourcen: Erwerbslosigkeit, kein ausreichendes eigenes Einkommen, keine ausreichende Schul- oder Berufsausbildung
- Soziale Ausgrenzung
- Individuelle Lebenskrisen durch unerkannte und unversorgte Leiden (z.B. körperliche oder seelische Erkrankungen, Süchte etc.)
- Ausgrenzung aus sicheren und verlässlichen persönlichen Beziehungen (z.B. Scheidung, Trennung, Verlust des Partners etc.)
- Wohnungslosigkeit, Bedrohung durch Wohnungslosigkeit und Leben in unzumutbaren Wohnverhältnissen durch steigende Mietpreise und Mangel an bezahlbarem Wohnraum
Im aktuellen bayerischen Sozialbericht gibt es erstmals ein Kapitel zur Wohnungslosigkeit, welches auf einer Piloterhebung basiert. Das ist grundsätzlich zu begrüßen, allerdings handelt es sich dabei um eine freiwillige Erhebung, die zudem nicht alle von Wohnungslosigkeit Betroffenen sowie deren persönliche Merkmale vollumfänglich erfasst. In einem aktuellen grünen Antrag (Drs. 17/8640), der schon vor dem Sozialbericht eingereicht wurde, fordern wir die Einführung einer integrierten Wohnungsnotfallberichterstattung nach dem Vorbild Nordrhein-Westfalens.
Ich mache mir ehrlich gesagt keine Sorgen, dass Obdachlose aufgrund der Hilfsbedürftigkeit der Geflüchteten nicht angemessen versorgt werden. In München gibt es beispielsweise schon seit Jahren eingespielte Strukturen wie die Kleiderkammer der diakonia, die Obdachlosenhilfe von St. Bonifaz oder der Münchner Kältebus. Es werden sicher nicht hilfsbedürftige Gruppen gegeneinander ausgespielt. Wenn es weiter Fragen gibt, können Sie sich gerne erneut an mich wenden.
Herzliche Grüße
Katharina Schulze