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Katharina Dröge
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Andreas K. •

Was halten Sie von den aktuellen Corona Maßnahmen und werden Sie sich bei einer möglichen Wahl für kostenlose Corona-Tests bzw. gegen eine Impfpflicht durch die Hintertür einsetzen?

Guten Tag, die akt. Maßnahmen gegen Corona gehen aus meiner Sicht in eine total falsche Richtung. Die Politik hat sich auf das Ziel 95% Impfquote versteift und dabei das Ziel aus den Augen verloren: Die Verbreitung des Virus bremsen + Bevölkerung schützen.
1) Es wird nur national, nicht global gedacht. Das Virus verbreitet und mutiert vor allem im Ausland. Daher wäre es in unserem Interesse die Impfung in armen Ländern voran zu treiben, statt hier 95% zu erstreben wo dort nur 1% geimpft ist.
2) Es ist falsch, die die die mRNA Impfung ablehnen durch Einschränkungen dazu zu nötigen es gegen ihren Willen zu tun. Es wäre sinnvoller weiterhin ALLE kostenlos zu testen, da auch Geimpfte erwiesener Maßen das Virus verbreiten! Das Ziel ist doch die Verbreitung zu reduzieren und das passiert nicht, wenn weniger getestet werden und Geimpfte sich in falscher Sicherheit wähnen.
3) Die autoritäre Art sorgt für Zulauf bei der AfD / führt zu Politikverdrossenheit!

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr K.,

vielen Dank für Ihre Fragen bezüglich meiner Position zu den aktuellen Corona Maßnahmen.

Insbesondere durch die Delta-Variante des SARS-CoV2-Virus kommt es bei uns in Deutschland aber auch international zu einem Anstieg der Infektionen. Davon sind überwiegend Menschen betroffen, die noch nicht geimpft wurden. Zugleich steigen die Aufnahmen im Krankenhaus nicht mehr in dem Maße, wie dies noch im Herbst des vergangenen Jahres der Fall war. Das bedeutet, wir sind dem Virus nicht mehr so schutzlos ausgeliefert, wie während der ersten, zweiten und dritten Infektionswelle. Kurzum: Die Situation ist heute eine andere als zu Beginn der Pandemie. Jedoch sind weiter angepasste Schutzmaßnahmen der Länder notwendig, um besonders vulnerable Menschen zu schützen. Hierzu gehören etwa Maskenpflicht in geschlossenen Räumen sowie bestimmte Abstandsregelungen. Gesundheitsminister Jens Spahn hat noch Anfang August behauptet, eine Verlängerung der pandemischen Sonderrechte sei nicht notwendig. Die Länder könnten ihre Schutzmaßnahmen auf anderem Wege fortsetzen. Doch die Bundesländer haben die Bundesregierung darauf aufmerksam gemacht, dass sie im Infektionsschutzgesetz weiter eine geeignete Grundlage für ihre Maßnahmen benötigen. Wir teilen diese Ansicht, halten aber die umfangreichen Möglichkeiten des Bundesgesundheitsministeriums, am Parlament vorbei, geltende Gesetze wie etwa das Apothekengesetz oder das Arzneimittelgesetz zu ändern, für nicht mehr notwendig und aus rechtsstaatlichen Gründen für hochgradig fragwürdig. Die Bundesregierung hat es jedoch versäumt, rechtzeitig Anpassungen des Infektionsschutzgesetzes vorzunehmen. Dies ist der eigentliche Grund, warum die Koalitionsfraktionen sich in die pauschale Verlängerung des pandemischen Sonderrechts retten. Wir schlagen stattdessen befristete Übergangsregelungen vor, damit die Länder weiter in geeigneter Weise Maßnahmen ergreifen können, um das Infektionsgeschehen zu bremsen sowie schwere Verläufe und Todesfälle zu vermeiden. Maßnahmen wie Maskenpflicht, AHA-Regeln und Tests, wo es die Corona-Situation erfordert, sollen weiterhin ermöglicht werden. Das gleiche gilt für Zugangsbeschränkungen auf Getestete, Geimpfte und vergleichbare Personen sowie die Möglichkeit der Kontaktdatenerhebung, soweit das erforderlich ist, um nach Auftreten einer Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 mögliche Infektionsketten nachverfolgen und unterbrechen zu können.

Wir Grüne stimmen Ihnen zu, dass Impfungen im Globalen Süden priorisiert werden sollten. Denn solange das Corona-Virus in vielen Teilen der Welt massenweise Menschen infizieren kann, wird es weiterhin Mutationen geben, die weltweit die Wirkung der Impfungen gefährden. Deshalb ist es vordringlich, die Impfungen international zügig anzukurbeln und Impfstoffe überall verfügbar zu machen. Überschüssige Impfstoffdosen müssen schnellstmöglich an die COVAX-Initiative gegeben werden, die dann die Verteilung übernimmt. Nur mit globaler Solidarität kann die Pandemie effektiv bekämpft werden.

Wir Grüne im Bundestag stimmen Ihnen ebenfalls zu, dass die kostenlosen Tests nicht abgeschafft werden sollten. Wir lehnen daher Pläne für kostenpflichtige Coronatests zu dieser Zeit ab. Die bisherigen Gratis-Schnelltests ab Herbst kostenpflichtig zu machen, ist nicht nur unfair, sondern vor allem schlecht, weil es uns in einen neuerlichen Blindflug in der Pandemie bringt. Flächendeckendes Testen ist ein wichtiges Instrument, um nachzuverfolgen, wo sich das Virus ausbreitet und ob es Infektionen auch bei geimpften Menschen gibt. Ebenso sollten die regelmäßigen Tests in Schulen, Kitas und an der Arbeitsstelle für alle beibehalten und finanziert werden. In Kitas und Schulen sollten vermehrt Lolli-Tests als Pool-Tests eingesetzt werden, deren Treffsicherheit höher ist.

Es ist ein großes Versäumnis der Bundesregierung, dass sie keine systematische Datenerfassung und keine breite Begleitforschung in Gang gesetzt hat. Nötig sind eine verpflichtende Meldung und systematische Datenerfassung zu PIMS und Long Covid bei Kindern und Jugendlichen, damit auf Basis von Fakten auch aus Deutschland abgewogen werden kann, welchem Risiko sie ausgesetzt sind. Ebenso dringend muss das Gesundheitsministerium klar regeln, dass bei jedem PCR-Test erfasst wird, ob und wie oft die Patient*innen bereits geimpft sind und mit welchem Impfstoff, oder ob sie genesen sind. Nur so lässt sich feststellen, wie zuverlässig die Impfstoffe schützen und ob ihre Wirksamkeit nach einer Weile abnimmt. Denn für schnelle und effektive Booster-Impfungen müssen wir dringend wissen, wer diese im Herbst als Erstes brauchen wird.

Mit freundlichen Grüßen

Katharina Dröge

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