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Katharina Dröge
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Maik W. •

Frage an Katharina Dröge von Maik W. bezüglich Gesundheit

Sehr geehrte Frau Dröge,

gestern (31.03.2021) haben Pro7 + Joko & Klass (+ Sponsoren) klar aufgezeigt wo es in der Pflege mangelt.
Ich hoffe Sie hatten die Gelegenheit diese Dokumentation bzw. öffentliche Demo zu schauen (wenn nicht, lege ich Ihnen diese Doku sehr ans Herzen). Diese Dokumentation hat auch mir nochmal gezeigt, dass wir als nicht Pflegekräfte dabei helfen müssen diesen Notstand zu beheben! Dieses Jahr sind Bundestagswahlen und ich kann mit meiner Stimme dabei helfen etwas zu bewirken. Daher meine Frage:

Welche Maßnahmen werden Ihre Partei und Sie persönlich unternehmen um den Pflege-Notstand kurzfristig und langfristig zu beheben. Und ich bitte Sie darum konkrete und konstruktive Maßnahmen zu benennen. Es ist Zeit zu handeln und nicht mehr die Situation mit Worten zu beschönigen.

Überzeugen Sie mich als Wähler und potentiell andere Wähler Sie und Ihre Partei dieses Jahr zu wählen!

Vielen Dank für Ihre Zeit!

#nichtSelbstverständlich

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr W.,
vielen Dank für Ihre Frage. Viele offene Probleme in der professionellen Pflege decken wir mit unserem Antrag "Professionelle Pflegekräfte wertschätzen und entlasten – Nicht nur in der Corona-Krise" (https://dipbt.bundestag.de/doc/btd/19/191/1919136.pdf) ab, den ich gerne im Folgenden erläutere.

Professionelle Pflege ist systemrelevant und das war sie schon immer. Ihr Aufgabenspektrum umfasst die Förderung und den Erhalt von Gesundheit, Assistenz medizinischer Behandlungen, berufsspezifische pflegerische und therapeutische Konzepte und insbesondere die Unterstützung umfassender Patientenorientierung im gesamten Gesundheitswesen. Damit leisten sie einen unschätzbaren Beitrag zu unserer Gesellschaft und setzen sich mit ihrer qualifizierten Arbeit für die Gesundheit und das Leben anderer Menschen ein – ob in Krankenhäusern, in stationären Pflegeeinrichtungen, bei ambulanten Pflegediensten, in Reha-Einrichtungen, in der Behindertenhilfe oder am Wohnort. Gerade in Deutschland spiegelt der Lohnzettel diese Systemrelevanz der professionellen Pflege aber nicht angemessen wider. Wichtig sind neben Schutz und Wertschätzung in der Corona-Krise vor allem auch grundsätzliche Verbesserungen bei der alltäglichen Arbeit, bei der beruflichen Ausrichtung und der berufsständischen Aufstellung der pflegerischen Berufsgruppe. Der Reformbedarf ist massiv und muss schnell und wirksam angegangen werden. Gute Pflege braucht eine angemessene Personalausstattung, gute tarifliche Löhne, attraktive Arbeitsbedingungen und eine starke Einbindung in die gesundheitspolitische Entscheidungsfindung.

Pflege ist nicht die rasche Durchführung bloßer Verrichtungen. Menschen mit Pflegebedarf befinden sich oft in Krisensituationen. Ein gesundheitlicher Notfall hat sie in ein Krankenhaus oder eine Pflegeeinrichtung geführt. Existenzielle Fragen gehen einem da durch den Kopf. Die professionelle Begleitung, das Nehmen von Sorgen und Ängsten, sind wesentliche Aspekte guter Pflege. Auch Beratung, Anleitung und Training kosten Zeit. Gute Pflege braucht diese Zeit in Form von besseren Personalschlüsseln. In vielen Bereichen könnten Arbeitszeiten bedarfsgerechter gestaltet werden, sodass sie zur Lebensrealität bspw. junger Familien passen und v.a. Frauen sich nicht zwischen Beruf oder Familie entscheiden müssen.
Um die Arbeitsbelastung jeder Pflegekraft zu senken, müssen angemessene Personalschlüssel umgesetzt werden. Professionelle Pflege muss fair bezahlt werden. V.a. in der Altenpflege sind die Unterschiede gravierend. Es muss eine Tarifbindung her. Außerdem brauchen wir eine Reform der Pflegeversicherung, damit bessere Pflegelöhne nicht zu höheren Eigenanteilen der Menschen mit Pflegebedarf führen. Pflegefachpersonen müssen ihren Beruf selbstbestimmt ausüben dürfen. Das beinhaltet bspw. die Ausübung von Heilkunde im Rahmen der jeweiligen Qualifikation. Durch größere Eigenverantwortung werden auch berufliche Karrierewege in der Pflegepraxis bspw. als Pflegefachexpert*in (APN) möglich. Pflege braucht eine starke, berufsständische Aufstellung mit einem festen Platz in allen entscheidenden Gremien des Gesundheitswesens. Diese Rolle kann eine Bundespflegekammer erfüllen.
Wir alle sollten hinhören, was uns die 1,7 Millionen Pflegekräfte in Deutschland zu sagen haben. Die größte Berufsgruppe unseres Gesundheitswesens wird auch in der Corona-Pandemie am stärksten beansprucht. Wir alle schulden den Pflegenden nicht nur unseren Dank, sondern auch endlich bessere Bedingungen. Sie leisten Großartiges.

Löhne in der (Alten-)Pflege: Eine tarifliche Bezahlung insbesondere in der Altenpflege ist längst überfällig und kann doch nur ein Anfang sein. Die Tarifparteien sollten die Verhandlungen für eine tarifliche Bezahlung in der Pflege baldmöglichst fortsetzen, damit eine Einigung zeitnah für allgemeinverbindlich erklärt werden könnte. Nur mit guten Löhnen wird die gesellschaftlich wichtige Pflegearbeit aufgewertet.
Mehr dazu auf unserer Fraktionsseite https://www.gruene-bundestag.de/themen/pflege/mehr-geld-fuer-pflegerinnen-und-pfleger

Personalbemessung: Wir fordern bereits seit einiger Zeit die verbindliche Einführung wissenschaftlich basierter Personalbemessungsinstrumente in der stationären Langzeitpflege und im Krankenhaus, die sich am tatsächlichen Pflegebedarf der Patientinnen und Patienten orientieren und so eine gute Pflegequalität sicherstellen.
Die Einführung der Personalbemessung fordern wir auch in unserem Antrag "Professionelle Pflegekräfte wertschätzen und entlasten – Nicht nur in der Corona-Krise" unter Punkt 8 https://dipbt.bundestag.de/doc/btd/19/191/1919136.pdf

Zur Ausbildung der Pflege: Die Große Koalition hat in der vergangenen Legislaturperiode in letzter Minute eine grundlegende Systemänderung der Pflegeausbildung verabschiedet. Dem gingen massive Kontroversen innerhalb der Koalition voraus. Der letztendlich verabschiedete Kompromiss führt die Pflegeausbildung in die sogenannte Generalistik, ermöglicht jedoch parallel die Ausbildung in der Alten- und Kinderkrankenpflege. Die generalistische Ausbildung sieht nur sehr kurze Vertiefungseinsätze in den einzelnen Fachgebieten vor. Das reicht aus unserer Sicht nicht aus, um anschließend qualifiziert z.B. in der Kinderkrankenpflege eingesetzt zu werden. Daher haben wir diesen Vorschlag abgelehnt.
Die Altenpflegeausbildung wird zudem zu einem Ausbildungsberuf zweiter Klasse degradiert, weil die Union zugunsten der (privaten) Arbeitgeberverbände eine Absenkung des Qualifikationsniveaus durchsetzte. In der Öffentlichen Anhörung des Gesundheitsausschusses wurde kritisiert, dass die Anforderungen auf die von HelferInnen und Assistenzberufen abgesenkt wurde. Wir befürchten, dass in der Folge die Attraktivität und die Ausbildungszahlen in der Altenpflege zurückgehen.
Mehr dazu auf unserer Fraktionsseite https://www.gruene-bundestag.de/themen/pflege/altenpflege-zukunftsfaehig-machen

Mit freundlichen Grüßen
Katharina Dröge

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