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Karl Theodor von und zu Guttenberg
CSU
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Frage von Matthias L. •

Frage an Karl Theodor von und zu Guttenberg von Matthias L. bezüglich Soziale Sicherung

Sehr geehrte Herr von und zu Guttenberg,

ich werde im Jahr 2030 60 Jahre alt sein. Das ist in nur 22 Jahren und ich werde meinem Leben dann keine einschneidend neue Richtung mehr geben können. Ich werde dann unter den Umständen leben müssen, die die Politik bis dahin geschaffen hat.

Ich habe jedoch ganz starke Zweifel, dass es die Politik bis dahin schaffen wird für die Bundesrepublik Deutschland und ihre Bürger ein tragfähiges durchdachtes Gesamtkonzept zu präsentieren. Überall wird nur geklebt, nirgends findet sich eine mutige Mehrheit für etwas, das lange halten kann. Auf die brennenden Fragen bei Gesundheit (da stecken noch Regelungen aus Bismarks Zeiten drin), Steuer, Gesellschaftswandel, Bildung, Energie hat niemand eine Gesamtidee wie es im Jahr 2030 sein soll. Wer nun meint 2030 sei zuweit weg, da kann noch viel passieren, vergisst, dass vieles bereits passiert ist (Geburtenrückgang; hoher Anteil Verdummter und Dummgekiffter bei den künftigen Steuerzahlern, wenn sie überhaupt jemals Steuern zahlen). Wir wissen oder ahnen in vielen Dingen bereits was geschehen wird! Meine Sorge geht an ganz schlechten, gruseligen Tagen sogar soweit, dass ich eine Art Diktator für nötig halte, der alles abfackelt, damit wir wieder was zum Aufbauen haben. Diejenigen, welche diese Zeit mitgemacht haben, mögen mir verzeihen.

Was ist Ihr Gesamtkonzept für 2030? Wo soll unsere Gesellschaft dann bei den entscheidenden Eckpfeilern ungefähr sein?

Als Anhalt: Vor 22 Jahren war der Reaktorunfall in Tschernobyl; ich kenne niemanden, der behaupten würde, das sei lange her!

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Antwort von
CSU

Sehr geehrter Herr Lindner,

ich danke für Ihre E-Mail vom 15. September dieses Jahres, die einen eher resignativen Ton beinhaltet, eine durchaus bedenkenswerte Bestandsaufnahme vornimmt, aber in der Schlußfolgerung - selbst an "gruseligen Tagen" - für mich gänzlich inakzeptabel ist.

Fraglos fehlt es in unserem Lande vielfach an einer tiefen konzeptionellen Durchdringung und einer entsprechenden Linienführung zwischen den unterschiedlichen Themenfeldern. Zur Folge hat dies, wie oft, die fast inflationär beschriebene politische "Flickschusterei". Manche seit Jahren drängende Frage (so etwa die demographische Entwicklung) wird demzufolge völlig unzureichend intellektuell wie mit Blick auf die gebotenen Handlungsoptionen behandelt. Gleichwohl erfordert dies Anstrengungen inhaltlicher Art und auch kaum mehr gekannten Mut, sich entsprechend zu positionieren. Ebenso die Bereitschaft, manch Gewohntes aufgrund allfälliger Sinnlosigkeit zu opfern. Den Ruf nach einem "Diktator, der alles abfackelt" weise ich hingegen mit aller Deutlichkeit zurück - als hätte diese Struktur und Handlungsweise in der Geschichte nicht bereits genügend Grauen angerichtet.

Ein "Gesamtkonzept für 2030" bedürfte als ersten Schritt zunächst einer schonungslosen Analyse gegebener Mißstände wie Potentiale und müßte interessensgesteuerte ad-hoc Reflexe langfristigen Erwägungen unterordnen, die auch die wachsenden Asymmetrien dieser und kommender Tage mitberücksichtigt.

Mit freundlichen Grüßen nach Thurnau
Ihr Dr. Karl-Theodor zu Guttenberg