Frage an Karl Theodor von und zu Guttenberg von Günter H. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Dr. Karl-Theodor Freiherr von und zu Guttenberg,
Sie haben Ihre Doktorarbeit über die EU-Verfassung geschrieben. Leider konnte ich sie im Internet nicht finden. Ich würde Sie gerne lesen. Kann ich mir doch nicht erklären, wie ein Experte - eine Doktorarbeit weist einen doch als Experten für das Thema aus - dem daraus hervorgehenden EU-Verfassungsvertrag zustimmen kann, der doch nach meiner Meinung eine Entrechtung der Bürger und der Parlamente bedeutet. Könnten Sie mir bitte mitteilen, wo ich im Internet Ihre Doktorarbeit einsehen kann. Es wäre sehr begrüßenswert, wenn Sie sie ins Internet stellen könnten, haben Sie sich doch mit einem uns alle angehenden Thema befasst:
Herzliche Grüße
Günter Herbst
Sehr geehrter Herr Herbst,
vielen Dank für Ihre Frage vom 11. Mai dieses Jahres.
Gestatten Sie mit bitte zunächst eine Korrektur Ihrer Ausführungen: Ich habe meine Doktor-Arbeit nicht über "die" EU-Verfassung geschrieben, sondern habe in meiner Dissertation einen Vergleich der Verfassungsentwicklung in den Vereinigten Staaten von Amerika und in Europa vorgenommen. Der Vertrag von Lissabon, auf den Sie sich in Ihrer Anfrage wohl beziehen, ist erst lange nach Abgabe meiner Doktor-Arbeit verabschiedet worden und wie Sie wissen, ist der Ratifizierungsprozeß diesbezüglich noch im Gange.
Sie haben sich ein bemerkenswert pauschales Urteil über die Parlaments- und Bürgerbeteiligung im europäischen Kontext gebildet, was selbstverständlich Ihr gutes Recht ist. Es würde den Rahmen dieses Forums sprengen, wenn ich Sie auf die zahllose Literatur zum Vertrag von Lissabon bzw. diesen in Teilen zugrundeliegenden Verfassungsvertrag im einzelnen verweisen würde. Nachdem Sie offensichtlich das Internet gerne und intensiv nutzen, lohnt ein Blick auf die homepages diverser Europa-Institute, großer Stiftungen, aber auch deutschsprachiger Tageszeitungen, die umfangreiche Dossiers mit teilweise sehr abgewogenen und erstklassig geschriebenen Beurteilungen der von Ihnen aufgeworfenen Fragen beinhalten.
Es ist selbstverständlich richtig, daß Teile des neu verabschiedeten Vertragswerkes auch kritisch gesehen werden müssen, jedoch wäre es auch illusionär, jedes individuell relevante Wunschkonzert letztlich auch durchzusetzen. Es entspricht leider einem mittlerweile fast traditionellen Ritus, europäische Entscheidungen auch von medialer und politischer Seite reflexhaft negativ zu beurteilen und vorhandene Verbesserungen des status quo schweigend zu übergehen. Diese Beobachtung trifft auch für die letzten Schritte auf europäischer Ebene zu.
Meine Dissertation können Sie im Zuge der Drucklegung bei Duncker & Humblot als Monographie sicher auf den üblichen Wegen einsehen.
Mit besten Grüßen nach Michelau
Ihr Karl-Theodor zu Guttenberg