Portrait von Karl Theodor von und zu Guttenberg
Karl Theodor von und zu Guttenberg
CSU
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Karl Theodor von und zu Guttenberg zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Frank T. •

Frage an Karl Theodor von und zu Guttenberg von Frank T. bezüglich Recht

Sehr geehrter Herr Gutenberg,

Sie haben in der Sitzung des Bundestages am Freitag vergangener Woche bei der Abstimmung zur Vorratsdatenspeicherung mit "Ja" gestimmt. Ich würde Sie gerne um eine ausführliche Stellungnahme bezüglich Ihrer Beweggründe zur Ihrem Abstimmungsverhalten bitten.

Mit freundlichen Grüßen

F. Taterka

Portrait von Karl Theodor von und zu Guttenberg
Antwort von
CSU

Sehr geehrter Herr Taterka,

vielen Dank für Ihre Bitte um Stellungnahme bezüglich meines Abstimmungsverhaltens zur Vorratsdatenspeicherung am 09.11. d. J., der ich gerne nachkommen möchte.

Der Bundestag hat in einer namentlichen Abstimmung das "Gesetz zur Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung und anderer verdeckter Ermittlungsmaßnahmen sowie zur Umsetzung der Richtlinie 2006/24/EG" beschlossen. 366 Abgeordneten stimmten dafür, 156 dagegen, davon elf Abgeordnete der Regierungskoalition.

Die Richtlinie sieht die Vereinheitlichung der verschiedenen nationalen Vorschriften zur Vorratsspeicherung von Verbindungsdaten vor. Sie verpflichtet Telekommunikationsunternehmen Daten aus Telefonaten und Kurzmitteilungen von Festnetz und Handy sowie Internetnutzungen sechs Monate zu speichern. Festgehalten werden lediglich die Rufnummern der Beteiligten, Datum und Uhrzeit sowie Beginn und Ende der Verbindung. Bei Handytelefonaten und SMS werden zusätzlich der Standort des Benutzers, bei Internetverbindungen zusätzlich die IP- Adresse und der Anschluss, über den die Internet-Verbindung hergestellt wird, bei E-Mail die Adressen der Beteiligten und die Ein- und Ausgangsdaten der Kommunikationspartner gespeichert.

Kritiker befürchten eine Tendenz zum Überwachungsstaat, welche m. E. nach unbegründet ist. Als Abgeordneter stehe ich in der Verantwortung, mich sowohl für eine wirkungsvolle Kriminalitätsbekämpfung als auch für die Interessen der Bürger einzusetzen. Bei dieser äußerst umstrittenen Thematik der Vorratsdatenspeicherung stehen sich mit dem Grundrechtsschutz der Bürger einerseits und der Pflicht des Staates zu einer effektiven Strafverfolgung im Interesse der Öffentlichkeit andererseits zwei Elemente der Verfassung gegenüber.

Die Vorratsdatenspeicherung soll die Arbeit der Ermittlungsbehörden erleichtern mit dem Ziel der besseren Verfolgung und Aufklärung von schweren Straftaten und der Terrorismusbekämpfung. Zu beachten ist, dass Anlass für den Erlass der EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung u. a. die Terroranschläge von Madrid im Jahr 2004 waren.

Die Regelung lässt Eingriffe in die Grundrechte der Bürger nicht ohne weiteres zu. Die Vorratsdatenspeicherung wurde auf ein solches Maß festgelegt, welches vor dem Hintergrund der Erforderlichkeit zur Bekämpfung von Verbrechen, verhältnismäßig und dem Bürger durchaus zumutbar ist. Ein Ausgleich der beiden wichtigen Grundelemente unserer Verfassung ist m. E. erreicht.

Die Verbindungsdaten werden bereits jetzt schon durch die Telekommunikationsunternehmen gespeichert, z. B. für Abrechnungszwecke. Darüber gab es bisher keine Beschwerden. Die Strafverfolgungsbehörden dürfen bereits jetzt unter bestimmten Vorraussetzungen nach den Vorschriften der Strafprozessordnung diese Verbindungsdaten abfragen. Dies hatte bisher jedoch wenig Erfolg, wenn das Unternehmen diese Daten nicht gespeichert hat, weil es bei Flatrateverträgen nicht erforderlich ist.

Die neue Regelung besteht lediglich darin, dass Telekommunikationsunternehmen künftig zu einer Speicherung der Daten gesetzlich verpflichtet werden. Vor dem Hintergrund der zunehmenden Flatratetarife, bei denen eine Verbindungsdatenspeicherung zu Abrechnungszwecken entbehrlich ist, ist diese Regelung erforderlich, um insbesondere der organisierten Kriminalität die Möglichkeit zu nehmen, über Flatratetarife Strafverfolgungsmaßnahmen zu erschweren oder gar zu vereiteln.
Deutschland wählte bei der Umsetzung der EU-Richtlinie die nach der Richtlinie kürzestmögliche Speicherfrist von sechs Monaten. Zudem werden die Gesprächinhalte der Kommunikation und Inhalte aufgerufener Internetseiten nicht gespeichert. Die bisherigen Schutzvorkehrungen bleiben uneingeschränkt erhalten.

Eine Auskunftspflicht der Telekommunikationsunternehmen ist dabei an rechtsstaatliche Voraussetzungen gebunden. Verbindungsdaten dürfen nur zu Strafverfolgungszwecken, zur Abwehr erheblicher Gefahren für die öffentliche Sicherheit sowie zur Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben von Nachrichtendiensten übermittelt werden, wenn es keine anderweitige Möglichkeit der Aufklärung des Verbrechens gibt. Die Datenabfrage muss in Gesetzen ausdrücklich gestattet sein. Es muss sich um einen durch Tatsachen begründeten Verdacht bzw. eine schwere Straftat mit einem Strafmaß von mind. fünf Jahren handeln. Eine Vermutung reicht nicht aus.

Die Strafverfolgungsbehörden dürfen die Auskunft nicht selbst einfordern, denn die Eingriffshürde wurde mit einem Richtervorbehalt erhöht, so dass die Polizei und die Staatsanwaltschaft im Strafverfahren für die Verbindungsdatenabfrage künftig einen richterlichen Beschluss benötigen. Nur bei Gefahr im Verzug kann auch die Staatsanwaltschaft die Daten beim Telekommunikationsunternehmen abfragen. Betroffene müssen nachträglich über das Abhören benachrichtigt werden.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Karl- Theodor zu Guttenberg