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Karl Theodor von und zu Guttenberg
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Frage von Ralf O. •

Frage an Karl Theodor von und zu Guttenberg von Ralf O. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Sehr geehrter Freiherr von und zu Guttenberg,

1) Angela Merkel hat sich gegen eine Erweiterung der G-8 in eine G-9 (z.B. mit China, wie von Schröder vorgeschlagen) oder G-10 (mit Indien) ausgesprochen.Bereuen die G-7 schon einen Präzedenzfall mit Russland geschaffen zu haben oder wo liegen die Gründe und Argumente gegen eine Ausweitung um Asiens beide wichtigste Staaten?Schließen sie selbst das kategorisch aus oder nur mittelfirstig, da sich die internationale Gemeinschaft auch den verschiedenden Kräfteverhältnissen anpassen muss?

2)Was halten sie von dem Vorschlag des US-Präsidentschaftskanidaten Guiliani die NATO nicht nur von der Reichweite, sondern auch von der Mitgliedschaft global zu gestalten.Inwieweit ist dies realistisch, wünschenswert oder gar schlecht für Europa?Sehen sie Grenzen von NATO- und EU-Mitgliedschaft, bzw. ab wann würden sie beiden saturiert sehen?

3) Ein schlimmes Versäumnis beim G-8-Gipfel wardie Negierung einer Kontrolle der Hedge Fonds und die Vernachlässigung einer Reform des weltweiten Finanzsytems.Die jetzige Finanzkrise ist wohl Ausdruck dessen.Für wie wichtig halten sie noch IWF und Weltbank, bzw. was wären ihre Vortstellungen einer eventuellen Reform (ähnlich wie bei der G-8 würde sich die Frage nach den erheblichen Devisenreserven Chinas, Indiens und Rußlands stellen).Dazu fällt auf, daß die Börsencrashs und Finanzkrisen 1987, 1997/98 und 2007 scheinbar einem 10-jährigen Zyklus zu folgen scheinen.Oder halten sie dies eher für Zufall?

4)Wie beurteilen sie die weitere Entwicklung der WTO?Steckt sie in einer Krise mit der Gefahr des Rückfalls in Handelsblöcke oder beurteilen sie das optimistischer?

MfG

Ralf Ostner

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Antwort von
CSU

Sehr geehrter Herr Ostner,

vielen Dank für Ihren umfangreichen Fragenkatalog, auf den ich hiermit gerne eingehen möchte:

Bezüglich Ihrer Frage einer eventuellen Erweiterung der G-8 möchte ich hervorheben, dass diese keine Vereinten Nationen im kleineren Maßstab sind. Eine repräsentative Abbildung der Weltbevölkerung ist nicht Sinn und Zweck der G-8, diesbezüglich würde auch keine Legitimation bestehen. Die G-8 sind ein Konsultativforum verschiedener Staaten, die nicht nur eine bedeutende Rolle für die Weltwirtschaft spielen, sondern sich zudem einem gewissen Werteverständnis verpflichtet fühlen. Dazu gehören die demokratische Regierungsform, Achtung der Menschenrechte und eine marktwirtschaftliche Ausrichtung der Mitgliedsstaaten. Leider müssen wir feststellen, dass besonders China diesen Ansprüchen noch nicht genügt. Das gilt bedauerlicherweise auch gelegentlich für G-8-Mitglieder, schwächt die grundsätzliche Richtigkeit der Prämisse allerdings nur bei einer zynischen Herangehensweise. Allerdings darf darauf verwiesen werden, dass unter der deutschen Präsidentschaft wie nie zuvor die Vertreter der Entwicklungs- und Schwellenländer in den Gipfel von Heiligendamm miteinbezogen wurden. Heiligendamm war daher gerade im Hinblick auf Afrika ein großer Schritt vorwärts. Die Tatsache, dass die G-8-Staats- und Regierungschefs sich auf amerikanische Initiative hin auf ein neues Hilfsprogramm in Milliardenhöhe zur Bekämpfung von Aids, Malaria und Tuberkulose in Afrika geeinigt haben, zeigt, dass das Leid Afrikas nicht vergessen wird.
Hinsichtlich ihrer Frage nach einer möglichen NATO-Erweiterung möchte ich anmerken, dass die NATO angesichts der komplexen Herausforderungen an unsere Sicherheitspolitik ihren Einzugsbereich tatsächlich ausweiten und gemeinsam mit ausgewählten Partnern global agieren will. Diese Position ist innerhalb des Bündnisses weitgehend unstrittig. Eine engere Anbindung von Australien, Neuseeland, Südkorea und Japan wird daher gleichermaßen von allen NATO-Partnern angestrebt. Momentan zeichnet sich jedoch nicht ab, ob diese enge Zusammenarbeit in ferner Zukunft in eine Erweiterung der NATO um neue pazifische oder gar lateinamerikanische und afrikanische Mitglieder münden soll.
Relevanter dürfte auch in den nächsten Jahren sein, die Beziehungen der Allianz mit ihren ost- und südosteuropäischen Nachbarn zu gestalten. Diesbezüglich möchte ich auf den status quo verweisen: Die Nato hat nach ihrer letzten Erweiterungsrunde im Jahre 2004 noch drei europäische Länder als offizielle Beitrittskandidaten. Es handelt sich hierbei um Albanien, Kroatien und Mazedonien. Auch den Ländern Serbien, Bosnien-Herzegowina und Montenegro soll – neben einer europäischern – auch die Tür für eine transatlantische Perspektive offengehalten werden. Mit dem amerikanischen Eintreten für die Ukraine und Georgien sind zudem weitere potentielle Mitglieder ins Spiel gebracht worden. In der näheren Zukunft wird es daher entscheidend sein, Leitfragen zu entwickeln, die geeignet sind, hinsichtlich der Erweiterungsfrage die Konsensfindung innerhalb der NATO zu befördern. Ziel muss stets die Bewahrung von Frieden, Freiheit und Stabilität in Europa und im Bündnisgebiet sein. Ein Zusammenwirken von EU und NATO ist hierfür unabdingbar.
Hinsichtlich einer Reform des internationalen Finanzsystems gilt es anzumerken, dass auch Finanzmärkte gewissen Zyklen unterliegen und Finanzkrisen die unterschiedlichsten Ursachen haben. So wird es auch in Zukunft unmöglich sein, die ganze Bandbreite an Risiken durch Reglementierungen aufzufangen. Diesen Anspruch zu wecken, ist wohl letztlich illusorisch. In der öffentlichen Diskussion geht allerdings häufig unter, dass von Währungs- und Finanzkrisen (hier gilt es zu unterscheiden) betroffene Volkswirtschaften letztlich vor allem an strukturellen Defiziten kranken. Paradigmatisch können eine übermäßige Verschuldung der öffentlichen Haushalte, eine unausgeglichene Leistungsbilanz, aber mangelnde Rechtssicherheit als solche Faktoren genannt werden. Eine verantwortungsvolle Fiskalpolitik und ein belastbarer freiheitlicher Ordnungsrahmen sind daher geeignete Instrumente, um entsprechenden Risiken zu begegnen und die Chancen der Globalisierung zu nutzen.
Die WTO kann, alles in allem, als Erfolgsgeschichte gesehen werden, die den globalen Freihandel befördern konnte und wichtige Impulse freigesetzt hat. Hierzu gehört auch die Bildung regionaler Wirtschaftsblöcke unterschiedlicher Integrationsstufen. Leider hat sich die große Dynamik der 90er Jahre in der Tat etwas erschöpft. Protektionistische Tendenzen sind weltweit wieder vermehrt festzustellen. Dies leider auch in Ländern, welche sich die Ideale des Freihandels auf die Fahnen geschrieben haben. Die laufende WTO-Handelsrunde ist daher in eine kritische Phase eingetreten. Auch im Vorfeld der amerikanischen Präsidentschaftswahlen wird es immer schwieriger werden, einen für alle Seiten geeigneten Kompromiss zu finden. Doch auch wenn der WTO in den nächsten Monaten nicht der große Wurf gelingen mag, so arbeitet die Organisation doch weiter daran, mit ausgewählten Staaten zumindest punktuell Fortschritte zu erzielen. Auch diese kleinen Schritte verdienen durchaus – kritische – Würdigung.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Karl-Theodor zu Guttenberg