Frage an Juri Stölzner von Manfred H. bezüglich Umwelt
Vor dem Hintergrund der Waldrodungen zugunsten von Windkraftanlagen im Reinhardswald, würde ich gern ihre Meinung zu diesem Thema erfahren.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. M. H.
Sehr geehrter Herr Hauptreif,
ich danke Ihnen für Ihre Nachricht. Prinzipiell bin ich für eine konsequente und sinnvolle Klimapolitik. Es gilt den Klimawandel zu verlangsamen. Ich sehe Windkraft im Wald allerdings kritisch. Daher müssen vor der Genehmigung solcher Anlagen intensive naturschutzfachliche Untersuchungen durchgeführt werden. Ich präferiere Windkraft allerdings klar gegenüber Atomstrom und Kohle. Bei der Genehmigung von Windkraft im Wald muss mit Fingerspitzengefühl vorgegangen werden und die regionale und überregionale Bedeutung eines Waldes im Einzelfall stärker berücksichtigt werden. Ein Vorteil bei der Genehmigung von Windenergieanlagen: Die Rückbaupflicht ist nach 20-25 Jahren mit festgesetzt, sollte kein Repowering erfolgen.
Konkret zu Ihrer Frage: Ich sehe die Rodung des Waldbestandes an den geplanten Anlagenstandorten im Bereich des Langenberges als relativ unproblematisch an. Meines Wissens nach, sind die Anlagenstandorte in Bereichen mit Fichtenmonokulturen oder auf Windwurfflächen geplant. Die Fichte ist kein heimischer Baum und eine Fichtenmonokultur ist gegenüber anderer Waldformen von geringer ökologischer Bedeutung. Zudem würde, soweit ich informiert bin, auch für die erforderliche Zuwegung die Fällung von nur wenigen Laubbäumen mit einem Bestandsalter von 60+ Jahren notwenig sein. Außerdem würde der „Eingriff“ durch Ausgleichsmaßnahmen und Wiederaufforstung kompensiert werden. Für einen Wald ist eine Zeitspanne von 25 Jahren kurz, nach dem Rückbau kann er sich „schnell“ erholen.
Ich sehe in anderen Bereichen aber durchaus Konflikte: Die Höhenzüge des Reinhardswaldes sind die windhöffigsten Stellen in unserer Region. Andererseits hat der Reinhardswald als größter, weitestgehend unzerschnittener Waldkomplex in Hessen eine besondere Bedeutung für die Natur und den Tourismus. Er bietet Wildtieren einen großen unzerschnittenen Lebensraum, dies gilt es zu erhalten. Der Tourismus ist für das gesamte Umland von wirtschaftlicher Bedeutung, viele Naturliebhaber, Wanderer und Fahradfahrer erkunden die naturbelassene Region. Aufgrund der diesjährigen Stürme, der Trockenheit und des Borkenkäfers haben sich große neue Freiflächen im Reinhardswald gebildet, die die Attraktivität für Greifvögel dort erhöhen. Ich würde mir daher vor der Genehmigung eine Datenauffrischung bzw. Neubewertung der Greifvögel wünschen.
Ich bin für Windkraft im Reinhardswald und finde, dass auch die Reinhardswälder einen Beitrag zur Engergiewende leisten sollten, wenn es aus naturschutzfachlicher Sicht genehmigungsfähig ist. Um die Koexistenz zwischen Energiewende einerseits und der besonderen Bedeutung des Reinhardswaldes für Natur und Tourismus andererseits zu gewährleisten, sollte bei der Planung der Anlagenstandorte eine Bündelung angestrebt werden. Die Streuung der Anlagen entlang des Höhenzuges sollte vermieden werden. So könnte der Flächenverbrauch eingeschränkt und eine Barrierewirkung für migrierende Vögel und Fledermäuse verhindert werden. Weiter bin ich der Meinung, dass die maximale Anlagenzahl durch den Bau möglichst effizienter Anlagen verringert werden sollte.
Mit freundlichen Grüßen
Juri Stölzner