Jürgen Stelter
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Carsten H. •

Frage an Jürgen Stelter von Carsten H. bezüglich Bildung und Erziehung

Hallo Jürgen!

Die Bologna-Reform mit der Einführung der neuen Abschlüsse Bachelor und Master sind von vielen Beteiligten kritisiert worden. Die neuen Studiengänge gelten vielen als zu unflexibel und verschult sowie als "unstudierbar" und werden in der Berufswelt kaum nachgefragt. War die Bachelor-Reform aus deiner Sicht ein Fehler und sollte sie zurückgenommen werden? Was können Hochschulen und Landtag tun, um die Probleme zu beheben.

Liebe Grüße!

Carsten Hoffmann

Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Hallo Carsten!

Die Umsetzung der Bologna-Reform ist alles andere als zufriedenstellend verlaufen. Aber es ist vor allem die Umsetzung, die gescheitert ist, nicht zwingend die Idee selbst. Eine verbesserte Mobilität und vergleichbare Abschlüsse sind weiterhin erstrebenswerte Ziele. Durch ein Zurückdrehen der Zeit und eine Wiedereinführung liebgewonnener Abschlüsse (Diplom, ...) ist dieses Ziel ebenso wenig zu erreichen wie durch ein Festhalten am derzeitigen Umsetzungsstand.

Vielmehr ist eine Reform der Reform notwendig. Die Hauptaufgabe hierbei liegt bei den Hochschulen selbst: Verringerung der Prüfungslast und Entschlackung der Studienordnungen sind nur zwei Stichpunkte.

Auf politischer Ebene müssen restriktive Regelungen zurückgenommen oder verhindert werden, die eine flexible Studienorganisation verhindern. In Brandenburg ist da zuerst die Regelung zur Zwangsexmatrikulation bei Überschreiten einer bestimmten Studiendauer zu nennen. Aber auch die KMK-Vorgabe, dass die Regelstudienzeit eines konsekutiven Bachelor-Master-Studiums 10 Semester nicht überschreiten darf, ist bürokratischer Mumpitz und widerspricht allen Vorstellungen über Mobilität und autonom entscheidende Hochschulen.

Das Problem der (Nicht-)Anerkennung des Bachelor-Abschlusses ist aus meiner Sicht einigermaßen "einfach" zu lösen: Die Politik muss sicherstellen, dass für Masterstudiengänge ausreichend Kapazitäten bereitgestellt werden und es (außer temporären Kapazitätsbeschränkungen) keine Zugangshürden für AbsolventInnen entsprechender Bachelor-Studiengänge gibt. Somit kann sich eine fächergenaue Anerkennungskultur in bestimmten Branchen entwickeln (wahrscheinlich in Chemie anders als in der BWL), ohne dass Bachelor-AbsolventInnen auf dem Abstellgleis stehen.
Die Politik muss außerdem Besoldungsregelungen im öffentlichen Dienst dahingehend ändern, dass AbsolventInnen von Bachelor-Studiengängen auch die Wertschätzung erfahren, die vom Gesetzgeber immer versprochen wurde.

Viele Grüße
Jürgen