Frage an Julia Schramm von Detlef K. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrte Frau Schramm,
ich empfinde es schon des längeren als besonders problematisch und gefährlich, dass offensichtlich unzufriedene Menschen unser Gesellschaft, die durch eine Nichtbeteiligung an Wahlen Ihre allmähliche Loslösung von demokratischen Spielregeln zeigen, allenfalls im Nebensatz eines Kommentators bei einer Wahlanalyse gehört werden.
Daher auch an Sie die Frage, die ich bereits Anfang 2009 an einzelne Bundestagsabgeordnete gestellt hatte: Wie bewerten Sie die Idee diese sogen. Nichtwählerschaft mit einer Art anteiligen Gewichtung zu einer abgegebenen Stimme in den Wahlausgang einzubinden - z.B. dadurch, dass im Umfange der Nichtteilnahme an Wahlen Plätze in Parlamenten nicht besetzt werden – bis etwa einem Mindestniveau zu der die Arbeitsfähigkeit noch sichergestellt ist ?
Dann würden auch diese unsäglichen Kommentare von Politikern gleichwelcher Couleur aufhören, dass Sie doch von der "Mehrheit der Stimmen" gewählt worden sein.
Und der Anteil der Nichtwählerschaft wäre auch optisch über die volle Legislaturperiode für jeden sichtbar (z.B. bei Fernsehübertragungen) und Kosten würden ebenfalls eingespart.
Mit freundlichen Grüßen
Detlef Kleinelsen
Sehr geehrter Herr Kleinelsen,
ihre Frage erscheint mir äußerst interessant und ich muss ihnen gestehen, dass ihr Konzept für mich gedanklich ein Novum darstellt, so dass ich hoffe, dass ich es auf Anhieb verstanden habe.
Grundsätzlich stimme ich ihnen zu: Die Demokratie lebt von ihren engagierten und interessierten Bürgern und Wählern. Leider ist die Zahl dieser Bürger und Wähler zu gering, so dass Politiker auch nicht dem Druck der Bürger ausgesetzt sind, wie dies wünschenswert und notwendig wäre.
Allerdings muss ich gestehen, dass ich ihr Konzept nicht erfolgsversprechend finde. Mehrheiten könnten so unter Umständen niemals erzielt werden, da eine Nicht-Fraktion, die ja in der Konsequenz so entstehen würde, je nach Größe jede Entscheidung durch Nicht-Aktivität blocken würde. Dies kann nicht im Sinne eines (wenn auch defizitär) funktionierenden Gemeinwesens sein! Vielmehr denke ich, dass wir den politisch bereits aktiven und engagierten Teil der Bevölkerung verstärkt in die Entscheidungsprozesse mit einbeziehen müssen. Derzeit dominiert eine politische und wirtschaftliche Elite diese Entscheidungsprozesse und grenzt sich von bereits engagierten, interessierten und wissenden Bürger ab, ja sperrt diese aus. Erreichen kann man die vor allem durch das Erleichtern von Bürgerbegehren bzw. das Ermöglichen von Volksentscheiden. Auch müssen Petitionen eine höhere Bindekraft haben.
Ich wünsche ihnen alles Gute,
mit freundlichen Grüßen,
Julia Schramm