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Frage von Michael Wantoch von R. •

Frage an Julia Schramm von Michael Wantoch von R. bezüglich Staat und Verwaltung

Sehr geehrte Frau Schramm,

zugegeben ich wohne nicht in Nordrhein - Westfalen, dennoch möchte ich diese Frage ganz gezielt einem aktuellen Kandidaten für eine Landtagswahl stellen, der zudem noch einer sehr jungen Partei angehört.

Ich bin ausdrücklich gegen den föderalistischen Staat, so wie er existiert.

Meiner Meinung nach dient diese ganze Kleinstaaterei nur den pöstchensichernden Politikern und dem Bürokratismus.
Mit den EU - Behörden institutioniert sich mittlerweile ein vierstufiger, lähmender Staatsaufbau.

- die Polizei- und Schulpolitik gehört in die Bundespolitik. Grundsätzlich gibt es in der Landespolitik meist nur zweit- oder drittklassige Politiker, die es nicht auf die bundespolitische Bühne gebracht haben. Solch wichtige Aufgaben wie der Polizei- oder Schulaufbau gehören in die Hände des Bundes, in die Hände unserer (mehr oder weniger) besten Politiker.

- gewaltige Einsparungen durch den Wegfall der Landeinstitutionen und deren ganzen Posten mit Gehältern und Pensionsansprüchen

- viele Bundesländer versuchen sich in Fragen, die eigentlich dem Gemeinwohl unseres Staates dienen, elegant und schmerzfrei aus der Affäre zu ziehen. Siehe den Ankauf einer Steuer - CD durch die baden-würtembergische Landesregierung. Sie ist nicht der Meinung diese CD kaufen zu dürfen. Bayern und Nordrhein - Westfalen lehnen den Kauf mit der Begründung ab schon genug für den gesamtdeutschen Staatssäckel getan zu haben.

- Hessen lehnt die Einstellung von weiteren, dringend benötigten Steuerfahndern ab, da deren Erfolge nur zu einem geringen Teil dem hessischen Landeshaushalt zufließen. Es ist ein Problem dass jedes Land eine Finanzverwaltung hat, die zum größten Teil Bundesmittel verwaltet.

- Durch die Wahl in NRW werden wichtige bundespolitische Entscheidungen aufgeschoben. Es herrscht Dauerwahlkampf.

Mich interessiert Ihre Meinung und (falls nicht deckungslgleich) die der Piratenpartei.
Ich lasse mich auch gerne eines Besseren belehren.

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Wantoch von Rekowski,

danke für ihre Frage. Ich finde es sehr löblich, dass sie dieses Portal nutzen um sich zu informieren, auch wenn eine Wahl in ihrem Land erst Anfang 2011 stattfinden wird.

Der deutsche Föderalismus ist ein historisches gewachsenes Faktum. Eine zentrale Verwaltung hat es eigentlich nie gegeben. Erst die Nationalsozialisten zentralisierten die Staatsgewalt. Mit der Niederlage des Deutschen Reiches und der totalen Besetzung, wurde Deutschland in Besatzungszonen eingeteilt. Während sich in der russischen Besatzungszone bereits früh eine zentralistische Verwaltungsstruktur andeutete (1952 wurden alle Länder in der DDR aufgelöst), entschieden sich die West-Alliierten für eine föderalistische Lösung, nicht zuletzt um die Machtkonzentration der Nazi-Zeit zu beenden.

Das Thema der föderalen Bildungspolitik ist in diesem Zusammenhang vielleicht besser zu verstehen. Ein wesentlich verbindendes Element der West-Alliierten war die "Entnazifizierung" - die demokratische Umerziehung des deutschen Volkes. Somit war Bildung auch das Kernelement der Besatzungsherrschaft. Jede Besatzungsmacht hatte andere Vorstellungen, so dass eine zentralistische Lösung nicht umsetzbar war. Mittlerweile ist dies überholt. Deswegen setzen sich die Piraten auch für eine gemeinsame deutsche Bildungspolitik ein!

Bei der Zentralisierung von Polizeikompetenz haben wir keine offizielle Parteimeinung, weswegen ich an dieser Stelle lediglich meine eigene Meinung kundtue. Ich persönlich halte eine dezentrale Polizeistruktur für mühselig, demokratietheoretisch aber sinnvoll. Eine zentral gesteuerte Polizeistruktur ermöglicht einen hohen Grad an staatlichem Missbrauch.

Prinzipiell haben sie mit ihrer Kritik an der föderalen Struktur Recht, doch möchte ich an dieser Stelle Max Weber zu bedenken geben, der in der Bürokratie auch ein festigendes Element der Demokratie feststellte. Darüber hinaus bin ich persönlich für eine Länderneugliederung - 7 statt 16 Bundesländer. So würde die organisch föderalistische Struktur Deutschlands gewahrt werden, aber eine Reduzierung der Bürokratie ermöglicht. Der von ihnen angemahnte Dauerwahlkampf würde ebenfalls reduziert. Prinzipiell halte ich dezentrale Strukturen für sinnvoll, da Verantwortung so auf mehr Schultern gelegt wird. Zentralismus bedeutet auch immer eine Gefahr des Missbrauchs!

Zum Thema Steuer-CD: Die Piratenpartei hat sich deutlich gegen einen Ankauf ausgesprochen - egal von welchem Bundesland!

Da ich kein Steuerexperte bin, möchte ich mich dazu nicht umfassend äußern. Allerdings sehe ich die Dringlichkeit einer Steuerreform, mit der eine Vereinfachung einhergehen muss. Sinnvolle Konzepte gilt es auch in der Piratenpartei zu erarbeiten. Endgültige Beschlüsse liegen hierbei aber noch nicht vor.

Ich hoffe, dass ich ihre Frage angemessen beantworten konnte!

Mit besten Grüßen,
Julia Schramm