Frage an Julia Schramm von Fabio R. bezüglich Gesundheit
Liebe Julia Schramm,
ich finde es gut, dass Sie sich hier den Fragen Ihrer potentiellen Wählerinnen und Wähler und anderer interessierter Bürger stellen. Nun habe ich mit Interesse den Punkt Drogenpolitik in Ihrem Wahlprogramm gelesen, den ich hier gefunden habe: http://wiki.piratenpartei.de/NRW:Landesparteitag_2010.2/Drogenpolitik (Falls Sie übrigens einen Link zur endgültigen Version haben, würde ich mich freuen.) Darin steht, dass die Piraten die Freigabe von Cannabis zu medizinischen Zwecken fordern. Nun ist es ja so, dass andere Parteien wie die Linkspartei und die Grünen, in geringerem Rahmen auch die Jungen Liberalen, die Freigabe von geringen Mengen von Cannabis zum Eigenkonsum fordern, um die Entkriminalisierung von leichten Drogen voranzutreiben. Nun meine Frage:
Machen die nordrhein-westfälischen Piraten da nicht bei einer an sich sinnvollen Sache auf halbem Wege Stopp? Für eine libertäre Partei sollte es doch eigentlich selbstverständlich sein, dass man sich für die Legalisierung leichter Drogen einsetzt, die ja auch häufig genug Ursache für Hausdurchsuchungen sind. Wie kommt es, dass andere Parteien sich in dieser Frage liberaler äußern als die Piraten? Über eine kurze Erläuterung würde ich mich sehr freuen.
Mit freundlichen Grüßen,
Fabio Reinhardt
Lieber Fabio Reinhardt,
danke für ihre Frage. Ich persönlich halte die Legalisierung von "weichen" Drogen für richtig und notwendig. Neben den finanziellen Aspekten (Entlastung der Justiz/Polizei, Steuereinnahmen für den Staat) denke ich, dass eine Reihe weiterer Vorteile mit einer Entkriminalisierung von Mengen, die dem Eigenkonsum entsprechen, zu beachten ist:
Ist die Möglichkeit gegeben Cannabis abseits des Schwarzmarktes zu erwerben wird die Gefahr als Cannabiskonsument mit "harten" Drogen konfrontiert zu werden drastisch reduziert. Einer Entkriminalisierung des Erwerbs (der Konsum ist ja sowieso nicht strafbar!) würde so eine Entkriminalisierung des Umfeldes folgen. Cannabis wäre somit lediglich eine "Einstiegsdroge", wie es Alkohol auch ist. Darüber hinaus könnte endlich eine Enttabuisierung stattfinden, da eine Tabuisierung unterm Strich nur zu einer Verharmlosung führt. Indem Cannabis-Konsum mit dem Konsum von "harten" Drogen gleichgesetzt wird, aber in der Realität eben nicht dieser Einordnung entspricht und zahlreicher und offener konsumiert wird, bekommen junge Menschen ein falsches Bild vermittelt. Sie konsumieren sorgloser Cannabis und merken zu spät welche, vor allem psychischen, Folgewirkungen der Konsum haben kann bzw. hat. Angesichts der Zahl von Cannabiskonsumenten (1/4 der deutschen Bevölkerung hat Erfahrung mit Cannabis, 31% der 12-25 jährigen haben Cannabis bereits konsumiert, davon circa 13% regelmäßig), kann man schwer von einer Minderheit sprechen. Eine ausgewogene, differenzierte Debatte über die Gefahren und den Konsum, aber auch den Reiz von Cannabis ist dringend notwendig!
Die Piratenpartei NRW hat sich auf ihrer Mitgliederversammlung zum Parteiprogramm gegen eine umfassende Legalisierung ausgesprochen. Das muss ich akzeptieren, auch wenn meine eigene Meinung, wie oben angeführt, über eine rein medizinisch orientierte Legalisierung hinausgeht. Ich bedauere die Entscheidung der Landesmitgliederversammlung und werde mich für eine Entkriminalisierung von Eigenkonsum weiterhin einsetzen. Da die Piratenpartei sich aber als evolutionäre Partei versteht, haben sich die Mitglieder zunächst für eine "gesellschaftsverträgliche", pragmatische Legalisierung entschieden, wahrscheinlich auch um dem Etikett "Spaßpartei" nicht zum Opfer zu fallen.
Beste Grüße,
Julia Schramm
Leider ist mir in meiner Antwort an Fabio Reinhardt ein Fehler unterlaufen: Der Antrag für eine umfassende Liberalisierung wurde zum letzten Parteitag nicht fertig, so dass auch nicht über einen Antrag abgestimmt werden konnte. Unsere Arbeitsgemeinschaften und Arbeitskreise zum Thema Drogenpolitik arbeiten aber an entsprechenden Entwürfen. Grundsätzlich besteht aber auch bei den NRW-Piraten ein Konsens über eine Liberalisierung, allerdings muss dies "gesellschaftsverträglich" und pragmatisch gestaltet werden. Lieber erstmal keinen Entwurf statt Murks! Das Parteiprogramm ist im Moment noch in der Überarbeitungsphase und wird in den nächsten Tagen wohl online zur Verfügung gestellt. Tut mir leid, aber zum Glück ist das hier ja alles transparent!
Beste Grüße,
Julia Schramm