Frage an Julia Klöckner von Roland M. bezüglich Recht
Sehr geehrte Frau Klöckner,
mit einer Mischung aus Ärger und Wut habe ich zur Kenntnis genommen, dass das Auswärtige Amt eine schon erfolgte Umstellung auf freie Software wieder rückgängig machen will [0]. Die Re-Migration kostet den Steuerzahler rund 50 Millionen Euro. Laut einem eigentlich nicht für Augen der Öffentlichkeit bestimmten Gutachten von McKinsey –wohl einem zweiten, nachdem das ersten zum selben Ergebnis gekommen war– wird festgestellt, dass es keine technischen Gründe dafür gibt. Im Gegenteil: „Während ursprünglich die mit dem Einsatz von Open Source verbundenen geringeren Kosten [die natürlich weiterhin niedrig bleiben, R.M.] das primäre Argument waren, ist inzwischen die damit einhergehende erhöhte Sicherheit ausschlaggebend.“ ([1]: 187) Ein Problem sei allerdings die Nutzerakzeptanz gewesen.
Mich würde nun interessieren, wie sie insbesondere auch im Allgemeinen zu diesem Thema stehen. Durch den breiten Einsatz von freier Software könnten jedes Jahr mehrere Millionen Euro (Steuergelder) gespart werden und das erwiesenermaßen ohne „technische Nachteile“, es könnte die heimische Wirtschaft gefördert werden und es könnte nicht zuletzt ein Zeichen gesetzt, dass einer an Mitsprache und Beteiligung interessierten Bürgerschaft den Rücken stärkt, weil „öffentlich“ entwickelte Programme und Protokolle unterstützt werden.
Daher meine knappe Frage an Sie: Sollte (in der öffentlichen Verwaltung) mehr auf freie Software gesetzt werden?
Über eine Antwort würde sicher nicht nur ich mich sehr freuen!
Mit freundlichen Grüßen,
Roland Mayer
[0] http://mail.fsfeurope.org/pipermail/press-release-de/2011q1/000182.html
[1] http://www.netzpolitik.org/wp-upload/AAmt-1-Organisationsuntersuchung.pdf
Sehr geehrter Herr Mayer,
vielen Dank für Ihre Hinweise zum Thema "freie Software".
Ich setze den Schwerpunkt meiner Antwort etwas anders als Sie: Es ist nicht vorrangig, mit welchem Computerprogramm eine öffentliche Stelle arbeitet, sondern dass einheitliche, offene Standards für Dokumente eingehalten werden. Wenn die Art und Weise, in der die Verwaltung Dokumente speichert, dokumentiert ist, kann jeder Bürger und jede Behörde selbst entscheiden, wie mit den Dokumenten umgegangen werden soll. Dafür habe ich mich auch schon als Bundestagsabgeordnete eingesetzt.
Was die Kosten freier Software im Vergleich zu kommerziellen Lösungen angeht, liegen viele verschiedene Studien vor. Oft kommen sie im Detail zu unterschiedlichen Ergebnissen und Empfehlungen. Eines ist jedoch allen Ausarbeitungen gemein: Der finanzielle Abstand zwischen den Alternativen ist nur gering. Wenn also die Einhaltung der Standards gesichert ist, sollte man im Einzelfall entscheiden, welche Software zur Erfüllung einer Aufgabe am besten eingesetzt wird.
Herzliche Grüße
Julia Klöckner