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Julia Klöckner
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Frage von Christian L. •

Frage an Julia Klöckner von Christian L. bezüglich Gesundheit

Liebe Frau Klöckner,

eines gleich vorab: Wie der AOK-Bundesverband, der Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenkassen, die Verbraucherzentralen, der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte, die Bundesärztekammer, die deutsche Herzstiftung und DiabetesDE, kurz wie alle, denen die Gesundheit am Herzen liegt, bin auch ich für die Ampelkennzeichnung von Lebensmitteln.

Sie Frau Klöckner lehnen die Ampelkennzeichnung ab. Vor der Bundestagswahl sagten sie:
„Ich halte die Ampelkennzeichnung nicht für sinnvoll. Sie bevormundet die Verbraucher. In Großbritannien gibt es diese Kennzeichnung (...) und bisher gibt es keine Studie, die belegt, dass sich dir Menschen durch die Ampel gesünder ernähren.“ www.konsumo.de

Dass sie gegen die Ampelkennzeichnung sind, habe ich verstanden. Ihre Motive kann ich allerdings nicht nachvollziehen. Daher frage ich sie Frau Klöckner:
• Ärzte, Krankenkassen, Verbraucherschützer und Verbraucher wollen die Ampelkennzeichnung, warum stellen ausgerechnet sie sich als Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesministerium für Verbraucherschutz quer?
• Glauben sie ernsthaft, dass eine klare Kennzeichnung Verbraucher bevormundet? Und was meinen sie, warum wünschen sich dennoch so viele Menschen die Ampelkennzeichnung?
• Selbst wenn es in England keine Studien zur Wirkung der Ampel gibt, glauben sie, dass sich jemand schlechter ernährt als bisher, wenn er auf Produkten mit einem Blick den Fett-, Salz-, Zucker-, und Kaloriengehalt erkennen kann?
• Studien hin oder her, die Erfahrungen mit der Ampelkennzeichnung in England sind positiv. Was spricht dagegen, dass die Ampelkennzeichnung auch in Deutschland ein Erfolg wird?
• Was denken sie, handeln sie im Interesse der Menschen in Deutschland, wenn sie sich gegen eine Ampelkennzeichnung von Lebensmitteln einsetzten?

Liebe Frau Klöckner, lassen sie sich doch noch von den vielen guten Argumenten für die Ampelkennzeichnung überzeugen? Ich bin gespannt.

Herzliche Grüße aus Mainz

Christian Lukas

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Antwort von
CDU

Lieber Herr Lukas,

es ist ein besonderes Anliegen des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV), dass Verbraucherinnen und Verbraucher durch entsprechende Angaben auf Lebensmittelverpackungen und -etiketten auf verständliche und klare Weise über die Nährwerte von Lebensmitteln informiert werden, damit ihnen die Lebensmittelauswahl im Sinne einer gesunden und ausgewogenen Ernährung erleichtert wird. Wir haben uns daher intensiv mit den Möglichkeiten auseinandergesetzt, wie die erforderlichen Informationen besser verfügbar gemacht werden können.

Nach geltendem EU-Recht ist eine Nährwertkennzeichnung von verpackten Lebensmitteln derzeit grundsätzlich freiwillig und nur in bestimmten Fällen verpflichtend vorzunehmen. Um diese Situation zu verbessern, wurde im BMELV in Ergänzung zu den bereits in der Europäischen Union bestehenden rechtlichen Anforderungen hinsichtlich der Nährwertkennzeichnung das "1 plus 4"-Modell zur Angabe freiwilliger erweiterter Nährwertinformatio-nen auf verpackten Lebensmitteln entwickelt.

Die Elemente des "1 plus 4-Modells" sind der Energiegehalt (Brennwert) sowie die Gehalte an Zucker, Fett, gesättigten Fettsäuren und Salz. Diese Angaben sollen in der Regel bezogen auf die Portion in einheitlichen und wiedererkennbaren Symbolen auf Lebensmittelverpackungen bzw. -etiketten erfolgen. Dabei soll mindestens der Brennwert auf der Schauseite des Etiketts angebracht werden. Zusätzlich zu den Mengenangaben sollen auch die Prozentanteile in Bezug auf den jeweiligen Richtwert für die Tageszufuhr angegeben werden. Da alle Angaben auf eine Portion bezogen angegeben werden, wird so leichter ersichtlich, welcher Anteil des Richtwertes jeweils mit dem Verzehr einer Portion des Lebensmittels abgedeckt wird. Wird das "1 plus 4"-Modell in der Etikettierung von Lebensmitteln verwendet, ist zudem die Nährwertkennzeichnung - also die so genannte Nährwerttabelle - anzugeben. Es stehen demnach sowohl die Angaben bezogen auf eine Portion als auch auf 100 g bzw. 100 ml zur Verfügung.

Ich finde es erfreulich, dass das "1 plus 4"-Modell bereits in großem Umfang angewendet wird und immer mehr verpackte Lebensmittel mit den Angaben nach diesem Modell versehen werden. Das "1 plus 4"-Modell wird zudem durch Verbraucherinnen und Verbraucher positiv beurteilt. Dies ergab eine im März 2008 im Auftrag des BMELV durchgeführte repräsentative Meinungsumfrage. Über 80 Prozent der Befragten beurteilten die Darstellung nach diesem Modell als informativ, verständlich und übersichtlich.

Im Zuge der Erarbeitung des "1 plus 4"-Modells haben wir uns auch intensiv mit der von Ihnen favorisierten Ampelkennzeichnung nach britischem Vorbild mit den Farben grün, gelb und rot, die für einen niedrigen, mittleren und hohen Gehalt eines Nährstoffs (Fett, gesättigte Fettsäuren, Zucker, Salz) stehen, beschäftigt. In diesen Diskussionsprozess wurde auch die Wissenschaft einbezogen.

Von verschiedenen Wissenschaftlern wurden dabei Bedenken gegen ein solches Darstellungsmodell geäußert und auf die fehlende wissenschaftliche Grundlage verwiesen. Die bestehenden Zweifel, ob eine solche vereinfachte Klassifizierung von Lebensmitteln tatsächlich Vorteile für Verbraucherinnen und Verbraucher bringt, wurden damit bestätigt.

Auch wird nach meiner Einschätzung die Ampelkennzeichnung dem an sie gestellten Anspruch - einfach und auf einen Blick zu informieren - nicht gerecht. Da jeder der hier relevanten Nährstoffe mit einer eigenen Farbkennzeichnung versehen wird, ist eine einfache Übersicht allenfalls nur dann gegeben, wenn alle vier Nährstoffe die gleiche Farbkodierung erhalten. Davon ist aber in den seltensten Fällen auszugehen. Bei Vorhandensein aller drei Farben wird eine einfache Einordnung jedoch schwierig. Letztendlich ist doch eine Auseinandersetzung mit den tatsächlichen Gehalten erforderlich. Darüber hinaus ist für die nach meiner Kenntnis von Verbraucherinnen und Verbrauchern als besonders wichtig angesehene Angabe des Brennwertes nach dem britischen Ampelsystem keine Farbkodierung vorgesehen.

Zudem sind beim Ampelmodell die Bezugsgrößen für die Farbgebung in der Regel 100 g bzw. 100 ml des Lebensmittels. Bei Lebensmitteln, die üblicherweise in deutlich geringeren Mengen verzehrt werden, dürfte eine rote Farbgebung somit ebenfalls eher schwierig zu interpretieren sein. Entscheidend für eine gesunde und ausgewogene Ernährung ist nicht das einzelne Lebensmittel, sondern die Gesamternährung.

Dennoch steht es Unternehmen natürlich frei, ein solches Darstellungssystem zu verwenden, wenn dieses im Einklang mit den allgemeinen lebensmittelrechtlichen Vorschriften ist.

Lieber Herr Lukas, ich hoffe, Ihnen mit meinen Ausführungen weitergeholfen zu haben und verbleibe mit herzlichen Grüßen nach Mainz,

Ihre
Julia Klöckner

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