Frage an Julia Klöckner von Moritz S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrte Frau Klöckner,
der oben genannte Entwurf des Jugendmedienschutzstaatsvertrag (JMStV-E) löst nach der Debatte zum so genannten„Zugangserschwerungsgesetz“, bei dem Bundestag und Bundesrat höchst unglücklich agierten und ohne Not gegen alle Warnungen das Vertrauen zehntausender technik- und netzaffiner Menschen verspielten, erneut und berechtigt Empörung aus.
Nicht nur die Wirtschaft, sondern vor allem die wieder einmal überhörte „Netzszene“ haben den Entwurf überzeugend kritisiert. Allein die Idee, das globale Internet mit deutschen „Sendezeiten“ und „Altersbegrenzungen“ regulieren zu wollen, ist einfach nur kabarettistisch und abwegig.
Generell gilt: Wenn ein Jugendlicher bestimmte Dinge sehen will, kriegt er sie auch zu sehen. Die zufällige Begegnung mit bedenklichen Inhalten hingegen können wir sehr gut mit grundlegender Erziehungsarbeit und familiär-sozial-technischer Kontrolle in den Griff bekommen. Dafür muss man nicht das freie Internet ausknipsen.
Es gibt gute Methoden, mit denen verantwortungsbewusste Eltern ihre Kinder vor den kranken Dingen schützen können, die es im echten Leben und im Internet gibt. Im Internet klappt das sogar noch viel besser als im echten Leben. Jeder, der einen DSL-Anschluss beantragen und nutzen kann, ist auch in der Lage, sich über Kinderschutzsoftware zu informieren, oder einfach das Router-Passwort geheim zu halten.
Die zuständigen Landespolitiker nehmen das überflüssige Machwerk vor der vorgesehenen Ministerpräsidentenkonferenz ohne Zuleitung an die Landtage schnell, vollständig, ersatzlos und kompromisslos vom Tisch, bevor weiterer Schaden entsteht. Nutzen Sie die Chance und stärken Sie statt dessen beispielsweise das Projekt „Netz für Kinder“! Es gibt keinen Anlass für diese weitere und zudem absurde Verschärfung beim Jugendmedienschutz.
Wie ist hierzu Ihre Position, die Ihrer Partei und die der Landesregierungen, an denen Ihre Partei beteiligt ist??
Mit freundlichen Grüßen
Moritz Schlarb
Lieber Herr Schlarb,
vielen Dank für Ihre Nachricht.
Der Jugendmedienschutz-Staatsvertrag wurde als Vertrag zwischen allen deutschen Bundesländern beschlossen. Sein Zweck ist es, einen einheitlichen Schutzstandard von Bund und Ländern für den Jugendmedienschutz zu schaffen. Der Geltungsbereich des Vertrags erfasst nach heutigem Stand die Rundfunk- und Telemedien und einen Teil der Informations- und Kommunikationsdienste. Die Neuregelung soll und muss den realen, heutigen Lebensbedingungen Rechnung tragen.
Lieber Herr Schlarb, ich stimme Ihnen zu, dass Pläne zum Jugendschutz grundsätzlich sorgsam auf ihren konkreten Nutzen und die Konsequenzen hin untersucht werden müssen. Die Freiheit der Unterrichtung aus allgemein zugänglichen Quellen ist eine grundlegende Errungenschaft der modernen Demokratie. Wir müssen äußerst vorsichtig mit Beschränkungen und Sperrungen von frei zugänglichen Informationen verfahren und dürfen bei unseren Überlegungen nicht vergessen: Der wirksamste Jugendschutz beginnt nicht erst an einer möglichen staatlichen Schranke, sondern lange vorher, nämlich in der Familie. Der erste und wichtigste Schritt beim Schutz der Kinder vor jugendgefährdenden Medien ist und bleibt weiterhin die Erziehungsarbeit der Eltern bzw. der Erziehungsberechtigten. Hinschauen und Interesse zeigen, muss immer die Devise sein. Dennoch spreche ich mich natürlich dafür aus, Eltern dabei zu unterstützen, um ihre Kinder wirksam zu schützen.
Projekte wie etwa das von Ihnen erwähnte "Ein Netz für Kinder" sind daher eine gute Hilfe für Eltern, um sich zu informieren und die Gefahren, die das Internet für Kinder birgt, erkennen und umgehen zu können. Dieses Projekt halte ich persönlich für sehr sinnvoll, denn es unterstützt Eltern aktiv in ihrem Erziehungsauftrag und leistet Hilfestellung dort, wo sich Eltern möglicherweise gar nicht auskennen. Deshalb wird diese Maßnahme auch vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend unterstützt.
Herzliche Grüße,
Ihre
Julia Klöckner